Seit der Veröffentlichung des starken „CopKKKilla“ roch es nach neuem Haftbefehl-Material, spätestens mit „Deppressionen im Ghetto“ war dann fast klar: Da kommt was. Nun ist das Mixtape „Unzensiert“ da – und damit die Frage: Knüpft es an das grandiose letzte Album „Russisch Roulette“ an?
Zunächst einmal: Soundtechnisch ist das hier feinste Ware. Haftbefehl schafft es gekonnt, die größtenteils von Bazzazian produzierten, ausnahmslos starken Beats mit Atmosphäre zu füllen, obwohl die auch für sich genommen schon wunderbar funktionieren. Ein alles in allem ein recht homogener Sound, der aber immer noch genügend Abwechslung bittet – locker kann sich das mit dem ebenfalls stark produziertem „Russisch Roulette“ messen. Hier wurden keine Reste verwertet, das ist A-Qualität.
Auch thematisch ist das meiste stringent. Auf dem ersten Track etwa „Bruder namens Fuffi“ zeichnet Baba H den Weg eines Geldscheins durch die Hände Frankfurter Banker, Nutten und Dealer nach, eine dunkle Einführung in eine kaputte Welt. Gab’s natürlich schon, die Idee, kommt aber eben immer auf die Umsetzung an, und die ist hier sehr stimmig.
Besagte Stimmung wird mit „Skit 2.1“ und dessen düster dröhnendem Beat nochmal verstärkt. Das ganze Tape über dominieren wieder Geschichten aus der Unterschicht und -welt, direkt von der Straße. Nur wenig Licht schimmert durch die metaphorischen Wolken, und stets schwanken Haft und seine Featurepartner dabei zwischen der Verurteilung dieses Lebensstils und einem trotzigen Stolz. Am Ende bleibt es das eigene Umfeld, für das Haftbefehl weiter die Fahne hochhält, für „069„:
„Das ist für die Azzlackz, für die Straßenninjas/ für die mit-den-Skimasken-auf-dem-Motorrad-Ninjas/ Warum kommt das Album denn schon wieder im Winter?/ Das ist Räuber-Musik und ab jetzt früher dunkel, was für ’ne Frage, behindert?“
Es sind also die gewohnten Qualitäten, durch die der Offenbacher auf „Unzensiert“ überzeugt. Zwei Songs allerdings fallen im Vergleich zum Rest ab: Zum einen „Chabos“ . Ganze zwölf Features, das klingt ja zunächst nach einer Neuauflage des „Chabos wissen wer der Babo ist Remix“ . Das Ganze entpuppt sich allerdings als Werbung für Haftbefehls Modemarke – hmja. Selbst wenn das ein bisschen ironisch gebrochen wird bleibt ein fader Nachgeschmack.
And let’s talk about „Hang the Bankers“ . Was am Anfang noch wie durchaus berechtigte Kritik an der Macht der Banken klingt, driftet zunehmend ins Abstruse ab. Rothschilds, Hohlwelt-Theorie, Illuminaten und Chemtrails? Habe ich vielleicht die Ironie dieser Lines übersehen? Ich hoffe doch sehr. Wenn Olexesh dann noch rappt: „Geh auf YouTube und verfolge den Scheiß/ Ich will dir was zeigen was du noch nicht weißt“ , kann ich mir kaum vorstellen, dass das wirklich ernst gemeint ist.
Das war es dann aber auch schon mit Wermutstropfen. Sound- und raptechnisch gibt es nichts zu meckern. Bazzazian hat sich nicht erst mit diesem Tape zu einem der absoluten Top-Produzenten in Deutschland entwickelt. Alles in allem ist es für mich daher ein starkes Tape – und eine gute Überbrückung bis zum nächsten Album.