Rapper im Fernsehen: Klischees, Provokation & Toleranz

Seit jeher müssen sich Rapper gegenüber den Medien rechtfertigen. Klischees, dass Deutschrap frauenverachtend, schwulenfeindlich und gewalttätig sei, nervige Diskussionen in Talkshows mit Rappern über die immer wiederkehrenden selben Themen – und eben auch Reportagen im Fernsehen über Deutschrap, Rapper, ihre Kollegen, ihre Geschäftspartner, ihre Vergangenheit, ihr Umfeld. Dank YouTube findet man im Internet seit den frühen Zweitausendern unzählige Reportagen und Dokumentationen über Bushido, Sido, Haftbefehl und Co. Es ist an der Zeit, einen Blick auf die Entwicklung der Berichterstattung dieser Reportagen von diverser Medien zu werfen. Hat sich der Blickwinkel geändert? Oder sind Deutschrapper nach wie vor Exoten für die deutsche Medienlandschaft?

Aggro Berlin Reportage – Arte, 2003

Schon das Intro der Tracks-Reportage bringt die damals weitverbreitete Einstellung Deutschrap gegenüber auf den Punkt: „Kein Job, keine Chance, keine Hoffnung. So sieht sie aus – die Zielgruppe des neuen derben HipHops“. Von Anfang an ist klar, dass es hier weder darum geht, Aggro Berlin dem Fernsehpublikum vorzustellen, noch darum, Bushido und Sido die Möglichkeit zu geben, sich gegen die Vorwürfe zu wehren.

Zwar darf Sido selbst zu Wort kommen und erklärt, dass er tatsächlich sexistisch sein könnte, wenn er es wolle, jedoch seine frauenverachtenden Aussagen nur der Unterhaltung dienen. Darauf wird aber nicht weiter eingegangen, stattdessen unterstellt man ihm: „Geld braucht auch Aggro Berlin Rapper Sido. Doch der will es sich mit Gewalt verdienen“.

Fraglich, was damit ausgesagt werden soll. Klar, in Sidos langjähriger Karriere gab es hin und wieder Skandale beziehungsweise (angebliche) Gewaltdelikte, wenn man aber bedenkt, dass damals das Musikmachen für Sido selbst als einziger Ausweg und die Chance auf ein besseres Leben schien, macht diese Unterstellung wenig Sinn.

Dass Rap oftmals hart und schmutzig ist, steht außer Frage. Dass einige Rapper eine kriminelle Vergangenheit mit sich bringen auch. Aber Rapper – egal welcher Art, egal wie sexistisch, egal wie kriminell – grundsätzlich negativ darzustellen, ist definitiv der falsche Ansatz. Insbesondere bei Rappern wie Bushido oder Sido bietet es sich umso mehr an, Hintergründe zu beleuchten, nach Motiven zu forschen oder auf Augenhöhe zu diskutieren.

Ob das Diskutieren zur damaligen Zeit mit den Aggro Berlin Rappern geklappt hätte, ist eine andere Frage, aber anscheinend lag dies sowieso nicht im Interesse der Redakteure. Bushido und Sido wird keinerlei Raum gegeben, um sich für irgendwelche Vorwürfe zu rechtfertigen, stattdessen wird lediglich die persönliche Meinung der Macher gegenüber den Rappern kundgetan.