Warum Party und Leid zwei Seiten der gleichen Medaille sind
Nehmen wir das Beispiel Rin. Kaum ein anderer Rapper sorgte Anfang 2017 für so viel Welle. Und natürlich spaltete auch Rin die Gemüter und dabei nicht nur die der Befürworter. Auch die Kritiker wussten – und Ähnliches schrieben sie übrigens auch nicht selten Rin selbst zu – oftmals nicht, wo ihnen der Kopf stand:
Sollten sie nun den lockeren Umgang mit Geld und Drogen kritisieren, die absolute Versteifung auf profanste und vermeintlich oberflächlichste Probleme, wie dem Krachen des Handybildschirms und schlechtem Empfang, die Vermittlung falscher Werte, wie der Essentialität bestimmter Markenprodukte oder sollten sie die mangelnde Technik ankreiden, die oft falsche Grammatik, die schwachen Silben?
In der Wochenzeitung Die Zeit war nach dem Erscheinen von Rins „Eros“ die Rede von „Vertontem Volksschmerz“ und davon, dass er sich ins Emotionale reinsteigere. Liest man diesen und ähnliche Kommentare nicht etwa als Kritik und bildet man sich ein Bild von dessen, was Rin verkörpert und vermittelt, so kann er als Künstler (und Kunstfigur) gleichzeitig auch als Symptom einer Generation oder eines Zeitgeistes betrachtet werden.
Abseits der Musik, die jeder hören kann, der will, aber die niemand hören muss, bilden zeitweilige Erscheinungen wie der Drang ständig Party zu machen und ein gleichzeitiges Leiden an den Umständen, die diesen Drang hervorrufen, in Künstlern wie Rin nämlich eine Einheit – sie sind zwei Seiten der gleichen Medaille.
Deutscher Rap wird damit also, selbst bei Künstlern, denen man zunächst Oberflächlichkeit attestieren möchte, in jedem Fall zum Spiegel der Gesellschaft. Wichtig ist nur, dass die Auseinandersetzung damit differenzierter stattfindet. Statt Künstler ändern zu wollen, gilt es vielleicht eher, die Unterstützer und Hörer dieser Künstler aufzuklären, breiter zu informieren, ihr Urteilsvermögen zu schärfen und ihre Toleranz zu vergrößern. Wie genau das funktionieren kann und sollte, ist wieder ein anderes Thema. Über was sich allerdings niemand Sorgen machen sollte, ist die Zukunft von Rap.