BickMack und Akte One

rap.de: Das jetzige Projekt, "HipHop gegen Komasaufen", findet nur an einer Haupt- und einer Realschule statt.  Warum ist da kein Gymnasium dabei? Da gibt es doch auch potenzielle Säufer, oder?

BickMack: Wir haben uns bei diesem Projekt nicht an Gymnasien gewandt, weil die Schule hier in Berlin schon vorab vorgeschlagen wurde und die in Köln sich bei mir schon vor längerer Zeit beworben hatte. Ich glaube, und das ist meine persönliche Meinung, dass wir nicht gerne an Gymnasien gesehen wären.
Erstens ist die Musikart nicht deren Art zu reden, da haben die auch keine Identifikationsmöglichkeit. Das zweite Problem ist, dass die, meisten dort Akademikerkinder sind und ich glaube nicht, dass der Vater Dr. Dr. Professor gern hören würde, wie sein Kind auf der Bühne schreit: "Vater, warum lässt du mich allein". Ich glaube, die wollen nicht, dass wir so viel aus denen rauskriegen. Das Gymnasium ist so was wie eine abgeschottete Welt.

rap.de: Wie äußert sich das denn in der Praxis, wenn Ihr versucht habt, in einer Gymnasialklasse…

BickMack: Wir sind erst gar nicht durch die Pforten gekommen. Du wirst gar nicht erst ernstgenommen. Es gab einmal einen Startschuss und da ist es beinahe eskaliert mit einer Schlägerei.
Wir sind gebucht worden, um eine Woche lang ins Gymnasium zu kommen und die bei ihrem Projekt zu unterstützen. Das war ein Projekt gegen Gewalt und zum Schluss war es so, dass wir dann auf einer Bühne gestanden und gerappt haben und Leute aus diesem Gymnasium auf einmal eine Flasche hochgeschmissen haben und uns angepöbelt haben von wegen "ihr seid so asozial!" Das waren wirklich 40, 50 Mann, die da abgegangen sind. Es ist eben nicht so leicht, diese zwei Welten zusammenzubringen.

rap.de: Also kommt Rap tatsächlich weiterhin nur in der Unterschicht an?

BickMack: Ja. Hip Hop ist aus der Unterschicht. Da kommt die Power her und da setzen wir auch an. Natürlich haben Jugendliche aus den Gymnasien andere Probleme, viele Probleme und komische Probleme und wir würden Ihnen auch gerne dabei helfen, aber wir kommen nicht rein, wir kommen einfach nicht rein.

Akte One: Ich würd dazu auch sagen, das ein Gymnasium in Westdeutschland was anderes ist als in Berlin. Wenn du jetzt als Berliner hier zuhörst, denkst du dir: "Ja gut. Was erzählt der jetzt? Bei uns aufm Gymnasium sind die selben Leute wie auf der Hauptschule, bloß dass die sich mehr um ihre Noten gekümmert haben."
In Westdeutschland ist es wirklich so, dass dort schon fast Internats-mäßig die Kinder von den Managern drauf sind. Hier in Berlin gibt es vielleicht auch ein paar Gymnasien, die ein bisschen elitärer sind, aber eigentlich sind die Gymnasien hier auch heruntergekommene Schulen mit Leuten jeglicher Herkunft.

rap.de: Was ist die Intention dieses Projekts? Was genau wollt Ihr bewegen? Jetzt ist es das Thema Komasaufen, davor war es Gewalt…

BickMack: Wir haben ein Mutterschiff, das nennt sich "Hip Hop macht Schule". Es geht darum, Jugendlichen oder auch Kindern auf ihrem Lebensweg zu helfen. Ob sie jetzt lernen, die deutsche Sprache besser zu beherrschen, sich zu integrieren oder dadurch einen besseren Schulweg zu bekommen, wir wollen ihnen einfach eine Perspektive geben.
Das fängt wirklich schon im Kindergarten mit Disziplin an. Jeder weiß ganz genau und auch ein guter Rapper weiß, wie viel Disziplin dazu gehört und wie viel Arbeit das ist, ´nen Track aufzunehmen. Meine Intention ist ganz einfach: Ich möchte ihnen wirklich helfen. Ich hatte diese Hilfe nicht und wär froh gewesen, wenn ich in der Schule damals so 'ne Hilfe gehabt hätte. Dann wär vieles nicht passiert.

rap.de: Zum Beispiel?

BickMack: Ich wär nicht im Knast gelandet. Ich hätte wahrscheinlich nicht so viele Drogen verkauft. Ich hätte nicht so vielen Leuten die Fresse poliert. Ich wäre anders aufgewachsen. Früher hätt ich auch versucht, irgendwie dabei zu sein.
Wir hängen uns da rein und wir kriegen dann wieder was mit, was wir dann mit nach Hause nehmen und was uns dann wirklich beschäftigt. Auch die Geschichte mit dem Mädchen, das vergewaltigt worden ist. Man sieht es ihr ja nicht an, aber hier spricht sie darüber. Dann hast du auch deine Frage beantwortet, warum du dieses Projekt machst, weil du dieses Mädchen ja irgendwie rettest.
Stell dir mal den anderen Weg vor. Sie frisst es immer weiter in sich rein. Die kann keine Liebe empfangen. Die ist ja unfähig. Die hat irgendwo 'nen Knall. Du fragst dich, warum weint sie jeden Tag. Wenn wir helfen können, dass das Mädchen dann irgendwo ein bisschen normal wird, dann gerne. Und wenn es zum Schluss nur eine ist. Ich will auf jeden Fall den Kids dabei helfen, nicht so zu werden wie ich damals.