Migo – RiggediRawtakesVol2

Da Migo als Privatperson relativ wenig hergibt, müssen leider solch magere Informationen, wie folgende, als Einleitung herhalten. Sorry for that: Die produktionstechnische Mitarbeiten an Kollegahs „Alphagene“ Album machten dem Düsseldorfer einen gewissen Namen in der Untergrund Hip Hop Szene Deutschlands, ebenso sein Beitrag am Debütalbum des jungen Herrn Farid Bang „Asphalt Massaka“, sowie die Veröffentlichung von weiteren Downloadalben wie Riggedirawtakes Vol.1 und Migo-Kapitel 1.Dass „ein Name“ aber eigentlich viel zu wenig ist, beweist Migo mit diesem 15 Tracks starken Album, das nun vorliegt und auf dem jener erwähnte Kollegah ebenfalls einen Gastauftritt hat. Migo hat das, was bei der Masse an öden Untergrundrappern oft vermisst wird: Talent und was nur sehr wenigen Rappern in Deutschland beschieden ist, Style.

Ja, Migo ist definitiv eine coole Sau. Der Sound strotzt nur so vor Lässigkeit und Überzeugung am eigenen Können, da kann man auch mal die Stimme bis ins parodistische verzerren.
Erste Einschätzung beim Hören: Der Mann weiß definitiv, wie man Ohrwürmer kreiert. Wem die Hook nach dem Hören von Brettern wie „Zu cool für dich“, oder „Witch“ nicht noch einige Zeit im Kopf herumschwirrt, sollte sich die Ohren putzen. Ein weiterer Pluspunkt: Textlich beweist Migo, dass hinter seiner Stirn ein Denkerhirn sitzen muss, das des Öfteren auf Hochtouren läuft. Mit einfacher Sprache, aber punktgenauen Zeilen beschreibt er Situationen und Bilder.
So thematisiert Migo im Track „Mann an der Tür“ (übrigens mit einer gefühlvoll gesungenen Hook von Sahin), die Einsamkeit in den eigenen vier Wänden, die einen hinaus in den Club treibt, zugleich wissend, dass man wieder zurück muss, dahin, wo man „auf die Nacktesten Wände blickt“:“Da draußen kommt die Wahrheit auf den Tisch/ Da drin ist’s warm, zuhause nicht/ Und er kann warten auf das Licht/ Anstatt sich fragen, wer er ist.

In „Tag X“ beschäftigt sich der Rapper mit der Phase, die meist beide Parteien nach einer voreiligen Trennung durchleben. Zuhause sitzen, warten, dass der andere sich meldet, sich entschuldigt, weil man ja nicht ohne einander kann. Hierbei wird auf schmalzige Textzeilen verzichtet. Im Gegenteil wird hier ausgeklügelt durch den chronologisch aufgebauten Text eine Atmosphäre erschaffen, die die gedanklichen Widersprüche eines Menschen in solch einer Situation, wirklich greifbar macht.
Tag 4. Und du standest nicht vor meiner Tür/ Ich habe extra eine coole Rede einstudiert/ Was nicht ist kann noch werden/ Morgen dann, denn ich weiß, du vermisst mich so derbe/ Tag 5, und du warst schon wieder nicht da/ Was hast du vor, diese Machtspiele sind arm
Nicht unerwähnt bleiben soll auch der Titel „Es scheint“, in dem es philosophisch wird. Migo stellt hier die Frage nach dem Sinn des Lebens auf etwas andere Weise, indem er in Frage stellt, wofür Mutter Erde unsere liebe Menschenrasse überhaupt benötigt: „Wer macht den jährlichen Checkup, wer singt ihr Lieder/ erzählt Geschichten und misst ihr Fieber?.. / Und es scheint, als braucht man uns nicht, als leben wir hier einfach nur so drauf

Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, aber das ist textlich wirklich erfrischend kreativ.
Leider zieht sich dieses Niveau nicht durch das gesamte Werk und manche Tracks haben das Wort „Lückenfüller“ einfach auf die Stirn tätowiert.

Insbesondere störend wirken Gastbeiträge von Toony und Potzen, die neben Migo schlicht und einfach nicht mithalten können. Oder etwa, dass Sahin den zuerst schönen Eindruck bei „Wer hält die Welt an“ wieder zerstört, wenn er an manchen Stellen wie Xavier Naidoo mit Heulkrampf klingt. Migokollege Kollegah und der an anderer Stelle schon hochgelobte Olson Rough machen ihre Sache dagegen gut.
Dennoch lässt sich „Riggedirawtakes Vol. 2“ als absolut gelungener Beweis für das Können des Migo aka Miggi Pop zusammenfassen.
Lässt sich die Scheibe auch nicht unbedingt am Stück durchhören, in Sachen Texte und Style bekommt man hier einiges geboten und ehrlich gesagt: Ich hätte dafür auch 15 Euro bezahlt.