Montag, 5. Mai 2025
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Rano

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Mit Rano: „Ihr wisst nicht, was Beef ist“ hat einer der ersten Künstler, die auf dem neuen Kölner Label Overstolz gesignt sind, vor Basti und mir in der rap .de-Redaktionslounge Platz genommen. Mitgebracht hat er Vinyl des Chestnut vs. flowinImmO -Releases „Madshit“ (Overstolz OV 003) sowie natürlich ein paar Kopien seiner eigenen Veröffentlichung, die den Titel „Schwarzes Gold“ (OV 002 – Vertrieb jeweils über EFA) trägt. Danach befragt, wie er bei Overstolz gelandet ist, erklärt er:
Mark (Gründer und Labelchef von Overstolz – Anm. d. Red.) hatte ich kennengelernt, als ich noch mit Akim Walta und MZEE zu tun hatte. Akim hat dann leider vergessen, dass er noch einen Artist hat, und irgendwann hat Mark bei MZEE angefangen und dann dort ein Demotape von mir in die Finger bekommen, das ihn wohl so geflasht hat, dass er mich anrief. Als ich hörte, dass er ein neuer Mitarbeiter von MZEE ist, war ich erst mal angepisst, weil ich auf die nicht mehr gut zu sprechen bin. Wir haben uns dann aber trotzdem öfter getroffen und gemeinsam fernab von diesem ganzen Unterschreiben-Scheiß gechillt. Mittlerweile verbindet uns auch mehr das Persönliche als der Businesskram.“ Nach diesen eher kritischen Worten in Richtung MZEE drängt sich natürlich die Frage auf, weshalb Rano dort überhaupt landete, woraufhin er äußert:
„Mitte der 90er hatte ich halt MC René als Vorbild, den ich auch bei Live-Auftritten unterstützt habe. Deshalb war MZEE damals auch etwas, was ich nice fand. Zuerst war ich dort auch nur im Verlag, aber dann wäre es beinahe so weit gekommen, dass ich noch ´nen Management-Vertrag unterschrieben hätte, was aber nicht meine Schiene war, nachdem ich gemerkt hatte, was das für Verträge sind“.  Sein Verhältnis zu MC René scheint auch abgekühlt, was aber wohl eher mit Differenzen auf künstlerischer Ebene zusammenhängt: „Ich habe ihm eben gesagt, was ich von dem halte, was er jetzt macht, und ich denke, dass er etwas geknickt ist. Das spiegelt sich dann auch wider, wenn man sich trifft – es beschränkt sich mehr auf Händeshaken und dieses Low-Budget-Gespräch.“ Rano kommt ursprünglich aus Osnabrück, von wo er mit 17 Jahren weggezogen ist. „Ich habe die Schule nicht fertig gemacht, ich bin in der siebten Klasse abgegangen, weil ich einfach ein bisschen zu faul gewesen bin. Ich bin dann nur noch auf Jams gefahren, habe gechillt und den Schulkram hinter mir gelassen.“ Wenn man diesen äußerst sympathisch und intelligent wirkenden Typen erlebt, der auf reichlich eloquente Art in beinahe astreinem Hochdeutsch aus seinem Leben erzählt, kann man weder verstehen, dass er noch zwei Jahre vor dem Hauptschulabschluss ist, noch würde man annehmen, dass er eins von seinen 23 Lebensjahren hinter Gittern verbracht hat: „Ich bin von Osnabrück nach Köln gezogen, wo ich dann für ein halbes Jahr war und ein paar Sachen mit René gemacht habe. Dann lief ein bisschen was schief, und ich war dann für 12 Monate drin“. Seinen Zivildienst hat er dann in Hannover gemacht, wo er insgesamt zweieinhalb Jahre gelebt hat.

  Aus Hannover („Hannover-Bimmerode, bloß Bimmerode nicht vergessen“ meint Rano schmunzelnd) kommt auch sein DJ – DJ Amir -, den Rano aber schon vorher von dessen Mixtapes kannte: „Er ist ein extrem sympathischer Typ, und ich kenne eigentlich niemandem, der mit ihm nicht klar kommt. Ich fand seine Scratches immer sehr cool, und als ich ihn das erste Mal sah, hab´ ich ihm dann gesagt, dass ich auch seine Tapes mag. Er wohnt jetzt in Dortmund, macht da auch ein bisschen was mit dem Langen und versorgt alle möglichen Leute mit Cuts – für den Sputnik macht er z.B. Cuts, für mich, für den Langen usw. …“ Mit der Produktion der „Schwarzes Gold“-EP begann Rano, der mit bürgerlichem Namen übrigens Rachid Naouar heißt, im März dieses Jahres. Offensichtlich lief die Aufnahmephase jedoch mit Hindernissen an: „Angefangen haben wir mit ´Ihr wisst nicht, was Beef ist´, und dann gab es noch einen zweiten Track – es sollte ursprünglich nur eine normale 12-Inch werden. Nach ´ner Woche haben wir die Dinger wieder gelöscht, weil ich nicht mehr gekickt war. Zwei Monaten später hatten wir dann aber neue Beats für die Stücke, und da hat es mir dann wieder gefallen.“ Die EP beinhaltet ausschließlich Battle-Tracks und soll als Statement Rachids zur aktuellen Situation des deutschen HipHop verstanden werden. „Es gibt auf jeden Fall auch coole deutsche Sachen,“ , meint er, „es ist nicht so, dass alles scheiße ist, sonst müsste ich ja sagen, dass mein Kram auch scheiße ist…“ „Taktloss sagt das ja…“, erwidert Basti grinsend.
Rano: „Es gibt eben viele Sachen, mit denen ich mich einfach nicht identifizieren kann – es gibt viel deutschen Rap, der mir nichts sagt. Mich interessiert es z.B. nicht, ob irgendein Typ wegen Kiffen vergesslich ist, und mich interessiert es auch nicht, ob irgendein Typ 20 Kilo Weed am Tag raucht. Wenn ich Freundeskreis höre – das ist jetzt vielleicht ein komisches Beispiel, aber die haben einfach coole Themen. Wenn die erzählen, dass sie auf dem Spielplatz waren, wo Spritzen rumgelegen haben – das hab ich halt auch erlebt. Andere Sachen kann ich dann wieder nicht nachvollziehen – was hat z.B. Phillie mit Rap zu tun? Ich weiß gar nicht, ob der überhaupt schon mal auf ´ner Jam war. Und solche Leute überwiegen im deutschen Rap, was halt nicht mein Ding ist.“ Der Sound seiner EP ist verhältnismäßig nüchtern – von zu viel „Geklapper“ hält Rano wenig:
„Das fand ich an Savas sehr cool, dass die ersten Sachen – ey Mann, Alder, hör dir mal an, wie dreckig die Beats klingen. Das sind halt Vibes, die ich fühle – da geht es dann nicht darum ´Oh Gott, das ist nicht ausproduziert…´, da geb ich einen Scheiß drauf. Es muss vom Gesamtbild her cool sein. Für meine EP brauchte ich einfach trockene Sachen, und die haben Playmo und ich dann zusammengeschustert. Ich stehe schon auf Samples, aber nicht darauf, dass dann da 20 Samples kombiniert werden und anschließend die Samples oder der Beat die Lyrics unterdrücken.“
Bekanntlich ist Rano auch Mitglied des „Stammtischs“, dessen Logo nun auch wieder auf dem Vinyl der EP auftaucht. Zwischenzeitlich scheint es kleinere Spannungen gegeben zu haben, die nun aber überstanden sind: „Stammtisch gibt es noch. Auf der Maxi, die Spontan gedroppt hat und auf der auch ein Stammtisch-Track drauf ist, auf dem man mich nicht hört… da ist halt was schief gelaufen, womit ich nicht klar kam und weshalb ich gesagt habe ´Zieht es alleine durch´. Jetzt sind die Fronten aber wieder geklärt, und die Vibes stimmen alle. Wir hooken uns nun auch wieder gegenseitig. Auf dem Album wird es auch auf jeden Fall einen Track mit den Jungs geben.“ Das angesprochene Album auf Overstolz ist vorerst für Mitte Oktober nächsten Jahres geplant. Die Hälfte der Tracks dazu soll bereits im Kasten sein, und es wird wohl auch einen geben, in dem sich Rano mit seiner „Knastphase“ auseinandersetzt, wie er sie nennt. „Die LP soll tiefgründiger werden, vom Sound her wohl nicht richtig anders, auch wenn es ein paar Beats mit etwas mehr Samples und kleineren Melodien geben könnte“ , erzählt er gegen Ende des Interviews. Über Liveauftritte konnte Rachid zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch nicht viel sagen, weil man offensichtlich noch auf der Suche nach einer passenden Bookingagentur ist.

Orishas

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HipHop ist überall. Auf den Böden aller Kontinente wird gebreakt und in bald allen Sprachen gerappt. Manchmal geht HipHop den direkten Weg, manchmal braucht er Umwege – wie im Falle der kubanischen Orishas, die in Paris leben und arbeiten. Vicente Celi traf sich mit der Speerspitze der "Revolution Cubana"… Da HipHop seinen eigenen Weg in jedes Land findet – mit seiner speziellen kulturellen Geschichte, die wiederum in den HipHop zurückfliesst -, stellt sich die Musik unserer geliebten Kultur international so schillernd dar. Nun hat Kuba eine musikalische Tradition, die auch in Europa immer beachtet wurde und zuletzt mit dem Soundtrack zu Buena Vista Social Club für breites Aufsehen sorgte. Und auch HipHop und Cuba hatten schon einige Berührungspunkte. Angefangen bei der Herkunft amerikanischer Künstler wie Tony Touch aus dem Mutterland des Rums und der Zigarre; aufgehört bei Wyclef Jeans Adaption von Fidel Castros Lieblingslied „Guantanamera“: HipHop und Cuba, da muss was gehen. Stellt sich also erst mal die Frage, wie die Kultur ins letzte Land der Revolution fand.
Ruzzo: HipHop wird als kulturelle Bewegung vom Staat akzeptiert. Seit 1980 hört man schwarze Musik in Cuba. Ab 89 gab es einen Breakdance- und Graffiti-Boom. 91 starb die Bewegung: der Sprüher hörte auf zu sprühen, der Tänzer zu tanzen und der DJ, der die Mix-Tapes zusammenstellte, hörte damit auf.
Also war es eine Mode?
Ruzzo: Am Anfang sah es so aus wie eine Mode, aber es war schon eine etablierte Bewegung. Es gab nur keine Unterstützung von den Medien. Sie sagten, es wäre die Musik des Feindes. Amerikanische Texte auf amerikanischen Beats sahen sie als was Verrücktes an. Ohne Unterstützung aber stirbt alles. 1995 sah und hörte man Rap im Fernsehen, in „Tiempo“, einer Musiksendung. Da traten geweihte Musiker mit jahrelanger Erfahrung im kulturellem Umfeld der Insel auf und wir wurden zur einer Spezialsendung eingeladen. Danach sprach es sich rum und es wurde mit heftigen Opfern ein Festival organisiert, das erste Rap-Festival. Inzwischen ist es etabliert. Auf diesem Festival fanden zum ersten Mal sehr viele Leute Gefallen an Rap. Es wurde ein Program mit drei Gruppen gemacht. Eine machte nur Rap, das waren wir. Andere Rock mit Rap und die letzten mixten Merengue mit Rap. Das waren alle Farben der Bewegung. Nach diesem Programm ging es los, die Leute kamen und tanzten und die Leute machten weiter und weiter.
Jetzt gibt es mehrere Gruppen?
Ruzzo: Jetzt gibt es mehr als 250 Gruppen auf der Insel. Zu diesem Festival kommen alle diese Gruppen, es wird eine Auswahl getroffen und es gibt einen Verein, «hermanos seis» (Brüder sechs). Die haben ein Haus in jeder Provinz in Cuba und machen das Casting für das Festival. Aber da gibt’s nichts, keine Sampling-Kultur, es gibt keine DJs, es gibt nichts um diese Musik zu machen.
Wie seid ihr aus Kuba rausgekommen?
Ruzzo: Bei einem Austausch. Roldán war Sänger einer Son-Gruppe (Son: Ein kubanischer Musikstil, Anm. d. Red.), kam nach Frankreich und jetzt hat er Frau und Kinder da. Ich hatte eine andere HipHop-Gruppe in Havana. Wir hatten einige Austauschpräsentationen in den USA und in Frankreich. Die Franzosen haben uns ein Angebot gemacht, wir sind zurück nach Cuba, und anschliessend sind wir wieder raus, um ein paar Demos zu machen.

Also bist du Son-Sänger?
Roldán: In Kuba war ich immer Son-Sänger. Ich habe auch andere Sachen gesungen, Trova, Balladen, und anderes. Professionell begann ich mit Son Cubano. Ausserdem habe ich fünf Jahre klassische Gitarre an der Universität in Kuba studiert. Diese Musikalität merkt man ihren Produktionen an. Orishas sampeln zwar, aber dies als Arbeitsgrundlage ihrer Beats. Mit den Samples wird das Material entwickelt und strukturiert, dass dann von Musikern wieder nachgespielt wird. Der Effekt sind klassische HipHop-Beats mit sehr harmo- nischem Fluss, die auch einigen Nicht-Heads ge- fallen sollten. Weite Passagen der Songs sind nicht gerappt, sondern sehnsuchtsvoll gesungen; die Rhytmik ist um latin-typische Percussion ergänzt. Wahrscheinlich zählen Orishas zu den wenigen Bands, die man auch mit seinen Eltern hören kann und die beiden Seiten gefällt.
Ruzzo: Wir wollen einen neuen Sound kreieren. Es ist etwas, das noch keiner gemacht hat. Andere haben es versucht, Tony Touch und die anderen Immigranten in den USA haben eine Fusion auf diesem Niveau versucht, aber haben nicht das Gleichgewicht gehabt.
Yotuel: Es gibt sehr viele Künstler die sagen: „Ich möchte auch in so einem Sound wie Orishas was machen.“ Wir geben den Leuten die Möglichkeit eine andere Form von Hip Hop zu hören. Die Leute haben gehört, wie Tony Touch und Mellow Man Ace die Musik mischen, aber eine Formation die 50% HipHop mit 50% Gesang vermischt, in der der Rapper die gleiche Funktion wie der Sänger hat, das ist was Neues.
Seid ihr die Entwicklung des nächsten Schrittes neuer kubanischer Musik?
Ruzzo: Die Hauptidee des Projekts ist es, die Musik der „Alten“, die verloren geht zu, zu erhalten. In Kuba hört niemand mehr traditionelle Musik; nur diejenigen die sie machen und die Spezialisten. Die meisten Rechte an der Musik haben die USA. RCA und andere – die haben es alles mitgenommen! Um eine Produktion mit internationalem Niveau zu machen, muss man raus. In Kuba gibt es nicht die Mittel.
Was haltet ihr vom Latin Boom?
Ruzzo: Es gibt Leute die den Boom ausnutzen. Sie tun so als wären sie Latinos, aber haben noch nie eine „Clave“ gespielt (Clave ist eine rhythmische Figur, die in der Karibik mit der Muttermilch eingenommen wird – wer sie nicht beherrscht, darf Latin nicht machen. Ein fast religiöses Prinzip! Anm. d. Red.) Es ist wie eine Mode und es gibt Leute, die die Hand ins Feuer legen ohne zu wissen, was sie machen und wie es funktioniert.
Yotuel: Ich teile diese Leute in zwei Gruppen auf: Die einen verantwortlich, kultiviert und mit einer Ideologie, mit einer Message ausgestattet und die anderen, die nach dem Komerziellen, Oberflächlichen, sehr Ästhetischen gehen. Beide Gruppen sorgen dafür, dass man die Musik kennen lernt. Orishas hat keinen Boom gehabt. Uns reicht der Respekt, den die Menschen vor uns haben. Wir sind mit den Verkaufszahlen nicht sehr zufrieden, weil wir dachten, dass, wenn wir neue Musik mit wertvollen Texten auf den Markt bringen, die Leute sagen würden: „Geil, das ist Musik für ewig".

Wie seht ihr die Entwickung im HipHop-Latino?
Yotuel: Wir sind selbst überrascht, dass Sen Dog und Mellow Man Ace Kubaner sind. Big P. war Kubaner, Cuban Linx sind Kubaner. Wir wussten nicht, dass so viele Latinos in der Hip Hop Bewegung fortgeschritten sind. Das Ding ist, dass die englisch singen und nicht ihre Wurzeln verteidigen. Ein ganz wichtiger Punkt, denn er weist auf eine kulturelle Lücke zwischen Kuba und den USA und ein Missverständnis der Orishas hin. So wird in den USA Alles und Jeder ethnisiert (so dass z.B. Leute hispanischer oder italienischer Abstammung nicht als „weiss“ gelten). Dass die Ethnisierten sich ihrer Gruppe dementsprechend zugehörig fühlen und für sie repräsentieren wollen, war schon früh Prinzip im HipHop. Nur ist Mellow Man Ace eben US- Bürger kubanischer Herkunft. Ich weiss nicht, ob er selbst in Kuba gelebt hat oder ob es seine (Gross-) Eltern waren, welche die Karibik verliessen. Welche Wurzeln sollen da verteidigt werden? Wenn sich also Leute wie Mellow Man Ace als Kubaner bezeichnen, beziehen sie sich damit auf den US-amerikanischen Kontext. Wenn Yotuel diese Aussage aber in Kuba hört, bezieht er sie auf seine Kultur und wundert sich, warum die kubanischen Jungs aus den amerikanischen Städten nicht „ihre Wurzeln verteidigen“, sprich: nicht auf spanisch rappen. Für’s erste war das Missverständnis aber produktiv. Orishas haben einen sehr homogenen, warmen Sound und die Flows der Raps beschwingen ebenso, wie der Gesang. Viva la revolución cubana!

People Under The Stairs

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Ohne Videorotation auf MTV, ohne großmäulige Sprüche, ohne Titelbilder in der einschlägigen Presse… Die LP "The Next Step" von Double K und ThesOne – zusammen die "People Under The Stairs" – gehört mit Sicherheit zu einem der musikalischen Highlights dieses Winters, und so lohnt es sich, ein wenig genauer zu sehen, was sich unter der Treppe verbirgt. Sechs Jahre ist es her, seit sich ThesOne und Double K klassisch in LA im Plattenladen trafen. ThesOne: "Wir waren ja beide notorische Beatbastler in unserer Nachbarschaft. Also waren wir natürlich gespannt darauf, rauszufinden was der andere so drauf hat. Als wir uns dann trafen, hat es sofort geklickt, und der Rest ist HipHop-Geschichte." Nach ein paar Jahren hatten sich in ThesOne´s Schlafzimmer über 50 Titel angesammelt, und man fing an, sich nach einer Veröffentlichungsmöglichkeit umzusehen. Allerdings stellte sich die Suche nach einem geeigneten Label als nicht sehr einfach heraus. Frustriert von ungünstigen Angeboten und schlechten Vertragsvorlagen beschlossen ThesOne und Double K schließlich, ein eigenes Label zu gründen und so ihren Titeln den Weg auf den Markt zu ermöglichen. PUTS Records wurde ins Leben gerufen und mit dem Vibe des Creed Taylor Labels CTI, dessen Logo als optisches Vorbild fungierte, schafften sich People Under the Stairs ihre eigene Plattform.
Warum gerade CTI als Vorbild?
TheOne: "CTI-Sachen sind zwar vielleicht nicht das exklusivste und rarste was Du im Bereich Jazz und Funk bekommen kannst, aber es gehört zur Grundlage einer jeden B- Boy Geschichte. Wenn man zurückblickt auf Wildstyle oder alte D-Jay Sachen, dann kann man immer die beiden gelben Label auf den PLattenspielern rotieren sehen. Wir wollten den Spirit von CTI auffangen."
1000 Stück ihres Albums pressten PUTS auf dem eigenen Label, dazu 1000 Maxis der Single "The Next Step II".
ThesOne: "Ich gebe zu, wir wußten rein garnichts über die Musikindustrie und mußten das meiste auf die harte Tour lernen. Aber das geht wohl den meisten Independents so. Immerhin hat es uns eine Menge Erfahrung gebracht, was den ganzen Prozess, die Maschinerie des Plattenverkaufens, das ganze Buisness und die beschissene Politik darum angeht. Am Schluß landeten wir bei Om, und das war auch gut so." Om-records, ursprünglich nur an einem Track für eine Compilation interessiert, witterte das große Potential. Chris, der Besitzer des Labels, fragte PUTS nach ihrem Vertragsinteresse, und nur eine Woche später kam von Om genau der Vertrag, mit dem sich PUTS einverstanden erklären konnten. Die komplette künstlerische Freiheit inklusive Artwork etc blieb bei PUTS, Om versprach, sich "lediglich" um den ebenso lästigen wie nötigen Krempel wie Pressung, Vertrieb etc. zu kümmern. Erste Handlung von Om: die internationale Wiederveröffentlichung von "The Next Step". Oberste Priorität für ThesOne und Double K ist es, in keiner Art und Weise einen Teil der Stücke in fremde Hände zu geben. Etwas, was laut ThesOne im aktuellen HipHop gänzlich verloren gegangen ist:
"Wir haben versucht, die Songs mit ganzem Herz zu machen, ganz im Gegensatz zu all den HipHop- Selbstdarstellern und Scherenschnitten. Wenn man sich ein PUTS-Album anhört, dann ist es wie ein Gespräch mit uns. Das Album ist ein großes Ganzen, da kann ich nicht einfach einen Teil der Arbeit weggeben."

ThesOne produzierte die Titel, während Double K alle Scratches machte. Das Songwriting fand zusammen statt, ebenso wie das MCing. ThesOne: "Wir haben uns nie gestritten oder waren uneinig über unsere musikalische Richtung. Wir haben niemanden bei unseren Produktionen hinzugezogen, denn wir sind zwei Minds, die an einem musikalischen Strang ziehen. Wir sind sehr eng befreundet und das hilft uns auch bei der Umsetzung unserer Ideen. Wenn wir im Studio sind, ist es niemals Arbeit, eher Gelächter und High Fives. Wir sind uns so nah wie Brüder. Musikalisch und persönlich." Die Frage nach den Dingen, die PUTS beeinflußt haben, ist bei einem so starken Anspruch an Authentizität nicht uninteressant. ThesOne:
"Beeinflußt haben uns sehr viele verschiedene Dinge. Jazz, Funk und Rock aus den Jahren 68-75 zum Beispiel. Oder HipHop so zwischen 90 und 94. Oldschool-Sachen natürlich… aber natürlich auch nur einfach gute Musik! Wir lieben alles, was aus dem Herz kommt und Verstand hat, alles was Funk hat – ganz egal ob Kinderplatte oder Countrymusik. Ich persönlich bin sehr, sehr stark von Stereolab beeinflußt worden. Sie haben meine Herangehensweise an das Musikmachen grundlegend verändert, und ich werde mich ihnen deshalb immer verpflichtet fühlen.."
Und Kalifornien, die HipHop-Szene in der Nachbarschaft? In Amerika?
ThesOne: "Cali hat so gut wie keinen Einfluß auf uns. Wir sind zwar LA- Muppets, aber beeinflußt hat uns – wenn überhaupt – mehr das New York der 90er, 80er und 70er. Und die ganzen Leute, die hier an der Westcoast aktiv sind… die meisten wissen nicht einmal wo sie musikalisch herkommen. Was immer unser No. 1 Klassiker bleiben wird sind die beiden Alben von Freestyle Fellowship. Madkap, Pharcyde, Heiro, NWA, CMW, King Tee und alle anderen waren natürlich auch bis zu einem gewissen Grad ein Einfluß, aber wenn´s um die Leute geht, die momentan in der Szene aktiv sind, dann fühlen wir uns mit keinem irgendwie verbunden. Wahrscheinlich sind wir einfach nur ALT. Alte Schule: New York, LA was auch immer, alt eben." Mit der Einschätzung, PUTS wären fremdelnde Autisten, liegt man aber falsch. Eine Band gibt es allerdings schon, mit der sich PUTS in gewisser Weise verbunden fühlt, und mit der auch Dinge in Planung sind:
ThesOne: "Ugly Duckling. Das sind unsere Homies! Wir hoffen auch, daß wir in Zukunft mehr mit ihnen arbeiten werden!" Mehr deshalb, weil schon in Kürze eine Maxi von Captain Kid Lexus in Zusammenarbeit mit Ugly Duckling auf PUTSrecords erscheinen wird. Ebenso kommt demnächst das (diesmal wirklich) neue Album von Double K und Thesone auf den Markt. ThesOne:"Das neue Album heißt ‚Question in the form of an answer‘ und erscheint im Frühling, die erste 12" ‚Youth Explosion‘ sollte demnächst erscheinen." Die Plätze unter der Treppe bleiben also interessant, und man darf gespannt sein, wie sich die Dinge entwickeln. ThesOne hat bezüglich HipHop nur ein Anliegen: "Hört alle auf, Euch so verdammt ernst zu nehmen und lernt mal wieder Spaß zu haben! HipHop – lighten the fuck up!!!"

Nico Suave

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Sein Video zur ersten Single „Vergesslich“ (steht ab dem 05.03. in den Läden) ist bereits auf allen einschlägigen Videokanälen zu sehen und darin am Schlagzeug auch ein alter Bekannter: „der schreckliche Sven“ a.k.a. „Sven Franzisko“ – a former member of Fischmob. Sven hat die Single zwar musikalisch nicht im Sinne von Komposition oder Text beeinflusst, „war aber von der ersten bis zur letzten Minute an den Knöpfen dabei, hat halt aufgenommen und hat die ganze Entstehung begleitet“, wie Nico erzählte. Das war für Nicoschon etwas besonderes“ und so sollte Sven dann im Video am Schlagzeug sitzen. Diese Anekdote hat deshalb Symbolgehalt, weil auch die angenehm wenigen Features auf Nicos Album (gefeatured werden nur Buddy von Deichkind, Dabru Tack sowie Mutter Natur mit Manuva) in vergleichbarer Weise natürlich entstanden sind und sich deshalb auch nicht als businessorientierte Entscheidungen darstellen. Angesprochen auf den Solotrack „Suave“, den Dabru Tack auf der Platte einnimmt, erklärt Nico z.B.: „Dabru Tack – den kenn´ ich halt schon aus der Grundschule. Mit dem hab ich angefangen Musik zu machen und für mich war das einfach wichtig. Wir haben halt damals die Gruppe „Provinzaroma“ gehabt und uns dann aber ´97 getrennt. Die Band ist dann erstmal auseinandergegangen und jeder hat so seinen Kram gemacht und die Sachen, die er heute macht finde ich halt derbe und ich wollte, dass er auf dem Album auftaucht und wollte auch, dass er was besonderes hat, weil er halt eine ganz besondere Rolle in meiner HipHop-Laufbahn spielt. Und da hab´ich halt gesagt, ich hab Bock, dass du ´nen Solotrack auf meinem Album machst. Er sollte nicht nur ´nen typischen Feature-Track machen, so dass er den Refrain schreibt oder die Hälfte des Textes und so ist halt der Solotrack entstanden. Und der handelt ja auch von uns beiden – wie wir uns halt kennengelernt haben, was wir zusammen gemacht haben.“ Völlig zwanglos ist auch die Zusammenarbeit mit Esther Adams zustande gekommen, die die Hook in „Kennst Du das?“ singt, einem Song der Nico auch text- und rapmäßig sehr am Herzen liegt. „Esther ist ´ne Jazzsängerin aus München. Die ham Will und ich kennengelernt, als wir in München einen Track aufgenommen haben – in so ´nem Jazzcafé hat sie halt gesungen mit so ´ner Band und da hab´ ich mir gedacht, die passt bestimmt gut auf den Beat irgendwie und so hat sich das ergeben.“ Nicos Album wird durch langsamere, relaxte Beats dominiert, zu denen es überwiegend entspannte Samples und Melodien gibt, wobei letztere auffällig häufig durch Musiker eingespielt wurden. Auch das ist jedoch nicht Folge eines geplanten Konzepts, sondern hat sich eben so ergeben: „Ich hatte halt Bock irgendwie was mit ´n paar Livemusikern zu machen, d.h. was sehr musikalisches und ich hatte auch einfach Bock, so smoothe Beats zu nehmen – ich hab´mich nicht irgendwie hingesetzt und gesagt, so das Album muss so und so aussehen, das Ding muss sich so und so anhören – ich hab´einfach Tracks gemacht und hab´ gerade bei den Beats so nach meinem Geschmack ausgewählt – wenn mich einer gekickt hat, dann habe ich den reserviert.“ Rapmäßig überwiegt ganz klar Storytelling, was man…

ab dem 02.04. (Album-VÖ) u.a. auf den Tracks "Briefträger-Styles“ (großes Tennis), „Lauf der Dinge“ oder „Barkeeper 2“ bestens auschecken kann. Auf die Frage, ob er schon immer bevorzugt Geschichten erzählt hat, antwortet Nico: „Also das Ding ist, dass Battle ja was super traditionelles ist, gehört auf jeden dazu – ich schreib jetzt seit sechs, sieben Jahren Texte und hab´ auch die ersten drei, vier Jahre fast nur Battle-Lyrics geschrieben. Aber für mich war es jetzt einfach eine Herausforderung, ´nen Schritt weiterzugehen, weil es für mich als Texteschreiber einfach ein geileres Gefühl ist, wenn ich ´ne coole Story hab und die mit guten Reimen und auch ´nem guten Flow zusammenbringe. Wenn ich so ´nen Text schreibe kann ich halt besser einschlafen so, weil ich find´ halt Battle … es gibt halt Leute, die ham das in Deutschland perfektioniert – ein Tone aus Frankfurt, auch ein Sam Deluxe, auch ein Savas und ich finde halt einfach, dass es Leute gibt, die dass cool machen. Für mich is´es aber einfach ´ne größere Herausforderung, ´ne Geschichte zu erzählen und insofern ist so halt der größte Teil meines Albums.“ Und die Geschichten, die er erzählt sind ausschließlich autobiografisch, auch dort, wo – wie in Briefträger Styles – 80-jährige Damen strippen oder Leichen die Postzustellung erschweren: „Ich hab´halt so vier Monate mal als Briefträger gearbeitet, weil ich irgendwie auch meine Miete zahlen musste und keinen Bock hatte auf Fabrik. Es gab da so ´n paar Reihenhäuser und ich musste da halt immer anschellen, weil die Briefkästen drinnen waren und bei Haus Nummer … 42 war es, glaube ich – habe ich eben immer bei dieser einen Frau geschellt, weil ich halt wusste, die ist einfach da und die macht mir auch jeden Tag die Tür auf und das war auch eigentlich immer alles smooth. Irgendwann hat es dann mal ein bißchen länger gedauert, bis die Tür aufging und ich habe das erst gar nicht so richtig realisiert – sah halt erst nur so, dass sie ´n Handtuch um den Kopf hatte, was ja nicht weiter wild ist. Und ich so nur kurz „Moin“ gesacht, Post reingepackt und da hat sie halt noch irgendwas geantwortet und ich ging dann so in Richtung Tür .. und dann stand sie halt da und hatte nichts an, weißt du (einvernehmliche Heiterkeit an dieser Stelle)… Und die Frau is´ halt – keine Ahnung vielleicht war sie auch 75, aber ich hab´ sie echt schon so auf 80 geschätzt.“ … „Ein anderes mal komm ich wieder so an einer meiner Standardkurven an und seh´ schon von weitem so Krankenwagen, Leichenwagen und geh´dann mit meiner Karre an so ´ner kleinen Blutlache vorbei und stell mein Gerät da irgendwo ab. Ja – und dann kommt halt so ´n Bulle an, der dann so meinte, was ich da so wollte mit meiner Uniform und meiner Karre – weißt du – was soll ich da wollen? – und geb´ ihm dann halt die Post für das Haus und guck´ so rechts rüber und seh´ dann eben die Frau da in dem Türrahmen liegen.“ Auf den ständigen Vergleich mit Dende angesprochen meint Nico nur: „Es ist immer das Naheliegendste für den Zuhörer, der nicht wirklich zuhört und nur das Endprodukt in der Hand hält, zu sagen: „Nico Suave? Woher kenne ich den? Eins, Zwo – alles klar.“ Mehr Gemeinsamkeiten sieht er da schon in der Angewohnheit, Raps von anderen MCs zu analysieren: „Für mich zählt zwar erstmal was für ´n Vibe bei ´nem Stück rüberkommt. Kickt mich das Stück – berührt mich das Stück? Und dann fang´ ich aber natürlich auch an, zu analysieren. Beim deutschen HipHop ist es noch ein bißchen anders, weil man da ja alles auf Anhieb versteht – da reicht dann auch oft nur ein Satz und die Stoptaste wird gedrückt. Wenn du aber viele Reime, geile Reime in kurze Zeilen oder in kurze Sätze packst, dann ist es schon krass, wenn das auch alles Hand und Fuß hat. Das ist eben auch ´ne Entwicklung, die für mich auch sehr wichtig war – dass man halt auch irgendwann an ´nem Punkt angelangt ist, wo man es schafft, ´ne Story zu erzählen, die Hand und Fuß hat. Reime zu benutzen, die nicht die simpelsten sind oder Reime zu benutzen, die nicht schon jeder zweite benutzt hat und dann auch noch Flow zu haben. Aber das ist halt ´ne Entwicklung, die erstmal stattfinden muss. Die Leute vergessen gelegentlich, dass Talent alleine nicht ausreicht. Es ist zwar ganz wichtig, aber selbst jemand, der Talent hat, muss ja erstmal daran arbeiten, auch wenn er schneller lernt, Texte zu schreiben.“ Wie gesagt – das Album kommt am 02.04., im Mai gibt es eine (zunächst mal nur) deutschlandweite Tour mit Mr. Schnabel, wobei die Tourdates auf Nicos Homepage www.nicosuave.de abgefasst werden können. Wer mit Nico ´n Interview macht, der kann schnell feststellen, dass der Typ genauso relaxt ist, wie die Platte. Danach hört man zum Levelhalten am besten „The Essence Of J.Rawls“.

Deichkind

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Man nehme drei ambitionierte Köche (Malte, Buddy und Philipp), schicke sie in ein schalldichtes Kochstudio in Hamburg-Bergedorf und verschließe die Tür. Was dabei herauskommt, ist der erste Gang eines garantiert fetten Fischgerichts, das jeden Smutje vor Neid erblassen läßt. "Kabeljau Inferno" heißt die erlesene Kreation, und stillt als Amuse Geulle den Hunger bis nächstes Frühjahr, wo dann der Hauptgang serviert wird, dessen Fertigstellung nun einmal seine Zeit braucht. Gut Ding usw… Aber macht nichts, denn bekanntlich erhöht Vorfreude den Hunger, und bis es soweit ist, knabbern wir vergnügt die ersten Kabeljau-Happen und lauschen den Gesprächen der Köche Malte und Buddy, die wir unerwartet aufzeichnen konnten.
Wie lange gibt es Euch denn nun schon, und wie waren die berühmten Anfänge?
Malte: "Uns gibt´s jetzt schon über zwei Jahre in dieser Formation. Früher waren wir in einer richtigen "Liveband", wo wir mehr Jazz und Rare- Groove gemacht haben, dann wurden wir irgendwann zu Deichkind. So, wie wir´s jetzt immer noch sind. Aber wir wollen auch wieder mit richtiger Band autreten. Wenn die Aufnahmen durch sind, wollen wir das Ganze mit acht Leuten auf der Bühne umsetzen."
Nehmt ihr denn im Studio auch viel mit Live- Instrumenten auf?
Buddy: "Malte spielt sehr viele Instrumente, und die spielt er auch selber ein, aber der Hauptteil entsteht schon am Computer."
Und wie hat sich das von der Liveband am Anfang hinentwickelt zum HipHop?
Buddy: "Ich spiele Percussion und lege nebenbei auf. Da lege ich dann zwar hauptsächlich Funk und Rare-Groove Scheiben auf, die mich mit den Beats und Samples auch mehr ansprechen, aber seit über acht Jahren höre und spiele ich HipHop, früher auch schon in anderen Bands. Das war damals aber noch eine andere Szene, ein anderer Style. Es war ziemlich undergroundig, Hardcore-HipHop z.B. aus London, Silvah Bullet und die ganze Fraktion. Dann kam so die Reggae/Ragga-Zeit, dann kam wieder mehr die Rare Groove-Schiene – tja, und dann habe ich angefangen, mit den Jungs zu spielen."
Malte: "Als Buddy und ich das erste Mal zusammen auf der Bühne standen, wurden wir mit Tomaten beschmissen. Das war auf ´ner HipHop Jam in den Docks. Da bin ich frustriert nach Hause gefahren, und hatte keinen Bock mehr auf HipHop."
Buddy: "Das ist inzwischen schon angenehmer, publikumsmäßig. Nicht mehr nur die Reggae-Penner und Klischeekiddies, die dann auf den Agro-Film kommen."
Der Anspruch an die Musik ist schon gestiegen. Ihr wart ja auch in Chemnitz auf dem Splash-Festival…
Buddy: "…im Osten sind die Leute viel herzlicher geworden, es macht inzwischen mehr Spaß dort zu spielen."
Malte: "Wir haben mal in so´ner Disse gespielt, mit Lichtorgel und so, Leuchtfußboden… Wir haben unser Set das erste Mal durchgespielt, da saßen alle so auf den Stufen und haben uns beobachtet, aber niemand hat reagiert. Dann haben wir das Set nochmal gespielt, und plötzlich sind die Leute auf die Bühne gekommen und haben getanzt."
Habt ihr oft das Gefühl, daß die Message nicht ankommt?

Malte: "Das ist ganz furchtbar zum Teil. Wir haben mal in einer Großraumdiskothek in Saarbrücken gespielt. Wir sind auf die Bühne gegangen, und es haben uns Leute angeschaut, die mit uns rein garnix anfangen konnten. Das war ein Publikum, das DMX und den ganzen Kram gehört hat, und dazu voll abgegangen ist. Und… es war furchtbar."
Der harte Weg zum Erfolg führt ja auch oft über´s Arbeitsamt, wie wir auf eurer Maxi hören ist. (Leider nur auf der CD-Version, Anm. d. Red.) Wie ist eure Situation momentan?
Buddy: "Voll eingespannt mit Aufnahmen."
Malte: "Also ich war neulich auf´m Arbeitsamt, aber ich glaube…(grinst)…ich habe doch keinen Bock auf das alles…" (Gelächter)
Ihr seid also voll und ganz Deichkind?
Malte: "Ich bin vor allem auch Vater! Nix mit Party hier und abhängen! Ich glaube aber grundsätzlich schon, daß es inspirierend ist, nebenbei was anderes als Musik zu machen. Gerade wenn man durch so ein steiniges Gelände wie die Musikbranche muß."
War es denn steinig für euch bisher?
Buddy: "Steinig und vor allem langwierig. Mit der ganzen Umsetzung."
Malte: "Und die ganzen Gigs, das war auf jeden Fall steinig. Also die ersten Gigs waren sooo steinig…" (Gelächter)
Buddy: "Da sind wir durch den Süden gerockt, jedes Wochenende…"
Malte: "…haben auf Hundematten gepennt und Korn getrunken um einzuschlafen!"
Und jetzt mit dem Vertrag bei Showdown, wo auch das Album in der Mache ist, habt ihr da das Gefühl, daß es anspannungsmäßig leichter wird für euch, oder ist jetzt im Gegenteil eher mehr Druck da?
Buddy: "Leichter Druck ist da schon noch da. Man sitzt halt jeden Tag vor´m Computer oder Notizblock. Es ist nicht immer einfach, aber es ist auch gut, mal diesen Druck zu spüren. Die letzten 2 Jahre haben wir immer eher so nach Lust und Laune produziert, und wenn wir was hatten, na ja, dann haben wir eben mal geschaut…"
Malte: "Also ich fühle mich wesentlich besser als früher, obwohl ich viel mehr Stress habe."
Buddy: "Es ist einfach ein leichter Leistungsdruck, aber es ist okay!"
Habt ihr jetzt für das Album schon einen Plan, mit wem ihr was machen wollt? Remixe oder so?
Buddy: "Ja! Mit Doppelkopf haben wir was gemacht, vielleicht mit Dendemann, den haben wir gerade kennengelernt. Oder mit Ferris MC, man weiß es nicht. Der ist ja auch gerade dabei, seine LP aufzunehmen, aber da ergibt sich schon öfter was, die große Connection ist ja soweit da."
Inwieweit seid ihr denn mit Hamburg verwoben? Eimsbush, Mongoclikke?
Buddy: "Wir kennen alle vom Sehen, von Parties und zum Teil noch von früher. Man trifft sich und so, aber wir haben noch nichts mit ihnen produziert. Es ist aber auch kein Konkurrenz-Battle oder so. Mr. Schnabel ist eher mit den Eimsbush-Leuten unterwegs, ist öfters im Studio bei den Jungs draußen und macht auch Sachen mit ihnen, aber unsere Family sind eher die BoogiePark-Leute. Das Studio und die ganzen Leute drumrum."

Fazit: Egal, welche Family, Deichkind rockt das Haus auf jeden Fall bestens, und wenn die kommende LP hält, was "Kabeljau Inferno" verspricht, gibt es mit Sicherheit ein neues Highight am nordischen HipHop- Himmel. Denn was braucht es für ein gutes Gericht mehr, als die perfekten Zutaten, und Deichkind liefern diese mit Sicherheit. Also Fast-Food in den Mülleimer befördern, Rucolabouquets bei den Lifestyle-Homies abladen und selber reinbeißen in den dicken Fisch, den uns Deichkind liefert. Kabeljau Deluxe!

NoProp21

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Letzte Woche führten die Kids von der Westcoast mit dem HipHop an ihrer Seite einen Kampf gegen einen Gesetzesentwurf namens Prop21. Auch Stars wie Mos Def, Talib Kweli und Dead Prez gingen auf die Straße, denn eine Zustimmung der Bevölkerung zur Prop21 hat weitreichende Konsequenzen für die kalifornische Jugend, ihre Rechte, ihre Freiheit – sprich: Ihre Zukunft im weitesten Sinne. Ein Intro zu einer aktuellen politischen Debatte in Kalifornien, die besonders die HipHop Szene beschäftigt. In Kalifornien treibt ein Ex- Gouverneur namens Pete Wilson sein politisches Unwesen und hat mit seiner "Initiative zur Prävention von Jugendkriminalität" eine (zurecht) vor Wut tobende Jugendfront geschaffen, die in den letzten Tagen ihr größtmöglichstes getan hat, um, seinen Antrag abzuwenden. Am 7. März hat die Wahl stattgefunden, die darüber entscheidet, ob die Prop21 in Kraft tritt oder nicht. Zunächst Einiges zu den Inhalten der Prop21: Alle "Gang"-Delikte sollen stärker bestraft und mit Sexualdelikten auf eine Stufe gestellt werden. Die Definition von "Gang" wird dabei so weit gefaßt, dass alles eine Gang sein kann, sobald nur mehr als 2 Leute im Spiel sind. In vielen Fällen werden die Jugendlichen nach dem Erwachsenenrecht behandelt. Die Urteile fallen damit viel schärfer aus. Geringfügige Vergehen werden zu Verbrechen hochgestuft. Nicht-gewaltsame Delikte werden im Schweregrad wie Gewaltverbrechen behandelt. Die geringsten Auffälligkeiten werden im polizeilichen Führungszeugnis festgehalten. Die polizeilichen Führungszeugnisse sollen bei Bewerbungen am College oder an der Universität zugänglich gemacht werden. Hinfort die juristische Diskretion! Die Konsequenzen der Änderungen wären drastisch: Die Jugendlichen werden eingekerkert, weggesteckt, von den Straßen geholt Es müssen noch weitere Gefängnisse in Kalifornien errichtet werden, obwohl: Cali bereits das amerikanische Land mit den meisten Gefängnissen ist, aber nur an Stelle 41 auf dem "Education ranking" liegt. Die Jugendkriminalität in Cali in allen Bereichen deutlich abgenommen hat und weiterhin sinkt. Die Anzahl von Morden/Totschlägen ("homicides") ist zwischen 1994 und 1998 um 50%, die von Verbrechen ("felony") um 30% zurückgegangen. Es wird häufiger auf die Todesstrafe als Sanktionsmittel (!) zurückgegriffen. Die Macht der Richter wird zugunsten der Macht der Ankläger abgebaut. Die Errichtung der Gefängnisse und die "Haltung" bzw. Tötung der Jugendlichen in diesen wird Unmengen von Geld kosten, das natürlich vom Steuerzahler eingeholt wird. Man spricht von "Hundreds of Million Dollars" als anfängliche Einmalkosten und von ungefähr genausoviel an Folgeausgaben. Mr. Wilson scheint sich zu weigern, den Facts in die Augen zu sehen. Stattdessen guckt er lieber Channel Zero und verkauft den ängstlichen bis schwer paranoiden Eltern und Erwachsenen Kaliforniens ein Bild seiner Young Generation, in dem die Kiddos als kriminell und gemeingefährlich, quasi gesellschaftsschädlich erscheinen. Dass das nicht ganz stimmen kann, sieht man ja an den o.g. Statistiken.

Pete Wilson will den großen Teil der Wählerschaft zufriedenstellen, der auf ein härteres Durchgreifen bei Mördern und Vergewaltigern pocht. Das sanfte, moralapostelische Auf-die-Finger-Klopfen soll endlich ein Ende haben! Allerdings erfassen die angestrebten Maßnahmen weit mehr als nur Schwerstverbrecher. Ein kleiner Shoplifter kann für 180 Tage eingebuchtet werden. Wie viele andere Politiker (nicht nur in "The Land of the Free") nutzt der gnadenlose Ex-Gouverneur die menschlichen Bedürfnisse nach Sicherheit und Geborgenheit aus und pervertiert sie mit seiner Panikmache zu einem absurden Ausmaß. Die Einkerkerungspolitik trägt obendrein noch die euphemistische Etikette "Präventionspolitik". Die Prop21 kommt einer Steigerung der "3-strikes-Methode" gleich, die einem wirklichen Präventionsverfahren gegenübersteht. Statistiken haben gezeigt, dass sich Präventionsprogramme wie Belohnungen zum Schulabschluß oder schlicht und einfach die Förderung von Jugendmöglichkeiten bei gleichen Ausgaben viel stärker auf die Kriminalitätsrate auswirkt als die Abschrecktaktik des Einbuchtens. Den seit 1984 in Cali errichteten 21 Gefängnissen steht ein einziger neu hinzugekommener Campus gegenüber. Zum Glück sind die Kids aus Cali nicht auf den Mund gefallen und haben sich wirksam gegen die Prop21 gewehrt. Nach den Motti "No on Prop21" und "Schools not Jails" haben hauptsächlich Jugendliche überall in Kali protestiert, und zwar verbal wie durch Taten, auf der Straße wie im Internet. In der letzten Woche, der "Week of Rage", sowie am letzten Tag vor der Wahl, gab es unzählige Märsche, Rallyes und …Konzerte! Hier, aber nicht nur hier, tritt die HipHop-Bewegung auf den Plan. Mos Def, Talib Kweli und MeShell Ndegeocello haben am Wochenende ein "SchoolsNotJails"-Konzert gegeben. M-1 von Dead Prez hat in Oakland die "HipHop will prevail"-Show angeführt und sogar Lyrics über die Prop21-Gefahr verfaßt. Jugend und HipHop haben sich quasi zu einem "Bay Area Movement" zusammengeschlossen und den "War on youth", ausgerufen von Herrn Wilson und seiner Assistentin Prop21, verurteilt. In vielen Interviews kam heraus, dass die Kiddos mehr als dankbar sind über den Schulterschluß mit dem HipHop, da sie sich durch ihn verstanden fühlen. HipHop sei ein exzellentes Tool, um die Jugend zu organisieren. Mit dieser Szene könnten sich die meisten identifizieren, denn HipHop ist nunmal die Musikgenre Nummer Eins der Schulhöfe. HipHop Events seien unglaublich gut geeignet, um die Jugend zu versammeln und, einmal united, über politische Belange aufzuklären. Die Ergebnisse, die bei schoolsnotjails.com zu finden waren, sind erschreckend: 61,9 % haben sich für, 38,1 % gegen die Prop21 entschieden! Die Wahlbeteiligung lag mit über 98 % sehr hoch. What a shame! Dieses Ergebnis ist sehr enttäuschend und gibt ernsthaft Anlass zur Sorge um die Zukunft der Jugend an der Westcoast!

Boombap

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Deutschlandweit hat der geneigte HipHop-Liebhaber und rap.de-Leser schon die Lage gepeilt, kennt die Namen, weiß wer für Qualität steht, wo die Party steppt, die Boxen wackeln und der Tanzboden brennt. Doch als Mensch mit erweiterungsfähigem Horizont ist es nie zu spät, die HipHop-Allgemeinbildung zu erweitern, und wer jetzt am Ball bleibt, kann morgen behaupten alles schon gestern gewußt zu haben.
Es ist ja nichts Neues mehr, daß österreichischer HipHop momentan durch Deutschland weht wie die berühmte frische Brise und diverse Crews und DJs aus dem Alpenstaat sich endlich auch hier die verdiente Reputation erstellen. Die anfängliche Berührungsangst ist dem gewichen, was im HipHop (wie auch sonst in der Musik) die größte Rolle spielen sollte:
Der Anerkennung von Qualität. Wo man Anfang nur vereinzelt neue Namen irgendwo aufschnappte, zählen inzwischen viele österreichische Aktivisten zum festen Bestandteil der Szene. Namen wie Texta, Total Chaos, Waxolutionists oder Schönheitsfehler sollten zum festen Repertoire eines jeden HipHop-Freaks gehören und erfreulicherweise stellt man fest, daß dies auch immer öfter so ist. So ist es nun an der Zeit mal ein bißchen tiefer zu graben in der österreichischen HipHop-Mine.
Ja, ja! Licht ins Dunkel, denn wenn in Österreich eine Party brennt oder ein HipHop-Tonträger an den Start geht, dann hat oft die Boombap-Posse die Finger mit im Spiel. Was man hierzulande "nur" als Wiege von feinen Samplern kennt ist in Wirklichkeit ein brodelnder Haufen Headz, die eine Menge mehr machen, als nur Platten unters Volk zu bringen. Angefangen hatte alles mit der Gründung des Duck Squad Labels 1993.
Die Schönheitsfehler-Masterminds Burstup und Milo schafften damit eine Plattform, die es ermöglichte eigene Produktionen und die von Freunden und Die Boombap-Posse Bekannten aus der noch relativ kleinen österreichischen HipHop-Szene zu veröffentlichen. Da der Andrang von Künstlern stetig größer wurde, kam man bald auf die Idee, einen Sampler zusammenzustellen der letztendlich den Namen "Das Gelbe Vom Ei" erhielt. Als die Resonanz auf "Das Gelbe Vom Ei" sehr positiv ausfiel und außerdem das BMG-Sublabel GiG-Records für den Vertrieb sorgte, entstand kurze Zeit darauf ein zweiter Teil auf dem auch diverse deutsche Künstler wie zum Beispiel die Absoluten Beginner gefeaturet wurden. Das Labelgeschäft nahm inzwischen allerdings zu viel Platz ein, um auch noch Zeit für Veranstaltungen zu haben. Da es aber gute Parties brauchte, schloß man sich schließlich mit einem Wiener Veranstalter zusammen, der schon seit längerem in diesem Bereich tätig war: Georg Schneider. Die kleinen Meinungsverschiedenheiten, die sich im Vorfeld ergaben, wurden bei dem einen oder anderen Bierchen beigelegt und so formatierte sich die Basis, aus der später die Boombap-Posse entstehen sollte.
Zusammen mit Schönheitsfehler, CM Sushi (DJ) , Üz (DJ & Produzent), Uli (Promoter, DDG-Chef und Schönheitsfehler Manager) und Georg veranstaltete man am 23.12.96 die erste Party und gab dem Event den Namen Boombap. Gemeinsam setzte man sich zum Ziel, deutschsprachigen HipHop in Österreichs Clubs zu bringen und den Künstlern Auftritte zu verschaffen. Boombap wurde zum Duck Squad -Trademark für Veranstaltungen, und man fing an, auch mit amerikanischen und deutschen Crews zusammenzuarbeiten. So kamen z.B. Dynamite Deluxe, F.A.B., Hausmarke und Dike zum ersten mal durch Boombap nach Österreich.

Inzwischen ist die 25. Boombap Party mit Eminem, High&Mighty und dem österreichischen Support Die Symbiose und Kamp (watch out for Tapes!) gelaufen, erste finanzielle Sturzflüge sind überstanden, und der Boombap Sampler "Teil 3 vom Ei" knüpft an die Erfolge seiner beiden Vorgänger an. Auch alte Duck Squad Veröffentlichungen sind wieder zu haben, und wer sie damals verpaßt hat, bekommt nun die Möglichkeit, Klassiker wie "Naturwaach" vom Dampfenden Ei oder die erste Texta EP "Geschmeidig" nachzukaufen.
Der HipHop-Hype hat auch von Österreich Besitz ergriffen, und abgesehen davon, daß die Crews nun national mehr Aufmerksamkeit bekommen, hat sich das Selbstverständnis der österreichischen HipHop-Szene gefestigt. Kein deutscher Abklatsch, sondern eigenständiger Charakter war und ist angesagt. Wer genau hinhört, kann den Unterschied zu deutschen Produktionen nicht leugnen. Die Zusammenarbeit mit der deutschen Szene allerdings liegt noch etwas im Ungleichgewicht. So holt Boombap zwar deutsche Crews nach Österreich, umgekehrt läuft es aber noch etwas lau. Vorwiegend sind es immer noch die Jungs und Mädels aus dem Süden, die enger mit den Österreichern zusammenarbeiten, allerdings bleibt auch hier zu hoffen, daß sich die Connections ausweiten. Wo früher auch des öfteren finanzielle Schwierigkeiten dem Projekt die Luft zu nehmen drohten, hat sich heute ein mehr oder weniger solider Grundstock entwickelt, von dem aus sich die Dinge gut handlen lassen. Klar, eine goldene Nase hat sich noch keiner von den Jungs verdient, und ein größerer finanzieller Spielraum könnte es wahrscheinlich immer sein, aber eines haben sich die Duck Squads mit Sicherheit verdient: Unseren geballten Respect. Und wenn der Name Boombap auch weiterhin für die kreative Quelle in Österreich steht, dann können wir mit Sicherheit noch mit einer ganzen Menge Output rechnen. So sind schon diverse Projekte in der Einflugschneise und spätestens nächstes Jahr darf man wohl mit neuen Ergebnissen aus der Soundmeisterei rechen. We stay tuned!

Apani B Fly Emcee

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Wenn eine Frau rappt, sind meistens alle Ohren extra scharf gespitzt. Ein Sonderstatus, den man leicht zu seinem Vorteil biegen kann. Nicht dass Apani B Fly Emcee das nötig hätte. Sie ist sowieso ein guter MC. Aber mit verstärkter Aufmerksamkeit lässt sich einiges leichter Erreichen, was für die breite MC-Schwemme so nicht funktionieren würde.

"Manchmal sind die Leute so überrascht, eine Frau reimen zu hören. Sie wollen dann hören, was du sagst, weil du eine Frau bist. Ab und zu frage ich mich, ob die Leute wirklich das mögen, was ich sage, oder die Tatsache, dass ich es bin, die das sagt. Weil insbesondere wenn man weg ist und die Leute nicht genau verstehen, was man sagt; wie zur Hölle können sie dann wissen, ob es gut ist."

In Europa verkauft sie allerdings, wie auch ihre Kollegen, mit denen sie gerade auf Tour war, Mr. Complex, Rubix, L-Fudge und DJ Crossfader, mehr Platten als in den USA. Aber selbst wenn die Zuhörer vielleicht nicht alle Lyrics begreifen, verstehen sie doch das Wichtigste, meint
Apani
: "HipHop ist eine visuelle Sache, wie grafische Musik. Die einzige universelle Sprache, die es gibt, ist Mathematik. Und Musik ist essentiell Mathe: Rhythmus, Zeit, Nummern." Apani wohnt im New Yorker Stadtteil Queens, ist 26 Jahre alt und rappt seit Teenagerzeiten. Sie hat in den letzten Jahren ein paar Maxis veröffentlicht, u.a. auf ihrem eigenen Label Q-Boro, und ist zusammen mit DJ Spinna, Mr. Complex und Shabaam Shadeeq Teil der Polyrhythm Addicts. Zudem kann sie auf Gastraps bei AntiPopConsortium, Pharaohe Monch und anderen zurückblicken. Bevor sie Vollzeit-MC wurde, hatte sie eine Radio-Sendung in New York und war Promoterin bei Loud Records. Apani hat einen klaren Plan von dem, was sie machen will. Den kann sie recht umfangreich mit einer Menge ausschweifenden Situationsanalysen in Worte fassen.Und da sie nicht männlich ist, ergibt es sich von selber, dass sie eine weibliche Perspektive mit ins Rapspiel bringt. Diese Position auszudrücken, war bei ihren ersten Liedern auch ihr Hauptanliegen. Aber eigentlich geht es ihr nicht darum.

"Da ich eine Frau bin, kann ich nicht anders als mich selber zu repräsentieren. Ich würde mir selber schaden, wenn ich meine Meinung nicht klarstellen würde. Musik soll sicherlich unterhaltend sein. Aber als Künstler befriedigt es meine Seele nicht, Musik zu machen, die eigentlich nur ’shake your ass to this‘ ist. Für mich ist Musik etwas anderes. Meine Musik ist irgendwie auch meine Therapie, ich muss Sachen, die ich denke oder fühle, aufschreiben." Dabei ist ihr wichtig, dass ihre Musik persönlich und nicht artifiziell ist. Viele MCs könnten ihrer Meinung nach einiges besser machen: "Viele Künstler machen jiggy Musik, aber haben keinen Soul dabei. Sie versuchen einfach, gut auf Tracks zu klingen. Du kannst es nicht fühlen und kriegst keine Gänsehaut davon. Man muß persönlich werden. Das fehlt den meisten Künstlern. Und insbesondere Frauen machen das nicht. Die machen Fantasie-Scheiß. Das, wovon sie denken, das Männer wollen, was sie sein sollen. Das ist voll unreal und falsch. Wir brauchen das ganze Gewand an Emotionen. Entweder sie sind zu ruhig, zu ruff oder zu sexy. Man braucht von allem etwas." Denn Musik sollte trotz mathematischer Struktur nicht zur Formel verkommen: "Man kann leicht die Formel-Musik machen, die Sorte Puffy-Mainstream Musik. Musik, die dazu konzeptioniert ist, die Leute zum Tanzen zu bringen. So könntest du viele Platten verkaufen. Aber wenn Du ein Künstler bist, und das Ganze längerfristig machen möchtest, musst du deine Musik besser kennenlernen. Du musst lernen, wie man Songs formatiert. Wie man die Struktur so verbessert, dass die Leute am Ende deines Verses nicht zu müde sind, um den Hook zu hören. Die Wörter so einfach zu halten, dass die Leute mitkommen, aber gleichzeitig nicht platt oder ignorant zu werden."

Auch über ihre Bühnenpräsenz hat sich Apani einen Plan gemacht:

"Wenn ich auf die Bühne komme, versuche ich, sie zu killen. Gerade wegen den ganzen Typen, die um mich rum sind. Wenn ich da rausgehe versuche ich, den ganzen Ort plattzukrümeln. Wenn man das Mikro nimmt, muss man vom ersten Wort an alle Wörter so rüberbringen, als wenn man an jede einzelne Silbe von dem, was man sagt, fest glaubt. Als ob es das Realste wäre, was es gerade gibt und jeder dir zuhören muss. Weil wenn man den Leuten nicht glaubhaft rüberkommt, werden sie sich fragen, wieso sie gerade dir zuhören sollen. Es gibt eine Million Rapper da draußen." Rap ist auch zielstrebiger Wettkampf: "Viele der Erfahrungen, die ich gemacht habe, resultieren daraus, dass ich das Erlebnis angestrebt habe. Rausgegangen bin und dem hinterhergerannt bin. Zu sehen: ‚Ich will das, ich werde es bekommen, wie kann ich das für mich hinbiegen.’Mein hauptsächliches Ziel ist es, wenn Gelegenheiten nicht auf mich zukommen, muss ich sie für mich selber kreieren. Und egal, ob männlich oder weiblich, wenn du diese Einstellung hast, wirst du weit kommen. Und du musst dran bleiben, es machen, nicht bloß darüber reden."

Weibliche Tricks helfen Apani ab und an dabei, Sachen zu erreichen.

"Ab und zu benutze ich meine Weiblichkeit. Kleine Sachen wie der Ton meiner Stimme, bestimmte Arten von Augenkontakt, Leute anzulächeln, ihnen manchmal einen kleinen Seitenblick geben, das mache ich, die niedliche Nummer. Aber nicht zu dem Punkt, wo ich so tue, als ob ich schwach wäre. Manchmal ist es aber besser, so zu spielen. Insbesondere, wenn du Hilfe brauchst oder etwas wissen willst. Das Größte, was mir jemals geholfen hat, ist Information. Information ist genauso gut wie Geld. Weil Information wird dir Geld beschaffen. Man muss einen bestimmten Vibe rüberbringen. Manchmal bin ich etwas extra-femininer, als ich es normalerweise sein würde. Weil gleichzeitig bin ich mit lauter Typen unterwegs und kann nicht die ganze Zeit straight girly sein. Manchmal muss ich so "What the fuck" sein, weil sie sind halt Typen. Muss halt manchmal einer der Typen sein, aber nicht zu sehr, weil ich will nicht, dass da etwas verwechselt wird. Ich bin eine Frau, aber ich bin kein Sucker. Und ich hänge zwar mit Kerlen ab, aber ich bin keiner. Immer die feine Linie langlaufen." Und so kam sie zum Rappen: "Ich war wahrscheinlich vom ganzen Konzept von Hip Hop inspiriert. Ich habe immer Artikel, Geschichten, Poesie und so geschrieben. Also war es wohl so etwas wie eine natürliche Weiterentwicklung. Ich habe verschiedene Instrumente gelernt, Schlagzeug, Gitarre, Klarinette und so. Eigentlich wollte ich Journalistin werden, ein Schreiber sein. Meine Eltern haben mich immer dazu ermutigt, kreativ zu sein. Sie haben mich in dem, was ich gerne gemacht habe, wie malen oder schreiben, unterstützt. Sie haben mir beigebracht, ein Denker und ein Macher zu sein, das hat mich beeinflusst, ein Künstler zu werden." 

Momentan baut sich Apani ein Studio auf und bastelt an einem Album und an einem Kochbuch.

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