Review: Black Milk – Fever

Die Zeiten, in denen Black Milk bei Slum Village für J Dilla einsprang, sind längst vorbei. 16 Karrierejahre hat der Rapper und Producer mittlerweile auf dem Buckel. Projekte mit Sean Price, Guilty Simpson, Danny Brown, Bishop Lamont und Nat Turner inklusive. Vier Jahre nach dem letzten Soloalbum „If There’s a Hell Below“ ist er mit seiner sechsten Platte „Fever“ zurück.

Auf übersichtlichen 40 Minuten möchte Black Milk nicht nur kritische Gedanken ausformulieren, sondern diese auch mit außergewöhnlichen Beats unterlegen. Wobei es vielmehr andersherum ist: Die Beats werden mit den Raps unterlegt.

Die erste Singleauskopplung „Laugh Now Cry Later“ kommt ohne einen klassischen Drum-Loop aus. Statt einer Kick-Snare-Kombination bestimmen hektische Percussions das Soundbild. Diese ungewöhnlichen Ansätze ziehen sich durch das komplette Album. Black Milk hat einzelne Elemente auf „Fever“ mit einer fünfköpfigen Studioband aufgenommen, dennoch klingt die Platte, als wäre sie komplett am Sampler entstanden.

„2 Would Try“ füllt die Takte zwischen Part und Hook mit einem kurzen Saxophonsolo, auf „True Lies“ schmiegt sich eine scheinbar dissonante Gitarre um Milks Rap und eine futuristisch anmutende Keyboard-Schleife pendelt auf „Will Remain“ zwischen dem linken und rechten Soundkanal.

Auch wenn die Instrumentale auf „Fever“ verkopft wirken, sind sie durch die Loop-Limitierung leicht durchschaubar. Als hätte Black Milk pro Beat 30 Bestandteile zur Verfügung gehabt, steckt er wie bei einem Baukasten zusammen, was zusammenpasst. Black Milks Beats sind das Verkaufsargument von „Fever“. Die Raps und der Gesang ordnen sich lediglich als ein weiteres Instrument unter.

Nicht umsonst haben es mit „eVE“ und „DiVE“ zwei rein instrumentale Stücke auf das Album geschafft. Bei den restlichen Tracks lässt er zumindest in den Hooks häufig die Musik für sich sprechen. So werden die Raps in „Could It Be“ alle 16 Takte von einem flirrenden Synthesizer abgelöst.

Die Texte des 34-jährigen Detroiters deshalb zu ignorieren, wäre ein Fehler. Denn auf zehn der 12 Stücke beschäftigt er sich angenehm reflektiert mit dem Status Quo unserer Welt. „From raps to movies, to black is beauty / Cop didn’t feel the same, felt he had to shoot me“, thematisiert er in „Laugh Now Cry Later“ die nicht enden wollende Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA.

Aber Black Milk beschränkt sich nicht nur auf das Anprangern von schrecklichen Zuständen, er gibt in „True Lies“ auch konkrete Wünsche für Veränderungen preis: „Do better ‚cause they never taught us stocks and bonds / Only taught designer clothes, gold chains rocking charms“.

„Fever“ ist nicht darauf aus, dem Zeitgeist zu entsprechen, sondern durch Musikalität und durchdachte Inhalte dem Genre HipHop eine verloren geglaubte Tiefe zurückzubringen. Black Milk deshalb zurückgewandt zu nennen, wäre ein Fehler. Denn heute inflationär verwendete Spielzeuge wie den Auto-Tune-Effekt nutzt auch er. Bei ihm ist dieser aber nicht das Haupt-Gimmick, sondern nur ein weiteres Element unter vielen.