Prinz Pi – Rebell Ohne Grund

Sonnenbrille, Musketierbart, Vintage-Look – fehlt eigentlich nur noch ein lässiger Vokuhila und Prinz Pi gäbe auf dem Plattencover seines aktuellen Albums “Rebell Ohne Grund“ den Prototyp eines drittklassigen Amateur-Pornodarstellers aus den 70er Jahren ab.Auf seinem 18-Track starken Album grenzt sich Pi nicht nur durch sein optisches Erscheinungsbild von deutschsprachigen MCs ab, sondern orientiert sich auch musikalisch an unterschiedlichen Stilrichtungen. So verarbeitet der 31-jährige Rapper vor allem rockige Gitarren-Riffs und Schlagzeug-Sounds in seinen Liedern, insbesondere in “Königin von Kreuzberg“, “Drei Kreuze für Deutschland“ und “Du bist“.

Keine Liebe“, predigte der gebürtige Zehlendorfer noch auf seinem Debütalbum “Porno Privat“, mit dem er in der Berliner Untergrund-Szene schlagartig bekannt wurde. Dreizehn Jahre nach dem Release seines ersten Werks widmet er dem Thema “Liebe“ nun ein komplettes Album. Wer hätte das gedacht?

Hass, Eifersucht, Reue und Mitleid – Pi beschreibt in seinen Songs emotionale Zustände, in die man sich als Hörer sehr gut hineinversetzen kann, ohne dass er dabei in eine kitschige Richtung abdriftet. So setzt sich Pi zum Beispiel in seiner ersten Singleauskopplung “Du Bist“, zu der bereits ein Musikvideo erschienen ist, mit seiner großen Liebe auseinander, an der er offenbar immer wieder verzweifelte: “Ich hab den Glauben, doch mir fehlen die Beweise für dich“.

Der neue iGod“ und “Generation Porno“ sind elektronisch und erinnern an den typischen 8-Bit-Sound aus den 80er Jahren, der vor allem in der Titelmusik von  Spielkonsole-Klassikern, wie Super Mario Brothers, zu hören war. Das weckt Kindheitserinnerungen und lässt zumindest mein Herz deutlich höher schlagen.
Trotz des spaßigen Sounds beschäftigt sich Pi in “Generation Porno“ mit der gesellschaftskritischen Frage, ob exzessiver Zugang zu Pornoportalen oder Komabesäufnisse die persönliche Entwicklung von Jugendlichen zum Negativen beeinflussen können: “Mund auf, Alk rein, Trips rein, fick dein…Leben! / als würde es Michaels Gesicht sein / Meide weichen Lichtschein, suche den Strobo / Geschlechtsteile kommen immer gut auf dem Foto!“. Prinz Pi, die Supernanny des deutschen Rap, sorgt sich um orientierungslose Jugendliche. Einfach nur zum Brüllen, so komisch ist das – so alt ist der Mann doch jetzt auch wieder nicht.

Rebell Ohne Grund“ wurde hauptsächlich von Biztram produziert, der mich persönlich unfassbar aufregt, weil er die Melodie zu “Wunderkind“ aus dem Song “Try Sleeping With A Broken Heart“ von der US-amerikanischen Sängerin Alicia Keys einfach übernommen hat.
DAS IST KEIN SAMPLEN und kotzt mich so dermaßen an, dass ich seit dem !Donnerwetter!-Album eine Liste mit Foltermethoden aufgestellt habe, um mich eines Tages im Namen aller beraubten Künstler bei Biztram zu rächen. Langsam benötige ich neue Anregungen, denn die Liste wird immer länger und länger und mir gehen allmählich die Ideen aus.

Mit Features von E-Rich, Chefkoch, Timi Hendrix, Raf Camora, Kamp, Mudi und Biztram sind eine Reihe von – mehr oder weniger – talentierten Rappern auf dem Album vertreten, die sich textlich optimal in das Album einfügen, aber sich aufgrund ihrer  unspektakulären Flows auch nicht wirklich hervorheben.
Zum Erstaunen aller Atzen-Fans ist auch wieder die Berliner Untergrund-Legende Frauenarzt mit von der Partie und ruft im durchaus clubfähigen Song “Rand II“ zum Headbangen auf.

Rebell Ohne Grund“ ist ein rundes und in sich geschlossenes Konzeptalbum, das klassische Pi-Fans sowie Grünschnäbel, die noch nie zuvor von Pi gehört haben, gleichermaßen erfreuen wird. 18 abwechslungsreiche Tracks machen die CD zu einem der besten Konzeptalben, die Pi bislang veröffentlicht hat. Rebellisch, abwechslungsreich, großartig!