Deso Dogg

Vom Straßenkämpfer zum Rapper zum Käfigkämpfer. Als Deso Dogg kürzlich verkündete, dass er seine Rap Laufbahn zugunsten einer Karriere im Ring an den Nagel hängen wolle, schien das angesichts der momentanen Situation in der Plattenindustrie gar nicht so unlogisch.
Trotz allem steckt hinter diesem Schritt mehr für Deso Dogg aka Soleil, der nicht nur seinen alten Gang-Namen gegen das französische Wort für „Sonne“ eintauschen, sondern gleich sein ganzes Leben verändern will.
Wir sprachen mit dem Kreuzberger über seine Vergangenheit in Gangs, seine Gegenwart zwischen Studio und Training sowie seine Zukunft im Ring. 

rap.de: Du hast angekündigt, du rappst jetzt nur noch zum Spaß und willst professioneller Kämpfer werden. Inwieweit ist diese Meldung richtig?

Deso Dogg: Ich habe lange gerappt und das ist auch alles ok gewesen, mit kleinen Hochs und Tiefs. Jetzt rappe ich nur noch, wenn mich irgendwas dazu anregt. Seien es Beats oder andere Künstler. Gerade bin ich am Aufnehmen mit Kalusha und Said. Kalusha ist wieder zurück nach Deutschland gekommen und wir hatten damals schon ein Projekt zusammen geplant und das hat mich sehr gereizt, das jetzt durchzuziehen.

An eigenen Alben bringe ich jetzt nur noch Sachen raus, die schon da sind, die ich schon aufgenommen habe und dann wird es von mir nicht mehr so großartig viel geben. Es sei denn, ich habe irgendeine Inspiration oder ich höre so viel Müll von anderen, dass ich mal wieder ein bisschen Gas geben muss. Wenn ich den Leuten mal wieder ein bisschen den Kopf richten muss, dann knall ich noch mal ins Mikrofon rein.

Aber der Sport hat mich überrumpelt. Irgendwie macht es immer mehr Spaß und das ganze Drumherum ist auch viel schöner. Die Leute sind viel cooler, auch wenn sie sich gegenseitig immer blutig hauen. Die sind netter, die sind lieber, man kommt viel rum… man kann auch Geld verdienen.

Deswegen habe ich gesagt, Rap zum Spaß und Kämpfen weil’s Spaß macht. 

rap.de: Lass uns über den Sport gleich noch mal in aller Ausführlichkeit reden. Das Album, das Du jetzt gerade rausgebracht hast, ist also altes Material?

Deso Dogg: Das Material, das auf diesem Album drauf ist, ist circa zwei Jahre alt. Ich hatte die Veröffentlichung für 2007/2008 geplant, aber da ich mit dem Vertrieb und dem Label nicht so ganz zufrieden gewesen bin, habe ich das auf Eis gelegt. Auch wegen meinem Unfall habe ich lange Zeit nichts machen können und habe mir dann eben gesagt, ok, ich warte jetzt einfach, bis die Zeit kommt.

rap.de: Was war das für ein Unfall?

Deso Dogg: Ich hatte einen Autounfall vor eineinhalb Jahren und seitdem habe ich Gedächtnisprobleme. Das heißt, ich habe Probleme, mir Sachen zu merken. 

rap.de: Ist das noch aktuell?

Deso Dogg: Es ist nicht mehr so schlimm. Durch das Training und durch das Lernen der ganzen Techniken, trainiere ich auch mein Gedächtnis und komme wieder ein bisschen besser zurecht. Aber zu den Anfangszeiten nach dem Unfall, war es echt richtig Katastrophe. Ich habe die Leute nicht mehr angerufen, ich hab mein Telefon nur benutzt, wenn es geklingelt hat. Ich habe Termine nicht mehr wahrgenommen. Leute haben mich angerufen und gesagt "Ey, was ist los mit dir? Du wolltest doch gerade zurück rufen?“ und ich meinte nur so "Ja??“.

Oder ich hatte zum Beispiel auch Streit mit jemandem, hab den dann zwei Wochen nicht gesehen und als ich ihn dann wieder getroffen habe, meinte ich "Hey, wie geht’s? Alles klar? Warum guckst du denn so? Hast du einen Geist gesehen? Lass uns mal was Essen gehen.“. Der dann so "Deso, alles ok bei dir? Geht’s dir wirklich gut? Wir hatten Streit!“ und ich so "Ach echt? Wann denn?“. Solche Sachen. Ganz komisch.

rap.de: Da hat derjenige ja nochmal Glück gehabt.

Deso Dogg: (lacht) Ja!

Auf jeden Fall, um noch mal kurz auf die Musik zu kommen, ich war auch schon zwei Jahre lang in Gesprächen mit Fight 4 Music wegen Label und Musik und so. Aber der Labelboss von Fight 4 Music hat die ganze Zeit sehr, sehr viel zu tun gehabt. Irgendwann hat Woroc mich gefragt, wie es denn jetzt mit meinem Album aussieht. Das war dann so ein Anstoß, wo ich mir dann gesagt habe, ok, jetzt muss es raus. Jetzt muss ich Gas geben, ein paar Dinger noch neu machen, raufklatschen, Booklet, Bumm Bumm. Ich habe das innerhalb von drei Wochen komplett zusammenstellen lassen.

Ich war auch richtig glücklich, weil das Album auf mir gelastet hat. Ich hatte die Scheibe schon mehrmals angekündigt und Fans und Supporter wollte ich auch nicht mehr warten lassen.

Durch den Zeitdruck haben es aber viele Tracks nicht drauf geschafft und deshalb gibt’s im Februar noch eine zweite Scheibe dazu.

rap.de: Das ist aber schon relativ hart von der Thematik her.

Deso Dogg: Ich habe nach der Trennung von Streetlife angefangen, das Album aufzunehmen, so drei Monate später oder so, und war noch sehr abgegessen – auch von der Szene. Das ganze Jahr darauf kam nur Scheiße aus den Medien und von den Künstlern und ich habe das in meiner unproduktiven Ruhe alles aufgenommen und angefangen zu schreiben.

Ich habe 48 Tracks hintereinander weg aufgenommen, ich war wie eine Maschine. Ich saß im Studio und hab einen Beat gehört, hab kurz davor irgendein Thema im Fernsehen gesehen, und hab direkt angefangen zu schreiben.

Die Beats habe ich mir auch alle selbst ausgesucht. Das war nicht wie bei Streetlife vorgeschrieben, wo man die vom Hausproduzenten nehmen musste, sondern ich war in Deutschland überall spazieren und hab nach und nach Beats gepickt. Jeden Track, den ich aufgenommen habe, habe ich mit Herz aufgenommen und mit sehr viel Emotion. Ich glaube auch, dass es eine sehr vielfältige Scheibe ist. Ich habe für meine Frau Sachen drauf gemacht, ich habe für meine Kinder Sachen gemacht… Da sind ruhigere Sachen zum Nachdenken drauf und ich habe mich da einfach ausgetobt. Das finde ich an dem Album sehr gut.

rap.de: Wie kommt dieser Namenswechsel zustande? Wieso steht da "aka Soleil“ drauf?

Deso Dogg: Ich wollte das Image, das mir die Medien aufgedrückt haben, so ein bisschen beiseite drücken, weil ich nicht zu den ganzen angeblichen Gangster-Rappern dazu gehören will. Eigentlich bin ich ja ein Gangster-Rapper, aber die haben da so viele Leute da mit reingepackt, dass ich gesagt habe, ich will da raus. Der Name Deso Dogg steht für Gangster-Rap und deshalb habe ich mir irgendwann überlegt, was ich benutzen kann. Was klingt mächtig, was klingt vernichtend, was klingt aber auch lebensbringend und warm. Da bin ich dann auf Sonne gekommen.

Das war auch eine Zeit, in der ich sehr viel französischen Rap gehört habe und da habe ich einen Kumpel gefragt, was Sonne auf Französisch heißt. "Soleil“.

Deso ist ein alter Gangname und ich will diesen Namen nicht mehr hören. Ich habe nur schlechte Erinnerungen daran.

Damals bei Streetlife meinte ich, dass ich meinen Namen wechseln will, und die meinten "Nein, das kannst du nicht machen! Die Leute werden damit nicht klarkommen!“. Und ich meinte so "Warum nicht? Doch, werden die!“.

Wenn die Leute meine Musik akzeptieren, werden die auch akzeptieren, wenn ich ihnen verständlich erkläre, warum ich meinen Namen wechsle. Sie haben es akzeptiert und da war ich ganz glücklich drüber.