Pitbull

 

rap.de: Bei so vielen Latinos in einer Stadt frage ich mich und jetzt dich, wie weit ist ihr politischer Einfluss?

Pitbull: Fuck, ihr Einfluss reicht bis ins Weiße Haus. Die Guantanamo-Situation, das Kuba-Embargo, das sind alles Ergebnisse ihres politischen Einflusses. Aus meiner Sicht als Kubaner, sage ich, dass unser politischer Einfluss einflussreicher ist, als wir es uns vor 40 Jahren je hätten vorstellen könne. Es hat aber auch diese 40 Jahre oder mehr gedauert, die richtigen Positionen mit den richtigen Menschen zu besetzen, denn manche waren korrupt und manche haben ihren Job anfangs nicht ernst genug genommen. Aber jetzt öffnen wir die Pforten für alle Latinos und derzeit auch für die Haitianer. Es ist eine Art Dritte-Welt-Demokratie, aber für unsere Leute funktioniert sie. Manche Kubaner in Miami haben sogar noch mit Castro in der Revolution gekämpft und es hat gedauert bis sie verstanden haben, dass sie nicht für die richtige Sache kämpfen, so wie meine Mutter, die dann Gott sei Dank intelligent genug war, ihre Familie mit der Operation Peter Pan rüber zu schicken. Es dauerte seine Zeit, aber alles Geld, das verdient wurde, wurde investiert. Meine Großmutter arbeitete in einer Fabrik als sie hierher kam, an der Nähmaschine. Nach einigen Jahren wurde sie zur Vorarbeiterin ihres Schneiderteams und hat nebenbei noch schwarz von zu hause aus gearbeitet. Sie hatte also zwei bis drei Jobs, aber sie hat das Haus abgezahlt. Und diesen Weg sind viele Kubaner oder Latinos gegangen. Manche haben vielleicht als Drogendealer angefangen haben, aber sie haben ihr Geld intelligent investiert und Baufirmen gegründet, oder sie gestalten Gärten oder sonst was und sind tüchtige Geschäftsmänner geworden.

rap.de: Was ist mit ihrem Einfluss auf die Hip Hop – Kultur? Zu Beginn waren sie ein großer Bestandteil des Ganzen, nach und nach wurden Latinos jedoch immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Wie siehst du das denn?

Pitbull: Im Hip Hop herrscht so eine Monkey-See-Monkey-Do Mentalität. Jeder denkt: ach was der kann, das kann ich auch. So wie jeder Scarface, also Tony Montana sein will. Die Leute sehen was und äffen es einfach nach. Latinos haben krass angefangen in der South-Bronx, mit Breakdance, Grafitti und  allen anderen Elementen. Als Hip Hop größer wurde, entwickelte sich die Salsa-Ära in New York parallel. Es gab so viele Einflüsse zu der Zeit. Jetzt auch noch. Wenn du zu mir nach hause kommen würdest und ich Musik spiele, dann liefe da Merengue, danach käme Biggie Smallz, dann würde ich Salsa spielen und du würdest denken, was macht dieser Motherfucker, aber so ist das bei den meisten. Man ist von vielen verschiedenen Musikarten geprägt. Fat Joe kam irgendwann und  die Leute kamen nicht klar. War er ein Latino? War er schwarz? Was war er? Man wusste es nicht. Als Big Pun kam, ging die Tür für uns alle auf. Für mich und viele andere Latino-Rapper, aber wenn du sagst, dass wir in den Hintergrund gedrängt wurden, dann kann ich dir nicht zustimmen. Ich glaube nur, dass es nicht so viele von uns gibt und die Leute einem gerne diesen Stempel aufdrücken wollen "Latino-Rapper“, auch wenn sich das schon wieder geändert hat. Dabei sind wir in erster Linie Rapper und nur zufällig Latinos. Der Begriff Latin-Rapper hat wirklich einen leicht bitteren Nachgeschmack, weil die Leute dich sofort in eine Schublade stecken wollen. Sie nennen dich einen der Top-Latino-Rapper, aber nicht einfach nur einen Top-Rapper. Doch das wird sich ändern, glaub mir. Ich könnte dir jetzt erklären wie, aber ich will eher, dass du es siehst.

rap.de: Wie wär’s wenn du es mir ein wenig erklärst und ich gucke mir den Rest dann an?

Pitbull: Beispiel: "Anthem", "Crazy", "Calle Ocho". Kein Hip Hop Motherfucker hätte sich jemals an solche Singles gewagt. Sie denken, es nimmt ihnen die Kredibilität. Und schließlich dreht sich natürlich alles um Kredibilität, nicht wahr? Auch wenn die meisten, Kredibilität oder Straße nicht mal schreiben können, aber es geht nur um das eine. Ich habe das Risiko, sage ich mal, gewagt und international bekannte und erfolgreiche Tracks gemacht. Dank der Fans, dank Gott, hat sich das Risiko gelohnt. So wie bei Kanye, er ist auch aus dem Rahmen gefallen und hat uns das Genie, das in ihm steckt, gezeigt. Die anderen sehen dich und den Trend, den du ausgelöst hast und das alles auch noch ohne Label, aber sie verstehen es erst mal nicht. Aber in einigen Jahren wirst du sehen, was hier passiert, und was die nächste Bewegung sein wird.

rap.de: Aber denkst du nicht, dass Musiktrends sehr von Ort und Zeit abhängen? Manchmal kommt etwas in New York unglaublich gut an, in L.A. aber gar nicht!

Pitbull: Da wo ich bisher war, habe ich regionale Trends gesehen, die aber immer einen Weg gefunden haben, den Mainstream zu erreichen. In Miami kommt vieles sehr spät an, aber manches kommt auch sehr früh, so wie dieses Dancehall Ding oder Raggae. Das haben unsere DJs schon längst gespielt bevor die Firmen kamen und sich die Künstler gegrabscht haben. Momentan ist es wichtig Risikos einzugehen, denn die meisten tun es nicht. Es herrscht eher so eine ich-muss-meinen-Job-behalten-Mentalität.