Talib Kweli

rap.de: Du hast heute Abend auch viel von "Oldschool-Leuten“ gesprochen. Wissen die etwas, was die Jüngeren nicht wissen?

Talib Kweli: Es ist wichtig, den Oldschool Sachen Tribut zu zollen. Ich zeige gegenüber den Künstlern Respekt, die schon vor mir da waren.

Es ist aber auch wichtig, der neuen Musik und den neuen Künstlern Liebe entgegen zu bringen. Deswegen würde ich auch nie einen anderen Rapper dissen. Man muss beidem Liebe entgegen bringen, der Oldschool und den neuen Sachen.

rap.de: Dein neues Album "Revolutions Per Minute“ zusammen mit Hi-Tek kommt im April raus. Warum dieser Titel?

Talib Kweli: Weil die Leute nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne haben. Die Leute lieben MP3-Dateien und wollen alles sofort haben. Jetzt auf der Stelle, in dieser Minuten und für umsonst. Und wenn wir darüber sprechen, wie "schnell“ Musik durch die Technik geworden ist: Wie viele revolutionäre oder wichtige Gedanken kann man in einer Minute vermitteln?

Wie bereits gesagt, ich muss auch das Neue akzeptieren und der neue Grundsatz ist eben "Bring’s schnell raus“.

Lil Wayne ist der Rapper Nummer Eins zur Zeit, weil er sehr schnell, sehr viel Musik raus bringt. Also, wie viele revolutionäre und wichtige Dinge kann ich in einer Minute schaffen? Darum geht es auf dem Album.

rap.de: Wie viele Revolutionen schaffst Du?

Talib Kweli: Das weiß  ich jetzt noch nicht. Ich muss am 6. April erst mal das Album raus bringen und wenn die Leute es mögen, weiß ich Bescheid.

rap.de: Ok und was für eine Revolution wird das sein?

Talib Kweli: Das Wort hat nicht nur eine Bedeutung. "Revolutions Per Minute“ bedeutet ja auch ganz einfach wie viele Umdrehungen pro Minute eine Platte macht. Und dann bedeutet es natürlich, dass man das Denken der Menschen verändert.

Ich glaube, deshalb kommen die Leute auch zu mir, und deshalb habe ich immer noch so etwas wie eine Karriere. Ich habe ja keine große Hitsingle. Zumindes habe ich seit "Get By“ keinen großen Hit mehr gehabt. "Hot Thing“ war ein großes Ding, "Never Been In Love“ auch, aber nie mehr so groß wie "Get By“. Es geht meinem Publikum also nicht um das, was gerade hip und in ist, sondern um das Album. Dafür respektiere ich es auch.

rap.de: Gut, aber was für eine Revolution soll das sein?

Talib Kweli: Ich habe keine Ahnung. Ich werde das auch nicht wissen, bevor das Album veröffentlicht ist. Die Revolution ist personenbezogen. Meine ganz persönliche Revolution ist zum Beispiel, wie ich meine Kinder erziehe.

rap.de: Wie viele Kinder hast du?

Talib Kweli: Zwei.

rap.de: Also kann Revolution auch was Alltägliches sein?

Talib Kweli: Absolut. Es geht nicht immer nur um bewaffnete Auseinandersetzungen oder darum, die Regierung zu stürzen. Es geht um dich als Person und darum, dich selbst zu revolutionieren. Wenn ich mich selbst so revolutioniere, wie ich es für richtig halte, kann ich damit andere Leute beeinflussen. Auch mit der Musik, die ich mache.

Deshalb geht es bei Revolution darum, an sich selbst und seiner Familie zu arbeiten. Sicher zu gehen, dass das was du sagst mit dem übereinstimmt, was du tust. Ich versuche da, in meinem Leben mit gutem Beispiel voran zu gehen. Ich verurteile niemanden und versuche, allen Menschen Liebe entgegen zu bringen. Wenn ich Musik mache, versuche ich damit eine Revolution in den Menschen auszulösen.

rap.de: Eine Revolution des Geschmacks?

Talib Kweli: Das ist ein persönliches Ding. Es geht nicht darum, raus zu gehen und jeden dazu zu bringen, genau so zu denken wie du oder sie dazu zu bringen, die Faust in die Luft zu stoßen….

rap.de: Aber Du hast dem Publikum heute Abend oft gesagt, dass sie die Faust heben sollen. 

Talib Kweli: Das sind Show-Tricks. Das sieht einfach gut aus! (lacht) In den Staaten läuft auf MTV eine Sendung namens "Jersey Shore“. Da geht es um Italiener, die in New Jersey leben und in Clubs gehen, in denen Techno gespielt wird. Es heißt dann immer "Pump your fist in the air! Pump, pump!“ und das sieht für die Zuschauer einfach gut aus. Da geht es dann mehr um Musik und Entertainment.

rap.de: Aber die fühlen sich wie Che Guevara, wenn sie die Faust hochheben. 

Talib Kweli: Richtig. Ich erwecke diese Bilder in meinen Texten, aber ich versuche, die Leute jetzt nicht mit dem Holzhammer davon zu überzeugen: Sei Positiv! Sei ein guter Mensch! Führe ein Gutes Leben! Das versuche ich zu vermeiden.

In dieser Konstellation geht es um den Club und darum, Spaß zu haben. Wenn du mich jetzt für einen Uni Vortrag buchen würdest, dann würden wir eine ganz andere Diskussion führen. Dann könnten wir eine revolutionäre Diskussion führen. Aber wenn wir eben wie heute Abend zusammenkommen, um Spaß zu haben, dann geht es eben darum, Spaß zu haben.