Ich glaube, ich bin den fünf Leuten, die diese Kolumne überhaupt verfolgen, eine Entschuldigung schuldig. Die Rückblicke lagen eine Weile brach, aber keine Sorge: The Subjektivität must go on. Diese Woche ist eine gute Wahl, um wieder einzusteigen, auch wenn es für mich einiges nachzuholen gibt – die letzten vier Tage war ich unterwegs. Donnerstag bei der Filmpremiere von Backspin und Porsche in Stuttgart, danach noch privat in München.
Bis eben galt es also, Hausaufgaben zu machen und das Verpasste aufzuarbeiten. Thema Nummer eins ist dabei wohl der Echo. Deutschlands renommiertester Musikpreis in Sachen Reichweite und Peinlichkeit. Vor allem letzteres spielt dabei für mich eine Rolle: Die Diskussion um Farid Bangs geschmacklose Auschwitz-Zeile ebbt nicht ab. Irgendwie ringe ich bei derartigen Themen immer ein bisschen mit meiner eigenen Zwiespältigkeit: Wenn Pseudo-Punk-Mumie Campino plötzlich wie ein referierender Drittklässler harsche Kritik von seinem Notizzettel abliest, dann finde ich das peinlich. Überhaupt hat der doch gar nix damit zu tun, will sicherlich nur etwas Promo mitnehmen und der versteht Rap ja sowieso nicht. Andererseits macht er sich halt gerade und übt die zuweilen auch notwendige Kritik.
Ich selber bin auch dauernd am kritisieren und will Missstände aufzeigen, Diskurs anregen. Warum fuckt es mich bei Campino plötzlich ab? Vielleicht weil es um die einzelne Zeile geht. Die ist zwar geschmacklos und im publikträchtigen Rahmen einer kindischen Wette entstanden, spielt aber lediglich mit der Grenzüberschreitung. Ein antisemitisches Statement stellt sie in meinen Augen nicht dar. Über die Zeile zu diskutieren vereinfacht den Sachverhalt enorm. Dabei ist es eher Farids bessere Hälfte, über die es zu diskutieren gilt – Songs wie „Apokalypse“ haben da deutlich mehr antisemitische Züge, wenn auch eher zwischen den Zeilen.
Als der Song erschien, ist es mir nicht einmal aufgefallen – das musste mir erst eine WDR Doku über genau dieses Thema vorkauen. Dass Antisemitismus leider auch in unserem eigentlich so weltoffenen Lieblingsgenre eine große Rolle spielt, war mir aber schon lange schmerzlich bewusst. Und mit diesem Verweis auf meine Kolumne „Skinnys Abrechnung #18: Antisemitismus im Rap“ von 2015 beenden wir das Thema für heute vorerst. Auf den kompletten Themenkomplex einzugehen und Kollegahs merkwürdigen, megalomanischen Wahn zu besprechen, bedürfte eines eigenen, weit umfangreicheren Artikels.
Es passierte schließlich noch so viel mehr: Etwa eine Razzia bei den 187-Mitgliedern Maxwell und Sa4. Ausgehend von den Informationen und Videos, die mir zugänglich waren, sieht das doch alles sehr nach Schikane aus. Dass das Posen mit Drogen und Waffen in Videos und sozialen Medien gerne Konsequenzen nach sich zieht, ist ja nichts neues. Aber Maxwells Wohnung während dessen Abwesenheit zu durchsuchen, nichts zu finden, den dann ankommenden Maxwell, der ganz offensichtlich kooperiert und keinerlei Widerstand leistet, derart aggressiv zu fixieren, nur um die ohnehin schon zerlegte Bude nochmal auf den Kopf zu stellen, scheint mir nicht sonderlich zielführend zu sein. Nun aber genug von all den madigen Themen, wenden wir uns erfreulicheren Dingen zu.
Es gab Albumankündigungen von Nazar und Bushido. Auf beide freue ich mich sehr. Nazars letztes Album „Irreversibel“ von 2016 gefiel mir wirklich gut, die gesamte Präsentation war beeindruckend rund, ich hoffe also, dass er daran anknüpft. Bushidos düsteres Artwork, das mich etwas an „7“, eines meiner Lieblingsalben von Bushido, erinnert, scheint schon vielversprechend. Ich hoffe sehr, dass Bushido sich auf „XX“ ausschließlich als übellaunigen Pöbler gibt – denn so gefällt er mir am besten.
Passend zum Stichwort: Sein Protegee Samra hat das erste Video unter Bushidos Stern veröffentlicht. Für „Rohdiamant“ hat Bu wieder im Produzentensessel Platz genommen und lässt seine charakteristische CCN-Handschrift durchscheinen. Samras verbissener Vortrag passt da hervorragend. Das scheint wirklich vielversprechend zu werden.
Auch Haze‘ Beitrag zum Rap x Falco Sampler kommt richtig gut. Die verwaschenen Gitarren von „No Time for Revolution“ sind die perfekte Grundlage für einen sturen Dannemann-Loop, zu dem auch Enaka seinen Beitrag geleistet hat. Richtig gutes Ding!
Auch Marsimoto lässt sich wieder blicken. Was ich davon halte, kann ich noch nicht genau sagen. Marsi-Projekte fühlen sich für mich immer erst als Album richtig gut an, Singles funktionieren da in meinen Ohren nicht wirklich. Aber das hat nichts mit der Qualität zu tun, sondern liegt einfach in der Natur der Sache.
Auf jedes Video einzugehen, würde hier nun vollkommen den Rahmen sprengen, deswegen rate ich bei Interesse dazu, einfach mal die rap.de Mainpage durchzuscrollen. Abschließend will ich nur noch kurz anreißen, wie enttäuscht ich von Ufo361′ Album „808“ bin. Eine derart langweilige, selbstmitleidige und oberflächliche Phrasendrescherei hatte ich trotz meiner Skepsis nicht erwartet. Ausführlicheres gibt’s dann wie immer in der Review.
Also dann: Adieu!