Tua

Tua gehört mit Sicherheit zu den interessanteren Erscheinungen in der Deutschen Rap Landschaft. Auf der einen Seite technisch ziemlich weit vorne mit Doubletimeraps und auf der anderen Seite intensiv und drückend, mit ausgefeilten Geschichten, die wie zerrissene Kurzfilme durchs Gehirn flackern. Nach seinem Debut "Nacht", das damals noch auf ROYALBUNKER erschien wurde es allerdings ein bisschen still um den Reutlinger und erst durch sein Signing bei Deluxe Records nahm seine künstlerische Laufbahn wieder an Fahrt auf. Mitte Februar erscheint nun "Grau", das zweite richtige Studioalbum und wir trafen uns mit Tua in Kreuzberg, um ein bisschen über Musik, Kunst und Drogen zu plaudern.

rap.de: Du hast gesagt, daß die Veröffentlichung deines nächsten Albums wäre eine sehr mutige Entscheidung vom Label. Inwiefern – abgesehen davon, dass es immer mutig ist, Platten raus zu bringen?

Tua: Nun ja, es ist schon Rap, aber stellenweise doch sehr weit draußen, sehr künstlerisch. Auch sehr untypisch, würde ich sagen.

rap.de: Wo ist der Unterschied zwischen Rap und "künstlerisch“? Ist das etwas, was sich ausschließt?

Tua: Größtenteils mittlerweile ja leider schon. Das finde ich furchtbar schade und deshalb versuche ich, das auch zu ändern. Es ist insofern künstlerisch, dass ich sehr viel Platz für Musik lasse und mich teilweise im Rappen zurücknehme. Es geht nicht darum, dass ich jetzt den krassesten Flow zeige, sondern um die Atmosphäre und Gefühl. Bitte notiere, dass ich bei diesen Worten einen tiefen Blick in deine Augen geworfen habe.

rap.de: Ich würde jetzt instinktiv sagen, dass es immer ums Gefühl geht, auch bei Rap.

Tua: Ich finde einfach, dass der musikalische Anteil sehr groß ist. Es gibt viel Platz für tatsächliche Musik. Ein Piano-Stück, ein reines Instrumentalstück, ein Gesangsstück, auf dem ich quasi nur singe und das "Dein Lächeln" heißt…

rap.de: Wo du den Text von Marianne Rosenberg umgedichtet hast.

Tua: Genau. Ich habe das Lied gehört, das hat super gepasst und ich fand den Song geil. Man soll ja auch nicht immer gleich haten, nur weil es Schlager ist. Wenn man manchmal gezwungen ist, Schlagerradio zu hören, merkt man wirklich, dass es da auch geile Songs gibt. 

rap.de: Hast du dieses Lied auch im Schlagerradio gehört?

Tua: Nee, Kumpels von mir hatten das auf einer CD dabei. Wir saßen im Auto und waren gerade auf dem Weg zum Studio, als sie dann quatschtechnisch meinten: "Hey, lass uns mal hier Schlager anhören.“ Da war dann der Song dabei und ich meinte nur so: "Alter, das ist überkrass!“. Also habe ich sie dann erst mal direkt aus dem Studio gejagt und diesen Song gemacht. Akkorde kopiert und so.

rap.de: Was sagen deine Kumpels zu so einer Art von Musik, wenn die das hören?

Tua: Ich habe ja unterschiedliche Kumpels. Es gibt da eine Fraktion, die auf so was lustig bis gar nicht reagiert, aber das ist cool.

rap.de: Was ist schlimmer: lustig oder gar nicht?

Tua: Ach, das ist mir eigentlich egal. Das sind ja meine Freunde. Ich finde sowieso, dass Kunst so etwas Persönliches ist, dass sie zuerst einmal einem selbst gefallen muss. Das tut sie ja und deshalb brauche ich mich dann auch nicht mehr so sehr um die Meinung von Anderen zu scheren.

rap.de: Womit erklärst du dir, dass du anders bist als andere Jugendliche?

Tua: Bin ich das? Du kennst mich doch jetzt schon lange, ich war ja auch dumm früher.

rap.de: Ja, aber du hattest trotzdem immer den Anspruch, außergewöhnliche Musik zu machen. Du warst nie dieser "Ich will jetzt ein New Era Cap aufsetzen und Dipset biten“-Rapper.

Tua: Nö, das war mir einfach zu dumm. Ich höre sehr viel Musik und es ging mir darum, dass es irgendwie interessant sein muss. Es kann lustig, traurig oder politisch sein – egal wie, es muss mich einfach interessieren.

rap.de: Was interessiert dich denn?

Tua: Wie kann man das erklären? Mich interessiert gut gemachte Kunst. Und das ist nichts immer Wiederkehrendes, Rezipierendes. Originalität, Innovation… Vielleicht kann ich auch noch mehr Fremdwörter sagen. Ehrliche Emotion finde ich auf jeden Fall auch sehr wichtig.