Kitty Kat – Pink Mafia

Vorweg: Bemerkenswert an diesem Album ist, dass man so gut wie keine Reviews dazu findet. Auch wir hier in der Redaktion haben uns das Thema hin- und hergeschoben, weshalb es dann auch so lang gedauert hat. Immerhin mögen wir Kitty Kat als Person wahnsinnig gerne,  weswegen es keiner (bis auf unseren Mann für spezielle Fälle, Hussein Maik) so richtig besprechen wollte, denn…  Dieses Album ist eine Katastrophe. Eine atomare Autotune-Verstrahlung. Der Supergau an durchaus vorhandenen Rapskills. Tatsächlich mag man sich gar nicht ausmalen, was Universal dazu getrieben hat, Kitty Kat, die vor rund zwei Jahren noch vollkommen zu Recht als die große Frauenrap-Hoffnung Deutschlands gehandelt wurde,  mit „Pink Mafia“ an die Öffentlichkeit treten zu lassen. Wartete das Vorgängeralbum mit „Bitchfresse“ immerhin noch mit einer durchaus feierbaren, wenn auch Lil‘ Kim kopierten Single auf, tötete beim aktuellen Machwerk schon der musikalische Vorbote „Mörderpuppe“ jegliche Hör-Ambition. In einem Land vor unserer Zeit, irgendwann mal früher, mag es als wahnsinnig innovativ gegolten haben, die eigene Stimme bis zur Unkenntlichkeit durch den Autotune-Fleischwolf zu drehen. Im Jahre 2011 scheint dies nur bei Fler und seiner ehemaligen Aggro-Kollegin noch nicht angekommen zu sein.

Eingeleitet wird das Album mit dem Kinderdisco-tauglichen „Fliegen Üben“ samt einem ungewöhnlich hyperaktiv klingenden Megaloh und der unfassbar anstrengenden Party-„Hymne“ „Endgeil“, die mit Lines wie: „Bin keine Nonne. Wenn du nicht feiern willst, geh mir aus der Sonne“ zwar lyrisch durchaus an die Atzen erinnert, sich musikalisch aber mehr in Richtung von Blümchen auf dem Gipfel ihrer Trashpop-Karriere orientiert. Die musikalische Wandlung vom einstmalst taffen Mädchen von der Straße, das sich der fehlenden Eier zwar durchaus bewusst ist, flowmäßig aber trotzdem große Teile der männlichen Konkurrenz hinter sich lässt, hat damit aber noch kein Ende gefunden. Tatsächlich scheint sich die Katze nicht ganz sicher zu sein, ob sie lieber eine zahnlose Ein-Mann-Girlband im Stil von Samajona sein möchte („Hey Madame“, „Was Wäre Wenn“), oder zukünftig doch lieber eine Karriere als urbane Mutation aus Cascada auf Deutsch, Micki Krause und den Vengaboys plant („D.I.V.A.“, „Jetzt“).

Fragen wirft außerdem auf, warum sich die Künstlerin einerseits auf Albumlänge als das ungefähr heißeste Stück Fleisch dieses Planeten inszeniert, was sie ja für weniger selbstbewusste Teenager zu einem durchaus guten Vorbild macht, die 29-Jährige andererseits aber über eine ausgeprägte Fotoallergie verfügt. Auf die ausschließliche Verwendung von Pressefotos zu bestehen, passt dann eben doch nicht so zu: „Lange Haare, geiler Hintern, ich kann mit den Wimpern klimpern. So ’ne Puppe will hier jeder.“  („Mörderpuppe“)

Wer nun denkt, dass die Balladen der CD für Aufklärung über das Innenleben der Rapperin sorgen, wird bitterlich enttäuscht werden. Während „Nie Geliebt“ und „Was Bringt Unsere Liebe Um“ (immerhin mit dem Schmachtbarden Numero Uno, Xavier Naidoo) durch schon tausend Mal gehörte Worthülsen und den wenig mitreissenden Vortrag ungefähr alle Augen trocken lassen, wirkt „Kinder Dieser Welt“ mit all seinen Mitleidsbekundungen einfach nur bemüht. Zu „Verzeih Mir“, einem gerappten Entschuldigungsbrief an ihr einstmals abgetriebenes Kind, will ich mich hingegen nicht äußern. Bleibt zu hoffen, dass Kat mit diesem Song jungen Frauen in einer ähnlichen Situation wirklich hilft.

Abschließend dann aber doch noch ein Lob, oder zumindest ein Aufatmen meinerseits: Nach all dem Autotune und Tussitum und dem seichten Herzschmerz gibt es dann doch einen von 16 Songs, den ich wirklich (!) gut finde: „Jag Ihn Hoch“. Über einen Beat, der als erster des Tonträgers endlich mal nach Rap und guter Laune ohne exzessiven Drogeneinfluss klingt, plädiert Kitty für rohe Gewalt und jede Menge Dynamit in all jenen Situationen, die einem unfassbar auf die Nerven gehen. Endlich mal was, womit man sich wirklich identifizieren kann. Endlich mal unverfälschte Emotion, die man der Protagonistin sofort abnimmt. Featurepartner Chefket liefert mit Zeilen wie „Guck sie nicht schief an, sie wirft mit Dynamitstangen. Ihre ganze Wohnung ist ein Nitroglyzerinschrank. […] Waffenstillstand auf der ganzen Welt, wenn sie sich ausruht“ außerdem ganz nebenbei den besten Part des gesamten Releases ab.

Wäre „Pink Mafia“ von vornherein als Konzeptalbum für 14-Jährige aus dem RTL-Reality-TV-Programm angekündigt worden, hätte man weder der Künstlerin noch dem verantwortlichen Label irgendetwas  vorwerfen können. So lässt mich dieses Werk allerdings komplett fassungslos und auch ein bisschen sauer zurück. Sauer, weil die Künstlerin mehr kann und es nicht zeigt. Und nicht zuletzt, weil ich tatsächlich ganze 54 Minuten meines Lebens für diese Großraumdisco-Scheiße geopfert habe.