rap. de: Es gibt ja gerade im längst totgesagten Street-Rap einige interessante Newcomer. Was hältst du von der aktuellen Entwicklung?
Massiv: Für mich sind immer nur die Alphatiere interessant. Wenn Haftbefehl ein Album rausbringt, höre ich mir das an, feier das, coole Sache und gebe dem dafür auch Props. Aber alles, was außenrum so passiert, wer den Glanz von ihm abbekommen und daraus seinen Nutzen ziehen will, interessiert mich nicht mehr so krass. Mich interessiert nur, was das Alphatier herausbringt. Bei Ersguterjunge war es Bushido, bei Aggro war es Sido, bei den Azzlacks ist es Haftbefehl und wenn ich an German Dream denke, dann sehe ich Farid Bang. Nur das Original ist interessant. Als ich zum Beispiel rausgekommen bin, hat jeder Türsteher versucht zu rappen und jeder hat versucht, noch brutaler zu rappen, noch breiter zu sein als ich. Hat aber niemanden interessiert. Nur der, der als erstes kommt und ein Thema auf eine Art und Weise aufschlägt, die es vorher noch nicht gab, ist interessant. Alles, was danach kommt, hat es richtig schwer. Der Kuchen war schon aufgeteilt, bevor wir kamen, deswegen machen nur wenig Leute viel Geld mit HipHop, dann gibt es Leute, die machen mittelmäßig Geld und leben gut davon. Das ist auch eine gute Sache. Und dann gibt es noch Leute, die überhaupt kein Geld damit machen und für die ist es besser, wenn sie es nur nebenbei machen, neben ihrem Studium.
rap. de: Wo siehst du dich denn in dieser Aufstellung? Willst du so viel Geld verdienen,wie etwa Sido?
Massiv: Wollen ja, aber ich denke, dass meine Stärken auch woanders liegen, zum Beispiel, mit meinem Geld ein Café aufzumachen. Und nebenbei trotzdem Musik zu machen, weil mein Herz voll krass für HipHop schlägt und ich ohne HipHop gar nicht mehr kann. Und wenn ich nicht so einer bin, der sich jeden Tag eine Rolex kaufen muss, weil ich keine Ego-Probleme habe, dann ist das doch cool.
rap. de: Du hast es im Vorgespräch schon gesagt, dass es dir wichtig ist, aus jedem Song einen Film zu machen. Du siehst dich schon ganz klar vor allem als Entertainer?
Massiv: Ja. Wenn ich in einem Interview sitze, bin ich immer ein bisschen angespannt. Ich weiß nicht, woher das kommt, aber ich glaube, es ist nicht so mein Ding. Mein Ding ist es, wenn die Kamera beim Videodreh an ist, am Set bin ich ein anderer Mensch, das ist der wahre Massiv. Ich versuche immer, die Leute mitzureißen. Bodenständig zu sein und aufzupassen, was man sagt, darauf habe ich in Videoclips gar keinen Bock. Ich will jetzt nicht wie Rammstein nackt an einer Leine rumgeführt werden, aber ich möchte schon schockieren. Wer Action liebt, der sollte meine Musik hören und wer es hatet, soll dann aber nicht ins Kino gehen und “Saw 5“ gucken. Nur, wenn du Vision und Fiktion in deine Texte reinbringst, kannst du ein großer Künstler werden. Umso größer der Künstler denkt, umso größer kann er werden. Ich will ja in diesen Moment nicht so krass ernst genommen werden, dass ich der krasse Waffenlieferant bin oder so. Ich habe einfach einen geilen Beat und will nur die Hütte abreißen, jetzt lass mal die Mütter ficken. Einfach aggressiv sein, einfach meine eigene Schiene fahren. Man muss wirklich ein extra Dorf bauen für die ganzen Hater. Absolut nichts gegen Prinz Pi und Casper, das sind Hammerkünstler, aber wenn ihr es wirklich nur so bodenständig wie möglich haben wollt, dann zieht euch diese Platten rein und hört auf, mir Klicks zu schenken während ihr mich hatet. Ich habe eine Line auf meinem Album: “Ihr klickt gefällt mir um bei mir zu haten“. Woher nehmen die nur diese Zeit? Internet hin und her, aber geh doch lieber eine Bank ausrauben und setz dich in den Knast, dann hast du eine fifty-fifty Chance, dass du eventuell Millionär wirst (lacht).
rap.de: Wir haben in der Redaktion ja die etwa zwanzigseitige Begründung der BPjM zur Indizierung von "Blut gegen Blut 2“ gelesen. Da stand unter anderem drin, dass sie sich nicht sicher waren, ob deine Texte eigentlich ernst gemeint sind oder nicht eine comicartige Übertreibung vorliegt, fast schon eine Persiflage auf Gangsta Rap. Findest du dich in dieser Beschreibung wieder?
Massiv: Das hat mir Spaiche auch gesagt, er hat sich das auch durchgelesen. Anscheinend sind meine Texte so krass für die, dass die gar nicht glauben können, dass ich das alles ernst meine. Das ist so übertrieben, was ich da rappe, dass sie es fast schon als Kunst sehen. Die haben sich auch gewundert, wie man so eine blühende Phantasie haben kann, etwa, ein Atomkraftwerk nach Wedding zu schmuggeln und das Haze mit Uran zu strecken. (lacht) Ich glaube, ich komme auf die behindertsten Ideen. Ich denke, das zeichnet mich auch aus. Wie gesagt: Umso größer sich der Künstler darstellt und umso größer die Geschichten sind, umso größer kann er auch werden. Ich kann mich nicht klein verpacken – ich denke groß.
rap. de: Wie kommst du auf diese ganzen absurden Sprüche? Guckst du so viele Actionfilme?
Massiv: (lacht) Ich habe einen Satz auf dem Haftbefehl-Album, da sag ich: Ich schieb eine Handgranate in dein Dickdarm, 100 Kilo Morphium – das hat ja gar kein Zusammenhang. Aber wenn du das hörst, dann hebst du in jeden Fall 30 Kilo mehr auf der Handelbank. Und darum geht es.
rap.de: Um Motivation also?
Massiv: Ja, das ist auch ein wichtiges Thema auf den Album: Aufstehen, machen. Wer nichts macht, kann liegen bleiben.