Talib Kweli

rap.de: In diesem Zusammenhang ist Dir Bildung ja auch sehr wichtig. Spürst du Fortschritte in diesem Bereich mit einem neuen Präsidenten?

Talib Kweli: Barack Obama ist eine große Führungspersönlichkeit, nicht nur für die Vereinigten Staaten sondern für die ganze Welt. Er ist ein großartiges Beispiel für jemanden, der aus der Community kommt und der einen richtig guten Job mit seiner Kampagne gemacht hat. Die war einfach sehr, sehr gut. Ob er ein guter Präsident ist oder nicht, das wird man sehen.

Wenn es um seinen Wahlkampf geht und wie er sich der Welt gegenüber darstellt, die Symbolik seiner Person – das unterstütze ich.

rap.de: Und wenn es um die konkrete Politik geht, die er macht?

Talib Kweli: Er lernt. Wenn es um die Politik geht, dann muss man beachten, dass er noch sehr jung ist. Er ist gerade mal in den Vierzigern. Er lernt.

Ich geb Dir mal ein Beispiel. Chalid Scheich Mohammed in New York City. Das ist ein Hauptangeklagter wegen der Terroranschläge vom 11. September. Obama will seinen Fall nun vor einem Zivilgericht verhandeln lassen, statt wie ursprünglich geplant vor einem Militärtribunal.

Wenn man sich nun die Fakten anschaut, dann wird man feststellen, dass die Chancen, dass er verurteilt wird, vor einem Zivilgericht wesentlich höher sind, als vor einem Militärgericht. Aber die Republikaner stellen Obama als Schwächling hin. Dabei ist es von der Vernunft her viel sinnvoller, ihn vor ein Zivilgericht zu stellen. Politisch ist das natürlich nicht vernünftig und es sieht einfach so aus, als würde Obama da nicht richtig mitspielen können.

Die Republikaner in den USA können das halt. Die beherrschen diese Art der Politik. Die haben unrecht mit allem, was sie sagen. Alles absolut falsch, aber politisch wissen die absolut, was sie tun. In diesem Spiel, spielen sie halt wirklich sehr gut. 

rap.de: Aber die Demokraten haben doch auch gute Leute, oder nicht? 

Talib Kweli: Das sind gute Leute, aber die sind schwach und die wissen einfach nicht, wie man diese Politikspiel spielt.

Man muss aber darüber Bescheid wissen, in welchem Game man spielt. Wenn es um die Menschen und die Bevölkerung geht, worum es mir ja auch geht, dann sind die Demokraten natürlich hervorragend, aber wenn es um diese Politikstrategien geht, dann können es die Republikaner einfach besser. Was sie sagen, macht logisch betrachtet zwar keinen Sinn, das ist alles ziemlich absurd, aber politisch macht es eben doch Sinn.

rap.de: Ich habe gehört, dass sie die Gesundheitsreform von Obama mit dem Sozialismus gleichsetzen oder sogar mit dem Nationalsozialismus. 

Talib Kweli: Genau. Und das meine ich. Das ist diese Art von Politik, die ich meine. Offensichtlich ist Obama kein Nazi, aber die sind eben so gut in diesem politischen Geschäft, dass sie ein Großteil des Landes davon überzeugen können, das diese Reform Sozialismus bedeutet.

Das sind alles Tricks. Das ist alles gar nicht echt. Aber die Republikaner sind halt sehr, sehr gut darin. 

rap.de: Magst Du Amerika außerhalb von New York City?

Talib Kweli: Nun. Ich meine, dass Amerika sehr viele Vorteile hat. Ich kann in Amerika der Künstler sein, der ich bin. Ich weiß nicht, ob ich diese Art von Künstler sein dürfte, wenn ich nicht aus Amerika kommen würde. Ich sehe die positiven Seiten von Amerika.

Auf der anderen Seite sehe ich aber auch, dass Amerika eben nicht das ist, was es zu sein vorgibt. Amerika hat meine Leute nicht unterstützt, niemals. Deshalb spreche ich in meiner Musik auch über die Sachen, über die ich eben spreche. Ich habe die ganze Welt bereist und auf meinen Reisen, habe ich es sehr zu schätzen gelernt, dass ich in Amerika aufgewachsen bin.

Ich schätze gewisse Dinge aus der Verfassung und aus der Unabhängigkeitserklärung, die Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit. Das sind alles großartige Sachen. Aber man muss hart dafür arbeiten, dass man sich diese Sachen auch verdient. Das sind keine Sachen, die einem einfach so geschenkt werden.

Aber Mann. Den Leuten in Haiti geht es um einiges schlechter, als den Leuten in Amerika und ich bin echt weit davon entfernt, mich darüber zu beklagen, dass ich in Amerika aufwachsen musste oder besser durfte.

rap.de: Wir bedanken uns für das Interview.