Deichkind

Man nehme drei ambitionierte Köche (Malte, Buddy und Philipp), schicke sie in ein schalldichtes Kochstudio in Hamburg-Bergedorf und verschließe die Tür. Was dabei herauskommt, ist der erste Gang eines garantiert fetten Fischgerichts, das jeden Smutje vor Neid erblassen läßt. "Kabeljau Inferno" heißt die erlesene Kreation, und stillt als Amuse Geulle den Hunger bis nächstes Frühjahr, wo dann der Hauptgang serviert wird, dessen Fertigstellung nun einmal seine Zeit braucht. Gut Ding usw… Aber macht nichts, denn bekanntlich erhöht Vorfreude den Hunger, und bis es soweit ist, knabbern wir vergnügt die ersten Kabeljau-Happen und lauschen den Gesprächen der Köche Malte und Buddy, die wir unerwartet aufzeichnen konnten.
Wie lange gibt es Euch denn nun schon, und wie waren die berühmten Anfänge?
Malte: "Uns gibt´s jetzt schon über zwei Jahre in dieser Formation. Früher waren wir in einer richtigen "Liveband", wo wir mehr Jazz und Rare- Groove gemacht haben, dann wurden wir irgendwann zu Deichkind. So, wie wir´s jetzt immer noch sind. Aber wir wollen auch wieder mit richtiger Band autreten. Wenn die Aufnahmen durch sind, wollen wir das Ganze mit acht Leuten auf der Bühne umsetzen."
Nehmt ihr denn im Studio auch viel mit Live- Instrumenten auf?
Buddy: "Malte spielt sehr viele Instrumente, und die spielt er auch selber ein, aber der Hauptteil entsteht schon am Computer."
Und wie hat sich das von der Liveband am Anfang hinentwickelt zum HipHop?
Buddy: "Ich spiele Percussion und lege nebenbei auf. Da lege ich dann zwar hauptsächlich Funk und Rare-Groove Scheiben auf, die mich mit den Beats und Samples auch mehr ansprechen, aber seit über acht Jahren höre und spiele ich HipHop, früher auch schon in anderen Bands. Das war damals aber noch eine andere Szene, ein anderer Style. Es war ziemlich undergroundig, Hardcore-HipHop z.B. aus London, Silvah Bullet und die ganze Fraktion. Dann kam so die Reggae/Ragga-Zeit, dann kam wieder mehr die Rare Groove-Schiene – tja, und dann habe ich angefangen, mit den Jungs zu spielen."
Malte: "Als Buddy und ich das erste Mal zusammen auf der Bühne standen, wurden wir mit Tomaten beschmissen. Das war auf ´ner HipHop Jam in den Docks. Da bin ich frustriert nach Hause gefahren, und hatte keinen Bock mehr auf HipHop."
Buddy: "Das ist inzwischen schon angenehmer, publikumsmäßig. Nicht mehr nur die Reggae-Penner und Klischeekiddies, die dann auf den Agro-Film kommen."
Der Anspruch an die Musik ist schon gestiegen. Ihr wart ja auch in Chemnitz auf dem Splash-Festival…
Buddy: "…im Osten sind die Leute viel herzlicher geworden, es macht inzwischen mehr Spaß dort zu spielen."
Malte: "Wir haben mal in so´ner Disse gespielt, mit Lichtorgel und so, Leuchtfußboden… Wir haben unser Set das erste Mal durchgespielt, da saßen alle so auf den Stufen und haben uns beobachtet, aber niemand hat reagiert. Dann haben wir das Set nochmal gespielt, und plötzlich sind die Leute auf die Bühne gekommen und haben getanzt."
Habt ihr oft das Gefühl, daß die Message nicht ankommt?

Malte: "Das ist ganz furchtbar zum Teil. Wir haben mal in einer Großraumdiskothek in Saarbrücken gespielt. Wir sind auf die Bühne gegangen, und es haben uns Leute angeschaut, die mit uns rein garnix anfangen konnten. Das war ein Publikum, das DMX und den ganzen Kram gehört hat, und dazu voll abgegangen ist. Und… es war furchtbar."
Der harte Weg zum Erfolg führt ja auch oft über´s Arbeitsamt, wie wir auf eurer Maxi hören ist. (Leider nur auf der CD-Version, Anm. d. Red.) Wie ist eure Situation momentan?
Buddy: "Voll eingespannt mit Aufnahmen."
Malte: "Also ich war neulich auf´m Arbeitsamt, aber ich glaube…(grinst)…ich habe doch keinen Bock auf das alles…" (Gelächter)
Ihr seid also voll und ganz Deichkind?
Malte: "Ich bin vor allem auch Vater! Nix mit Party hier und abhängen! Ich glaube aber grundsätzlich schon, daß es inspirierend ist, nebenbei was anderes als Musik zu machen. Gerade wenn man durch so ein steiniges Gelände wie die Musikbranche muß."
War es denn steinig für euch bisher?
Buddy: "Steinig und vor allem langwierig. Mit der ganzen Umsetzung."
Malte: "Und die ganzen Gigs, das war auf jeden Fall steinig. Also die ersten Gigs waren sooo steinig…" (Gelächter)
Buddy: "Da sind wir durch den Süden gerockt, jedes Wochenende…"
Malte: "…haben auf Hundematten gepennt und Korn getrunken um einzuschlafen!"
Und jetzt mit dem Vertrag bei Showdown, wo auch das Album in der Mache ist, habt ihr da das Gefühl, daß es anspannungsmäßig leichter wird für euch, oder ist jetzt im Gegenteil eher mehr Druck da?
Buddy: "Leichter Druck ist da schon noch da. Man sitzt halt jeden Tag vor´m Computer oder Notizblock. Es ist nicht immer einfach, aber es ist auch gut, mal diesen Druck zu spüren. Die letzten 2 Jahre haben wir immer eher so nach Lust und Laune produziert, und wenn wir was hatten, na ja, dann haben wir eben mal geschaut…"
Malte: "Also ich fühle mich wesentlich besser als früher, obwohl ich viel mehr Stress habe."
Buddy: "Es ist einfach ein leichter Leistungsdruck, aber es ist okay!"
Habt ihr jetzt für das Album schon einen Plan, mit wem ihr was machen wollt? Remixe oder so?
Buddy: "Ja! Mit Doppelkopf haben wir was gemacht, vielleicht mit Dendemann, den haben wir gerade kennengelernt. Oder mit Ferris MC, man weiß es nicht. Der ist ja auch gerade dabei, seine LP aufzunehmen, aber da ergibt sich schon öfter was, die große Connection ist ja soweit da."
Inwieweit seid ihr denn mit Hamburg verwoben? Eimsbush, Mongoclikke?
Buddy: "Wir kennen alle vom Sehen, von Parties und zum Teil noch von früher. Man trifft sich und so, aber wir haben noch nichts mit ihnen produziert. Es ist aber auch kein Konkurrenz-Battle oder so. Mr. Schnabel ist eher mit den Eimsbush-Leuten unterwegs, ist öfters im Studio bei den Jungs draußen und macht auch Sachen mit ihnen, aber unsere Family sind eher die BoogiePark-Leute. Das Studio und die ganzen Leute drumrum."

Fazit: Egal, welche Family, Deichkind rockt das Haus auf jeden Fall bestens, und wenn die kommende LP hält, was "Kabeljau Inferno" verspricht, gibt es mit Sicherheit ein neues Highight am nordischen HipHop- Himmel. Denn was braucht es für ein gutes Gericht mehr, als die perfekten Zutaten, und Deichkind liefern diese mit Sicherheit. Also Fast-Food in den Mülleimer befördern, Rucolabouquets bei den Lifestyle-Homies abladen und selber reinbeißen in den dicken Fisch, den uns Deichkind liefert. Kabeljau Deluxe!