"Backpack Inferno“. Entgegen ersten Assoziationen, liefert Laas Unltd. mit seinem zweiten Album nicht den Soundtrack zu den aktuellen Terrorwarnungen, die uns die besinnliche Vorweihnachtszeit vermiesen. Statt scharf geschossen, wird in den 15 Tracks, glauben wir dem CD-Artwork, über Mikrofone, Kopfhörer, Gras, Schreibwaren, MP3-Player und Sonnenbrillen gereimt. In James Bond-Filmen haben aber derartige Alltagsgegenstände ja trotzdem mitunter eine explosive, was uns denn auch direkt zur rhetorisch grenzgenialen RTL-Explosiv-Überleitung bringt: Hat das Album von Laas nun also genügend Sprengkraft oder nicht?
Der einleitende Track "Laas Man Standing“ mit wohlwollender Unterstüzung von Kool Savas hinterlässt in jedem Fall einen positiven Eindruck. Natürlich hört man Sätze wie "Frag mich, ob ich dieses Jahr wirklich Deutschland kaputt mach‚“ auf gefühlt jedem zweiten Album, aber zumindest gelingt dem Akteur die Phrasendrescherei wesentlich unangestrengter als so manchem seiner Kollegen. Im nachfolgendem Track, der dem Album wohl zu seinem Namen verhalf, greift "Fat Lace“ dann aber gleich das nächste Allerwelts-Rapthema auf und erklärt, warum er viel mehr Hip Hop und im allgemeinen realer und truer ist als der Rest der Szene.
Sicherlich, Laas ist kein "Dealer aus der Unterschicht“, nichtsdestotrotz erschließt sich mir der Zusammenhang zwischen altgedientem Backpack-Sprechgesang und einem Monroe-Beat, der sich akkustisch irgendwo im Flo Rida Dunstkreis ansiedelt, nicht direkt.
Sicherlich, Laas ist kein "Dealer aus der Unterschicht“, nichtsdestotrotz erschließt sich mir der Zusammenhang zwischen altgedientem Backpack-Sprechgesang und einem Monroe-Beat, der sich akkustisch irgendwo im Flo Rida Dunstkreis ansiedelt, nicht direkt.
Auch "Shades“, ein Song über das Lieblings-Gesichtsaccessoire des Musikers, lässt nicht wirklich Backpack-Feeling aufkommen und erinnert an die Zeit, in der Samy Deluxe plötzlich den Ami-Swag in sich entdeckte. In den nachfolgenden Songs wird es thematisch dann plötzlich ziemlich wild. Während die positive Bestandsaufnahme des eigenen Lebensstils "Alles Ist Gut“ mit Harris und sido gut ins Ohr geht, skippe ich die Kiffer-Schnulze "GZSZ“ nach der Hälfte der Laufzeit einfach weg. Obgleich man sich den Track über das geliebte Grüne etwas weniger schleimig wünschen würde, überrascht "Verkackte Kinderheit“ dann wiederum mit einem für diese Thematik ungewohnt harten Tonfall und ist für mich aber gerade deshalb DAS Highlight von "Backpack Inferno“. Schnell und trocken werden Bilder von, sich bis aufs Blut beschimpfenden, Eltern aufgebaut und im folgenden Satz sofort wieder zerschlagen. Halte ich von Laas‚ Fähigkeiten als Lyricist im Allgemeinen nicht all zu viel, trifft er hier mit Lines wie "Papa sagt von Mama, sie ist eine Hure, ein Flittchen. Bin ich jetzt automatisch ein Hurensohn? – Bisschen“ so hart, dass es weh tut.
Trotz allem fällt es einem danach immer noch schwer, sich Herrn Unltd. als emotional berührenden Storyteller vorzustellen. Schließlich präsentiert er sich als Prototyp eines Hamburger Rappers: Immer etwas unterkühlt und arrogant, ja, beinahe leblos. Technisch allerdings einwandfrei und im Vortrag absolut souverän. Auf Albumlänge befriedigt mich das als Hörer jedoch nicht. Ich möchte Bilder in meinem Kopf haben, irgendwas hören, was mich auf welche Art und Weise auch immer trifft. In keinem der 15 Tracks gibt der Künstler dem Konsumenten eine Identifikationsmöglichkeit, auf manchen wirkt er sogar schlichtweg unsympathisch. All das trifft unter anderem zwar auch auf Laas‚ aktuellen Erzfeind Kollegah zu, bei dem gehört das allerdings zum bis ins Absurde übertriebene Zuhälterrap-Konzept. Mit grenzgenialen Punchlines und Vergleichen trumpft der Hamburger außerdem eher selten auf.
Der Name ist, insbesondere aufgrund der eher elektronisch-clubbig gehaltenen Beats von Absturz City und Monroe, nicht unbedingt Programm, was aber vielleicht auch mit der jeweiligen Definition von Backpack-Rap zu tun hat. "Backpack Inferno“ ist nichtsdestotrotz ein solides Album mit durchaus gegebenem Unterhaltungswert. Kann man hören, muss man aber nicht. Kann man gut finden, muss man aber nicht.
Vielleicht schafft es Laas Unltd. ja mit seinem nächsten Release aus dem Rap-Fegefeuer in Richtung Olymp. Aktuell erscheint mir das Gesamtpaket aber noch etwas unausgegoren.