Kaum ein anderes Musikgenre befindet sich in einer ähnlich langanhaltenden und kontroversen Debatte um Sexismus und Geschlechterrollen. Dass Frauen im Deutschrap unterrepräsentiert sind, ist und bleibt kein Geheimnis. Dennoch feiern zur Zeit vermehrt auch Rapperinnen große Erfolge. Im dritten Teil der Artikelreihe schauen wir auf weitere Pionierinnen, die das Rapgame aufgemischt haben.
She-Raw
Als Tochter eines Amerikaners und einer deutschen Soul-Sängerin wurde Amanda Murray Musik praktisch in die Wiege gelegt. Sie wurde 1983 geboren, ist in Westberlin aufgewachsen und begann im Jugendalter mit dem Schreiben von überwiegend englischen Texten.
Der Name She-Raw stammt vom Charakter der Princess of Power aus dem Comic „Masters of the Universe“. Sie machte sich einen Namen im Berliner Untergrund, plötzlich wollte jeder mit ihr Musik machen. Unter anderem war sie mit Silla, King Orgasmus One oder Bass Sultan Hengzt auf Songs zu hören. Für einige war sie zu dieser Zeit die einzige Frau, die wirklich rappen kann – sie wurde in der Szene akzeptiert. Wie sie bei einem Interview verrät, hat das Geschlecht bei ihrer Musik nie eine Rolle gespielt: „Wenn du Talent hast, ist es egal, welches Geschlecht du hast. Dann bist du einfach nur Rapper.“
2005 veröffentlichte sie ihr erstes, eigenes Album namens „Beauty and the Beats“ und noch im selben Jahr mit Serk und Amun das Album „41 Karat“. Zusammen mit den beiden spielte sie in der deutschen HipHop Doku-Soap „Unser Block“ mit, die sie bei der Entstehung des Albums begleitete. Es ergeben sich zudem einzigartige Chancen – sie eröffnet Shows von Kanye West und LL Cool J.
Die Berlinerin macht daraufhin eine Ausbildung beim Radio und arbeitet in den folgenden Jahren als Moderatorin. Doch 2014 traf sie dabei auf Sido, bei dessen Tour sie als Background-Sängerin auftrat, und dadurch wiederum auf Mark Forster, der schließlich ihr Mentor wird. Der nächste Wendepunkt in ihrem Leben: Den Job beim Radio hängt sie an den Nagel und entscheidet sich diesmal fürs Singen.
Sie verabschiedete sich von ihrem Künstlernamen, tritt seitdem unter ihrem echten Namen Amanda auf und schreibt ihre Texte auf Deutsch. Genauso wenig, wie sie sich hinter einem Künstlernamen verstecken möchte, will sie das hinter einer anderen Sprache. Sie wurde zwar für ihre Skills und ihren Flow gelobt, ihre englischen Texte habe man aber häufig nicht verstanden. Außerdem wählte Amanda die englische Sprache auch deshalb, da sie Angst hatte, zu sehr anderen Rappern zu ähneln. Das wollte sie mit ihrem neuen Soloprojekt ändern – sie hat sich selbst gewissermaßen gefunden und legte Unsicherheiten ab.
2017 veröffentlichte sie ihr Album „Karussell“ bei Four Music. Auf She-Raw blickt sie positiv zurück, sie wäre zwar eine kleine „Ghetto-Zicke“ gewesen, davon ist aber nicht mehr viel übrig. Die Rapperin bleibt zwar immer ein Teil von ihr, mittlerweile ist sie aber erwachsener geworden und kann nicht immer „ficken“ sagen. „Blau“ feat. Sido war dann ihr erster großer Hit als Sängerin.