Nachdem mit „Blokkhaus“ vor knapp zwei Jahren bewiesen wurde, dass Blokkmonstas durchaus herausfordernd provokative Art Musik zu machen offensichtlich auch außerhalb der Hirntot-Blase funktionieren kann, konnte dieses Jahr mit dem Labelsampler „HT100“ noch mal nachgelegt werden. Für viele wäre es jetzt also naheliegend gewesen, diesen Weg konsequent weiter gehen zu wollen. Und sind wir mal ehrlich, für einen Künstler, der oftmals mit seinen Werken bei der BPjM auf größere Aufmerksamkeit gestoßen ist, als es Nachfrage auf den Amazon-Vorbestellerlisten gab, wäre dieser Schritt durchaus nachvollziehbar gewesen. Doch den Versuch, jetzt vielleicht auch zwanghaft den Weg der Etablierung zu gehen, wollte sich Blokk offensichtlich ersparen. Vielmehr kündigte er eine Art Liebhaber-Projekt an, bei dem eine Trilogie von kurz hintereinander erscheinenden Soloalben von ihm, Rako und Schwartz letztlich in einem gemeinsamen münden soll. Den Auftakt hierzu liefert der Indipendent-Labelboss nun mit „Blokkmonsta“ selbst. Und das Prädikat „Hirntot-Liebhabermusik“ schallert einem bereits bei den ersten Anspielstationen direkt ins Gesicht.
„Es macht „Klick-Klack-Boom“, nichts mit Waffenembargo“
heißt es da in „Inferno„, welches dem Album gemeinsam mit dem Opener „Gib mir die Uzi“ deutlich die Richtung vorgibt. Fiktive Gewaltfantasien, lyrisch gelebter Waffenfetischismus, hervorragend ins Thema passende Beats und eine handverlesene Auswahl an Feature-Gästen. Kurzum: Höchstwahrscheinlich der Stoff, aus dem die Träume aller Hirntot-Soldaten besteht. Aber gemessen am Solo-Vorgängerwerk doch so etwas wie ein Art Gegenentwurf. „Blokkmonsta“ ist weitaus düsterer und inhaltlich mit deutlich mehr lyrischem Grenzgang versehen. Da gibt es dann schon mal einen „Anschlag mit Brandsatz auf Monika im Landtag“ oder willkürliche Massenschlägereien mit den Cops nach einem erfolgreichen Freispruch bei einer Gerichtsverhandlung.
„Alle um mich rum sind längst tot,
aus Grün wurde Blau und durch mich zu Blutrot“
Man könnte dem Album also durchaus eine – vorsichtig formuliert – gewisse inhaltliche Eindimensionalität unterstellen. Wenn aber dadurch eine Stimmung entsteht, die dem geneigten Hörer zu jeder Zeit genau das gibt, was er sich erhofft, dann kann man auch mit gutem Recht behaupten, man habe alles richtig gemacht. Um ein schlüssiges Gesamtbild muss man sich jedenfalls sicherlich keine Sorgen machen. Dieses wird auf den 13 Anspielstationen zudem eindrucksvoll mitgetragen von den Produktionen, die ZH Beats, Avtomatic sowie Isy Beatz & C55 beigesteuert haben. Beide zuletzt genannten waren federführend am Werk und sind bis auf zwei Tracks für jedes Instrumental auf „Blokkmonsta“ verantwortlich. Dieses einheitliche Klangbild steht der gesamten Ästhetik des Projektes gut zu Gesicht. „Eiszeit“ ist ein perfektes Beispiel hierfür. Inhaltlich lose an das Schaffen des „Ice Man“ Richard Kuklinksi angelehnt, schafft es Blokk hier durch seine ohnehin markante Stimme, geschickt gewählte Taktwechsel und einem dezenten Einsatz von Autotune, eine Atmosphäre erzeugen, die zwar so kalt ist wie eine Nacht in der Gerichtsmedizin, aber einfach so kompakt und on point, dass man es auch unter Anbetracht von objektiven Aspekten schwerlich haten kann. Definitiv mein Highlight auf „Blokkmonsta„.
„Alle nennen mich den Eismann, im Leichenwagen, 3er BMW,
Dresscode bleibt All Black Everything, doch der Wagen ist so weiß wie Schnee“
Ebenfalls zu den stärksten Tracks zählt für mich „Keiner hat…“ mit Silla. Mit bewusst gewähltem Bezug auf Flers „Unterwegs“ schafft das Hirntot-Oberhaupt hier gemeinsam mit dem ehemaligen Maskulin-Member ein Pendant, zugleich aber auch eine Hommage an den Hit, den viele schon zu einer Art Hymne für die Hauptstadt und den dort zelebrierten Lifestyle (der Armen und Gefährlichen) erkoren haben. Wenn dem so ist, dann geht „Keiner hat…“ durchaus als ein berechtigter Vorschlag für eine zweite Strophe durch.
„Laufe durch Tempelhof Nachts in Berlin, ich habe Bock meine Waffe zu ziehn,
Kohle muss kommen American Dream, ich liebe das Feuer und kippe Benzin(…)“
Im Gesamten ist „Blokkmonsta“ ein Album, welches zwar aufgrund seiner an manchen Stellen sehr exzessiv zur Schau gestellten lyrischen Gewaltverherrlichung normale Deutschrap-Hörer überreizen wird, aber auch für diese durchaus das eine oder andere Brett bereithält. Für die Fans der ersten Stunde jedoch, trifft es sicherlich in Mark und Bein. Dieses Album ist kein Würfelspiel, bei dem man am Ende nicht weiß, was dabei rauskommt. Es ist eher eine Art Puzzle, welches zusammengesetzt ein Teil von etwas Größerem sein wird. Wie das Gesamtkunstwerk aussehen wird, bleibt abzuwarten. Der Grundpfeiler ist jedoch durch und durch stringent und bezüglich der Produktionen genau auf dem Niveau, auf dem Deutschrap im Jahre 2016 mittlerweile angekommen ist. Vielleicht noch nicht Präsidentensuite, aber auf jeden Fall Beletage – und ohne Frage eines der bisher stärksten Werke von nun über 100 Releases aus dem Hause Hirntot.