BickMack und Akte One

rap.de: Könnt Ihr denn auch während des Coachings wahrnehmen, dass sich etwas in den Köpfen der Jugendlichen verändert?

Akte One: Auf jeden Fall, das bemerkt man an Kleinigkeiten. Die Jugendlichen bauen Vertrauen zu dir auf. Weil wir müssen mit ihnen nicht reden wie Lehrer. Wir können "ficken", "Halt die Fresse!" oder "Du Arsch!" sagen. Wenn er mir so kommt, komm ich ihm auch so. Dann gucken sie erstmal ein bisschen. Wir sind so ein Zwischending zwischen Kumpel und Lehrer. Dadurch hört man uns auch zu, wenn wir bei bestimmten Sachen halt mal was sagen.

Ich versuch den Kids einfach nur zu sagen, auf welche Sachen sie achten müssen und insofern verändern sie sich dann auch. Sie gehen anders miteinander um. BickMack hat am ersten Tag in der Klasse zum Beispiel angefangen zu rappen und in der ersten Reihe lacht vorne einer. Irgendwann steht derselbe dann im Jugendclub, hat gerappt und BickMack hat ihn ausgelacht und zwar richtig. Der hat angefangen zu heulen. Ich weiß jetzt nicht, ob er es nicht mehr machen würde, aber wenn er es macht, weiß er, was ihn erwartet und und vielleicht macht er es auch weniger.

BickMack: Man muss auch sagen, die verändern sich schon am ersten Tag. Allein schon, dass sie sagen, sie machen da mit und dann wiederkommen. Zum Beispiel auch bei den Tänzerinnen, Tuba mit dem Kopftuch. ich hätte am Anfang 100 Euro drauf gewettet, dass sie nicht mitmacht. Jetzt steht sie da und macht das. Ist das nicht 'ne Veränderung? Allein schon in der muslimischen Welt. Das musst du auch mal sehen.

rap.de: Ihr wollt ja das diese Veränderung von Dauer ist. Stichwort Nachhaltigkeit. Wie stellt Ihr das an?

BickMack: Sagen wir so: Ich versuche, denen die Nachhaltigkeit zu beweisen, indem es funktioniert. Ich hab eine Schülerin, die ist seit Tag eins dabei und ich hab mich persönlich um sie gekümmert, weil ich diese Hilfe damals einfach nicht bekommen hab. Sie hat die Schule gewechselt und ihr Notendurchschnitt hat sich innerhalb von eineinhalb Jahren um zwei Noten verbessert. Sie will jetzt Sozialhelferin lernen, bewirbt sich brav und geht in diese Richtung. Warum? Ganz einfach: Weil jemand dabei war, der versucht hat, ihr zu helfen.
Ich habe gestern meine Schüler gefragt: "Was hat euch die ganze Sache gebracht?". Der eine sagt, er hat seine Tante dazu gebracht, eine Alkohol-Therapie zu machen. Das ist krass. 
Es ist aber auch meine Intention, zu sagen: "Ich lass die langsam alleine machen, und ich als Medium für die Kids gehe aus dem Rampenlicht zurück."
Dann gehen Kids aus unserem Kurs in die Schule und pushen wiederum andere. Der Kreis schließt sich dann irgendwann. Im Endeffekt ist es so, dass zum Schluss Schüler andere Schüler coachen sollen und dass die Lehrer in ihrer Rolle als pädagogische Begleitung dabei sind und da einen neuen Look reinbringen.

rap.de: Könnt Ihr das ganze Projekt für die nächsten Jahre schon planen? Das ist ja immer auch eine finanzielle Zitterpartie.

BickMack: Das ist 'ne reine Zitterpartie. Ich versuche seit drei Jahren, sehr viel aus eigener Tasche zu finanzieren. Dadurch bewahre ich auch meine Glaubwürdigkeit. Ich beweise, dass ich es schaffe. Ich beweise, dass ich es machen kann.
Nur in den ganzen zwei Jahren hab ich gar nichts gehabt. Dann kam halt eine Firma vor einem halben dreiviertel Jahr, mit 20.000 Euro, und jetzt haben wir zum ersten Mal 'ne Finanzierung. Aus der freien Wirtschaft! Am besten ist es, irgendeine Firma zu haben wie Red Bull die sagen: "Okay, wir wollen, dass ihr zu den Jugendlichen an die Schule geht, mit unserer Unterstützung" und machen da so eine Werbe- oder Imagekampagne daraus.
Das Problem ist, dass die Politik noch nicht so weit ist und HipHop nicht als Kultur ansieht. Mit der Wirtschaft ist das einfacher. Die wollen mit ihrem Geld Werbung machen und mit uns haben sie Werbung. Wenn wir an die Schulen gehen, haben Firmen wie die PKV ja Werbung ohne Ende. Die bezahlen das, haben davon keinen Stress und kriegen Werbung dafür. Die können die Kohle ja auch teilweise als Spende von der Steuer absetzen.