Rano

Mit Rano: „Ihr wisst nicht, was Beef ist“ hat einer der ersten Künstler, die auf dem neuen Kölner Label Overstolz gesignt sind, vor Basti und mir in der rap .de-Redaktionslounge Platz genommen. Mitgebracht hat er Vinyl des Chestnut vs. flowinImmO -Releases „Madshit“ (Overstolz OV 003) sowie natürlich ein paar Kopien seiner eigenen Veröffentlichung, die den Titel „Schwarzes Gold“ (OV 002 – Vertrieb jeweils über EFA) trägt. Danach befragt, wie er bei Overstolz gelandet ist, erklärt er:
Mark (Gründer und Labelchef von Overstolz – Anm. d. Red.) hatte ich kennengelernt, als ich noch mit Akim Walta und MZEE zu tun hatte. Akim hat dann leider vergessen, dass er noch einen Artist hat, und irgendwann hat Mark bei MZEE angefangen und dann dort ein Demotape von mir in die Finger bekommen, das ihn wohl so geflasht hat, dass er mich anrief. Als ich hörte, dass er ein neuer Mitarbeiter von MZEE ist, war ich erst mal angepisst, weil ich auf die nicht mehr gut zu sprechen bin. Wir haben uns dann aber trotzdem öfter getroffen und gemeinsam fernab von diesem ganzen Unterschreiben-Scheiß gechillt. Mittlerweile verbindet uns auch mehr das Persönliche als der Businesskram.“ Nach diesen eher kritischen Worten in Richtung MZEE drängt sich natürlich die Frage auf, weshalb Rano dort überhaupt landete, woraufhin er äußert:
„Mitte der 90er hatte ich halt MC René als Vorbild, den ich auch bei Live-Auftritten unterstützt habe. Deshalb war MZEE damals auch etwas, was ich nice fand. Zuerst war ich dort auch nur im Verlag, aber dann wäre es beinahe so weit gekommen, dass ich noch ´nen Management-Vertrag unterschrieben hätte, was aber nicht meine Schiene war, nachdem ich gemerkt hatte, was das für Verträge sind“.  Sein Verhältnis zu MC René scheint auch abgekühlt, was aber wohl eher mit Differenzen auf künstlerischer Ebene zusammenhängt: „Ich habe ihm eben gesagt, was ich von dem halte, was er jetzt macht, und ich denke, dass er etwas geknickt ist. Das spiegelt sich dann auch wider, wenn man sich trifft – es beschränkt sich mehr auf Händeshaken und dieses Low-Budget-Gespräch.“ Rano kommt ursprünglich aus Osnabrück, von wo er mit 17 Jahren weggezogen ist. „Ich habe die Schule nicht fertig gemacht, ich bin in der siebten Klasse abgegangen, weil ich einfach ein bisschen zu faul gewesen bin. Ich bin dann nur noch auf Jams gefahren, habe gechillt und den Schulkram hinter mir gelassen.“ Wenn man diesen äußerst sympathisch und intelligent wirkenden Typen erlebt, der auf reichlich eloquente Art in beinahe astreinem Hochdeutsch aus seinem Leben erzählt, kann man weder verstehen, dass er noch zwei Jahre vor dem Hauptschulabschluss ist, noch würde man annehmen, dass er eins von seinen 23 Lebensjahren hinter Gittern verbracht hat: „Ich bin von Osnabrück nach Köln gezogen, wo ich dann für ein halbes Jahr war und ein paar Sachen mit René gemacht habe. Dann lief ein bisschen was schief, und ich war dann für 12 Monate drin“. Seinen Zivildienst hat er dann in Hannover gemacht, wo er insgesamt zweieinhalb Jahre gelebt hat.

  Aus Hannover („Hannover-Bimmerode, bloß Bimmerode nicht vergessen“ meint Rano schmunzelnd) kommt auch sein DJ – DJ Amir -, den Rano aber schon vorher von dessen Mixtapes kannte: „Er ist ein extrem sympathischer Typ, und ich kenne eigentlich niemandem, der mit ihm nicht klar kommt. Ich fand seine Scratches immer sehr cool, und als ich ihn das erste Mal sah, hab´ ich ihm dann gesagt, dass ich auch seine Tapes mag. Er wohnt jetzt in Dortmund, macht da auch ein bisschen was mit dem Langen und versorgt alle möglichen Leute mit Cuts – für den Sputnik macht er z.B. Cuts, für mich, für den Langen usw. …“ Mit der Produktion der „Schwarzes Gold“-EP begann Rano, der mit bürgerlichem Namen übrigens Rachid Naouar heißt, im März dieses Jahres. Offensichtlich lief die Aufnahmephase jedoch mit Hindernissen an: „Angefangen haben wir mit ´Ihr wisst nicht, was Beef ist´, und dann gab es noch einen zweiten Track – es sollte ursprünglich nur eine normale 12-Inch werden. Nach ´ner Woche haben wir die Dinger wieder gelöscht, weil ich nicht mehr gekickt war. Zwei Monaten später hatten wir dann aber neue Beats für die Stücke, und da hat es mir dann wieder gefallen.“ Die EP beinhaltet ausschließlich Battle-Tracks und soll als Statement Rachids zur aktuellen Situation des deutschen HipHop verstanden werden. „Es gibt auf jeden Fall auch coole deutsche Sachen,“ , meint er, „es ist nicht so, dass alles scheiße ist, sonst müsste ich ja sagen, dass mein Kram auch scheiße ist…“ „Taktloss sagt das ja…“, erwidert Basti grinsend.
Rano: „Es gibt eben viele Sachen, mit denen ich mich einfach nicht identifizieren kann – es gibt viel deutschen Rap, der mir nichts sagt. Mich interessiert es z.B. nicht, ob irgendein Typ wegen Kiffen vergesslich ist, und mich interessiert es auch nicht, ob irgendein Typ 20 Kilo Weed am Tag raucht. Wenn ich Freundeskreis höre – das ist jetzt vielleicht ein komisches Beispiel, aber die haben einfach coole Themen. Wenn die erzählen, dass sie auf dem Spielplatz waren, wo Spritzen rumgelegen haben – das hab ich halt auch erlebt. Andere Sachen kann ich dann wieder nicht nachvollziehen – was hat z.B. Phillie mit Rap zu tun? Ich weiß gar nicht, ob der überhaupt schon mal auf ´ner Jam war. Und solche Leute überwiegen im deutschen Rap, was halt nicht mein Ding ist.“ Der Sound seiner EP ist verhältnismäßig nüchtern – von zu viel „Geklapper“ hält Rano wenig:
„Das fand ich an Savas sehr cool, dass die ersten Sachen – ey Mann, Alder, hör dir mal an, wie dreckig die Beats klingen. Das sind halt Vibes, die ich fühle – da geht es dann nicht darum ´Oh Gott, das ist nicht ausproduziert…´, da geb ich einen Scheiß drauf. Es muss vom Gesamtbild her cool sein. Für meine EP brauchte ich einfach trockene Sachen, und die haben Playmo und ich dann zusammengeschustert. Ich stehe schon auf Samples, aber nicht darauf, dass dann da 20 Samples kombiniert werden und anschließend die Samples oder der Beat die Lyrics unterdrücken.“
Bekanntlich ist Rano auch Mitglied des „Stammtischs“, dessen Logo nun auch wieder auf dem Vinyl der EP auftaucht. Zwischenzeitlich scheint es kleinere Spannungen gegeben zu haben, die nun aber überstanden sind: „Stammtisch gibt es noch. Auf der Maxi, die Spontan gedroppt hat und auf der auch ein Stammtisch-Track drauf ist, auf dem man mich nicht hört… da ist halt was schief gelaufen, womit ich nicht klar kam und weshalb ich gesagt habe ´Zieht es alleine durch´. Jetzt sind die Fronten aber wieder geklärt, und die Vibes stimmen alle. Wir hooken uns nun auch wieder gegenseitig. Auf dem Album wird es auch auf jeden Fall einen Track mit den Jungs geben.“ Das angesprochene Album auf Overstolz ist vorerst für Mitte Oktober nächsten Jahres geplant. Die Hälfte der Tracks dazu soll bereits im Kasten sein, und es wird wohl auch einen geben, in dem sich Rano mit seiner „Knastphase“ auseinandersetzt, wie er sie nennt. „Die LP soll tiefgründiger werden, vom Sound her wohl nicht richtig anders, auch wenn es ein paar Beats mit etwas mehr Samples und kleineren Melodien geben könnte“ , erzählt er gegen Ende des Interviews. Über Liveauftritte konnte Rachid zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch nicht viel sagen, weil man offensichtlich noch auf der Suche nach einer passenden Bookingagentur ist.