Pharoahe Monch – W.A.R.

Dass Pharoahe Monch schon immer einen politischen Ansatz in seinem Werk verfolgt hat, kann man auf jeden Fall behaupten. Schließlich hatte schon das fulminante Organized-Konfusion-Album „Stress“, mit dem der New Yorker MC 1994 zu ersten mal in mein Blickfeld trat, einen durchaus gesellschaftskritischen Unterton. Dass Pharoahe sich dann allerdings eher durch Aufrufe zum Schreien, Rumspringen und Tittenreiben im kollektiven Unterbewusstsein der HipHop-Gemeinde und darüber hinaus festgesetzt hat, liegt an seinem einzigen großen Hit. Wobei man aber auch hier sagen muss, dass Pharoahe Monch den meisten Menschen wahrscheinlich eher unter dem Namen Simon bekannt sein dürfte oder wie es Dr.Dre dereinst ausdrückte: „I want to sign this new guy from the eastcoast. I dont’t know his name. The one with this track ‚Simon Says‘.

Nun ist es allerdings so, dass sich Männer um die 40, namentlich wenn es sich um Künstler handelt, anscheinend von ihrer jugendlichen Sturm-und-Drang-Phase verabschieden und anfangen, über die Welt an sich und die Matrix im Speziellen nachzudenken.
Vielleicht haben sie auch einfach nur das Gefühl, dass man mit fortgeschrittenem Alter einfach auch mal was Vernünftiges sagen müsste. Das ist auch im vorliegenden neuen Album von Monch so, wobei schon das Akronym „W.A.R.„, die Stoßrichtung vorgibt. „We Are Renegades“ legt von vorneherein fest, dass man sich als Abtrünniger versteht. Die Frage ist allerdings: Wovon?

Abtrünnig und verweigernd insofern, als dass Pharoahe Monch auf alle modernistischen Sperenzchen wie Electroanklänge und Autotune verzichtet hat. Monch und seine Produzenten kreierten einen warmen, fast souligen Sound, der mich beim ersten Hören an das großartige Brother-Ali-Album „US“ erinnert hat, was auch durchaus an den Featuregästen liegen mag. Mela Machinko, Mr. Porter oder auch Jill Scott liefern in ihren Beiträgen jede Menge Retro-Funk und -Soul und durch ein Stück wie „Let My People Go“ nimmt Monch direkt Bezug zur schwarzamerikanischen Gospeltradition.

Black Hand Side“, eine Zusammenarbeit mit Styles P und Phonte und wohl das beste Stück der Platte, hüllt einen förmlich ein in diesen Siebziger-Jahre-Spirit, was auch an den live eingespielten Bläsern und den Samples liegen kann, die immer irgendwie an alte Kojak-Folgen erinnern. Selber Effekt übrigens auch auf „The Grand Illusion“, auch wenn es da dann eher nach „Straßen von San Francisco“ klingt – offener und mehr nach großer Showtreppe.
Dazwischen gibt es aber immer wieder auch die stark nach vorne gehenden Ritterbeat-Infernos, die fast maßgeschneidert zu sein scheinen für Pharoahes schneidend-markante Stimme, wie zum Beispiel der Titel-Banger „W.A.R.“ featuring Immortal Technique und Vernon Reid oder „Assassins“ featuring Royce Da 5’9″ und Jean Grae. Allerdings wirkt das dann auch mitunter leicht bemüht und eher so, als würde der Künstler noch einmal beweisen wollen, dass er immer noch genug Kraft und Eier und Saft hat – ganz so wie die Jungen.

Inhaltlich nun aber ist Pharoahe Monch nicht unbedingt so abtrünnig, wie es zunächst klingt, oder anders gesagt, Pharoahe macht das, was ein iller Spitter und Lyricist eben so macht. Er spittet und reimt ill. Insofern ist die politische Attitüde des Albums, die Aufmachung und das Intro – in dem ein in Afghanistan stationierter Soldat in einer imaginären Zukunft eine Nachricht aus dem Jenseits, sprich aus der Jetztzeit spricht – insofern ist dieser politische Anstrich relativ oberflächlich.
Natürlich werden immer wieder politische oder gesellschaftskritische Ansagen und Querverweise in die Texte eingebaut. So erwähnt Monch zum Beispiel den guineischen Immigranten Amadou Diallo, der mit 24 Jahren von der New Yorker Polizei erschossen wurde, oder wie im Interview schon angesprochen, dass sich seine Mutter Bio-Essen leider nicht leisten kann.
Die meiste Zeit aber geht es doch darum, dass Pharoahe Monch der krasseste Rapper auf dieser Welt ist und die Industrie das nicht kapieren will. Klassischer Battlerap mit kunstvoll ineinander gestapelten Reimkaskaden, die mal mehr, mal weniger Sinn ergeben: „Vermicular. Particularly the vernacular. Specifically the fits so when I spit it’s spectacular and accurate. When I attack I’m more like Acura”.

Wer sich auskennt und die Geduld zum Dechiffrieren der wahnsinnig kodierten Texte hat, der wird mit „W.A.R.“ auf jeden Fall seine langanhaltende Freude haben. Wer sich ab und an nach ein bisschen Soulfood in Sachen Musik sehnt, der auch.

Ein Album wie ein gutes gehaltvolles, einfaches Essen. Schillernde, neue arty-farty, fancy Haute Cuisine ist was anderes – Junk Food aber eben auch.