Massiv

rap.de: Mit dem Song “Nicht nur deutsche Adler können fliegen“ hast du wieder einen politischen Song gemacht.

Massiv: Ich versuche immer, das Gleichgewicht zu halten. Deshalb erkläre ich, dass ein Ali genau so viel für Deutschland tun kann wie ein Christian. Deswegen sage ich auch “Wäre das echtes Gold in der Fahne müsste ich nicht stehlen“, weil manche Leute eben gezwungen sind, zu stehlen. Die wachsen scheiße auf und kommen in irgendwelche Kreise rein, wo stehlen normal ist. Im Märkischen Viertel stehlen die deutschen Kids, in Neukölln stehlen die Araberkids. Aber dann zeigt man mit dem Finger auf Neukölln und sagt: Hey krass, guck mal, jeder, der hier stiehlt, ist ein Araber. Na klar, weil hier fast nur Araber wohnen. Aber hier in Deutschland ist eigentlich alles ganz cool und wir sollten uns nicht darüber aufregen, warum so viele Ausländer im Knast sitzen, denn wer Scheiße baut, sitzt halt im Knast, egal ob ein Deutscher oder ein Araber ist. Warum sollte man sich einen Kopf darüber machen? Man sollte sich lieber einen Kopf darüber machen, wie man seine Wohnung renoviert oder wie man vor der eigenen Haustür putzt.

rap.de: Jeder soll vor seinen eigenen Tür kehren, meinst du?

Massiv: Ja, dass meine ich. Die Debatte mit Sarrazin hat mich voll aufgeregt. Sein eigener Sohn bezieht Hartz IV –  damit wäre die Sache ja schon geklärt und vom Tisch. Warum sollte man weiter diskutieren? Natürlich stimmen viele Sachen, die er sagt, weil auch manche Fakten dabei sind. Aber genauso gibt es Fakten für die Gegenseite. Das ist einfach nur ein Buch, um Krieg zu stiften. Einfach nur sinnlose Hetzerei. Deswegen erkläre ich nicht nur bei "Nicht nur deutsche Adler können fliegen“, dass jeder, egal welche Herkunft, Rasse, Religion, was auf die Beine stellen kann. Wenn ein Deutscher Scheiße baut, ist es genauso, wie wenn ein Araber oder ein Türke Scheiße baut. Es wird gleich bestraft, keiner wird bevorzugt.

rap.de: Deine Eltern sind Palästinenser. Was denkst du denn über die arabischen Volksaufstände?

Massiv: Ich bin kein Fan davon, dass alles nur ein Familienbusiness ist, dass man 30 oder 40 Jahre lang regiert, und dann der Sohn das Amt übernimmt. Man sollte lieber alle vier Jahre wählen, das Volk entscheidet. Dann kann das Volk sich auch zurücklehnen und sagen, okay, es läuft zwar scheiße, aber wir haben den ja selbst gewählt. Egal, wen wir wählen, wir werden uns auch über ihn aufregen, denn sogar wenn du Mr. Perfect wählst, muss er auch noch auf die Wirtschaft achten und tausend andere Sachen machen. Irgendwas wird irgendwem schon nicht gefallen und dann wird wieder gemeckert. Er kann es ja nicht jedem Recht machen. Er kann nicht jeden von uns persönlich anrufen und fragen: Hey, was hältst du davon? Er hat seine Berater und mit denen spricht er sich ab und muss das für das ganze Land durchziehen, das ist etwas ganz anders bei uns im Büro, wo nur zwei Leute sitzen und die sind gerade bei Facebook (lacht). Ich denke also, das ist eine gute Sache, schade nur, dass so viele Leute dabei umkommen müssen und diese Präsidenten nicht sofort abtreten und sich direkt dem Kriegsgericht stellen. Aber ich glaube, ich wäre auch geflüchtet.

rap.de: Palästina hat die staatliche Anerkennung bei der UNO beantragt. Was erhoffst du dir davon?

Massiv: Ändern tut sich erstmal nichts, wenn sie uns als Land anerkennen, aber es ist in jedem Fall ein Zeichen an die Welt: Hallo, wir sind jetzt offiziell da, uns gibt es! Es ist schon schade, dass wir darum kämpfen müssen, dass es uns gibt, dass man uns nicht akzeptiert, denn vor 50 Jahren war es unser Land und wir haben alle zusammen da gelebt. Ich denke die einzige Lösung ist, dass wir alle zusammen leben und das es schon fast normal ist, dass wir beide ein Land haben.

rap.de: Meinst du, ein gemeinsamer Staat wäre realistisch?

Massiv: Eigentlich ist die einzige Lösung, dass alles ein Staat wird, aber wer gibt seine Fahne her? Das ist das heiligste Land der Welt und so viel Blut, wie wir vergossen haben, kannst du nicht vergessen, das ist ein unendlicher Krieg. Ein Ende zu finden geht nicht, weil keiner einen Schritt zurückgeht. Uns wurde einfach zu viel weggenommen. Ich war ja zwei Wochen in Palästina, jeden Tag reißen die hier zwei Häuser weg, da vier Häuser weg. Das kann man hier in Deutschland gar nicht nachvollziehen. Die Leute stehen vor 10 Meter hohen Mauern, dürfen in manchen Ortsteilen ab 6 Uhr nicht mehr raus und müssen teilweise bis zur Arbeitsstelle 3 Stunden hin und 3 Stunden zurück fahren, weil sie bei Hin und Rückfahrt jeweils bei verschiedenen Checkpoints bei 40 Grad im Schatten eine halbe Stunde warten müssen und ihr Maul nicht aufmachen dürfen.