Tua

rap.de: Du träumst den Traum ja auch, oder?

Tua: Ja, aber ich mach ja auch viel, oder?

rap.de: Auf jeden Fall, nicht nur kiffen.

Tua: Nö. Aber auch. Kiffts du eigentllich?

rap.de: Nee, nur ganz, ganz selten. Mich hat’s einmal so verspult. Ich hatte mal einen fiesen Kreislaufkollaps auf Gras und seitdem habe ich es dann gelassen. Ich lag da auf dem Rücken und dachte nur: "Was passiert, wenn jetzt die Zunge in den Hals klappt? Dann ersticke ich, ich muss mich umdrehen". Kennst du das, wenn man auf einen ganz schlechten Film kommt?

Tua: Darum genau geht es auch in dem letzten Song auf dem Album. Der heißt "Endpunkt“. Als ich letztens vor drei Tagen, straight up mit 23 und lauter Siebzehnjährigen meinen Erste-Hilfe-Kurs gemacht habe, habe ich gelernt, dass das was du hattest und ich auch, lebensgefährliche Kreislaufschwäche oder so heißt. Mit Herzrasen und so. Darüber habe ich auch geschrieben, wie ich mich gefühlt habe, als ich das hatte. Es ist heute noch so, dass ich mir manchmal in Situationen, in denen mir unwohl wird, an mein Herz fasse. Nennt man das eine Psychose? Keine Ahnung, so was bleibt irgendwie übrig. Ein Trauma oder so. Ich dachte dann: "Booor, jetzt bleibt mein Herz stehen“ und hab übelst Filme geschoben wie du mit der Zunge. Und ich hab das bis heute, dass ich an mein Herz fasse, obwohl ich weiß, dass da gar nichts ist.

rap.de: Also du hattest richtig Herzrasen?

Tua: Überkrass, noch stundenlang. Dann bin ich irgendwann eingeschlafen oder dachte zumindest eingeschlafen zu sein und hab dabei so ne Art Schock bekommen, bin dann ruckartig aufgestanden, was dann dazu geführt hat, dass es mich natürlich brettert. Nach drei Tagen Rotzen und nicht geschlafen war ist ja der Kreislauf auch ein bisschen hin.

rap.de: Wie viel Geld hast du in diesen drei Tagen durch deine Nase gezogen?

Tua: Gute Frage, Alter… Weiß ich nicht.

rap.de: Schätz mal! 500 Euro?

Tua: Machst du das jetzt um mich auf Koks-Straßenpreise zu testen oder was?

rap.de: (lacht) Na ja, ich will es halt nur wissen.

Tua: Ich weiß es nicht.

rap.de: Darüber macht man sich ja eigentlich nicht Gedanken, aber ich find es halt sehr interessant, wie viel Geld es am Ende auch ist.

Tua: Ach Gott, das wird jetzt wieder so ein Gangster-Interview, aber das Ding ist ja, dass wenn man viel hat, läuft man in Gefahr, sehr viel davon wegzunehmen und genauso war das halt. Dann hast du mehrere Probleme am Hals und das kann auf jeden Fall krass unangenehm werden. Man macht sich aber überhaupt keine Gedanken, weil man ja, wenn man auf Koks ist, ständig Lösungen findet, für alles. Ich bin mal aus Hamburg gekommen und Kumpels waren während ich weg war bei mir, hatten den Schlüssel. Wir haben drei Tage nur gerotzt. Totalschaden, Party und so. Bei mir um die Ecke war eine Tankstelle, eine Straße weiter, Luftlinie vielleicht 25 Meter oder so und einer von denen meinte: "Hey, hast du paar Euro? Ich schick jetzt ein Taxi, dass die uns zwei Pils von der Tanke holen und uns das vorbei bringen und ich bezahl das denen.“ Ich so: "Kollege, das musst du nicht machen, ich hol das kurz.“ – "Ey, du kannst jetzt nicht rausgehen, da ist Sonne und so“ – "Alter, das ist über die Straße“ – "Nein! Ich hol jetzt ein Taxi!“ und er holte schon sein Handy raus, ich musste es ihm richtig wegnehmen. Ich nur so: "Hör mal auf, ey.“ Also, man schiebt auf jeden Fall die krassesten Filme. Na ja und manchmal ist man auch einfach nur gut drauf. Ist aber immer verschieden.

rap.de: Warum kann dann nicht einfach irgendwann aufhören und sagen "So, jetzt ist gut"? Ist das auch ein bisschen so ein Selbstzerstörungstrieb, dass man es dann auch so lange macht, bis man zusammenklappt?

Tua: Ja, genau so war es dann ja auch.

rap.de: Einfach nur um bis an die Grenze zu gehen.

Tua: Also egal ob du kiffst oder ziehst oder rotzt, wie wir im Süden sagen, bei der Droge allgemein ist es ja so, dass du grundsätzlich mehr willst. Und je mehr du nimmst, umso mehr lässt ja auch dieses "Bumm-Gefühl“ nach und man sagt sich dann halt: "Boar, ich muss noch mal, ich muss noch mal.“ Das Herz wird auch immer schneller, es geht gar nicht mehr, man hat einen Laberflash bis zum Gehtnichtmehr, man erzählt fremden Leuten alles und noch mehr. Man schließt Freundschaften auf den Tod und ähm… schämt sich hinterher furchtbar. (lacht) Wenn man es noch weiß. (Pause) Ist das überhaupt noch jugendfrei? Das ist ja furchtbar!

rap.de: Was ich immer herausfinden möchte, bei diesen Drogengeschichten ist ja immer: Jeder macht’s, alle sagen es ist scheiße, aber frage mich natürlich: Warum ist es scheiße? Warum findet man es scheiße und tut es trotzdem?

Tua: Weil es ein Jahrtausende altes Bedürfnis der Menschheit ist, sich wegzuballern.

rap.de: Okay, dann ist es aber nicht scheiße, es zu tun?

Tua: Doch, weil es ja trotzdem ungesund ist.

rap.de: Gut, dann hat man Herzrasen. Und wenn man es nur ab und zu mal macht?

Tua: Es ist trotzdem ungesund. Das weißt du doch selbst.

rap.de: Ja gut, rauchen ist auch ungesund. Alkohol auch.

Tua: Ich rauch und trink auch nicht mehr. (Gelächter) Nee, aber man tut es halt immer wieder, weil man den Drang hat die Realität zu idealisieren. Ich weiß nicht, wie ekelhaft philosophisch man das jetzt ausdrücken muss. Man hat einfach keinen Bock nachzudenken. Oder man hat Bock, mehr nachzudenken, es gibt ja unterschiedliche Wirkungen. Auf den Einen wirkt Kiffen halt unglaublich kopföffnend. Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich voll aufgeregt bei Vasee rein gerannt komme nach dem Motto: "Ey pass mal auf, ich hab hier ein Beat und wir müssen jetzt dies und das und…“ Und er so: "Zieh erstmal, locker bleiben!“ Dann zieh ich zwei mal und dann bin ich korrekt auf seinem Film und sag: "Alles klar, ganz locker.“ Also das hat alles ganz unterschiedliche Wirkung und man hat eben den Drang immer gerade die gewünschte körperliche Befindlichkeit hervorzurufen.