Der Titel des Folge-Songs, „Hör Auf Deine Stimme“, klingt wenig vielversprechend, meine Neugierde ist nun allerdings geweckt. Nach „Halt den Kopf hoch, Bruder“-artigen Vocal-Samples von unter anderem sido und Azad folgt ein Part, in dem letzterer in Betonung und Inhalt dermaßen gekonnt durch den Kakao gezogen wird, dass ich tatsächlich lachen muss. Die beiden Chemnitzer und Feature-Gast Bass Boy sind offenkundig ebenfalls kein Fan von eindimensional gezeichneten Schwarz/Weiß-Songs über das Licht am Ende des Tunnels, das man nur durch den unbändigen Glauben an sich selbst erreicht. Als würde das nicht schon sympathisch genug sein, gibt es dann auch noch Zeilen wie die folgenden und spätestens ab diesem Moment bin ich endgültig Fan: „Du hast keinen Job mehr? Ich hab keinen Bock mehr, dir zu sagen ‚Du musst an dich glauben! Kopf hoch, yeah.‘ Denn egal wie sehr ich daran glaube, dass Kylie Minogue in meinem Bett liegt: Es ist einfach nicht so.“
Nachdem die Highlights direkt am Anfang verbraten wurden, folgt anschließend ein breites Feld aus thematisch wie Beat-technisch relativ ähnlichen Tracks. Wir haben schon alles gesehen, ihr saugt euch Ghetto-Geschichten aus den Fingern. Wir lieben Hip Hop, ihr macht es nur für’s Geld. Ihr seid noch jung und wisst nicht, wer ihr seid, wir sind alt und chillen jetzt. Das mag ja alles stimmen, kickt mich persönlich allerdings nicht wahnsinnig. Hören lässt es sich aber definitiv sehr angenehm, da die beiden Ostdeutschen zweifelsohne etwas von ihrem Handwerk verstehen und auch die Produzenten wie Tikay One, X-Plosive Beats und DJ Shusta haben einen klimpernden, Voice-Sample lastigen, durchweg positiv und sommerlich klingenden Soundteppich geschaffen, der zwar zu keiner Zeit Gänsehaut verursacht, dafür aber perfekt zu dem entspannten Rap der beiden altgedienten Herren passt.
„Gangsta“ samt Ami-Feature von Tragedy Khadafi ist auch so ein typischer Altherren-Track. Die Jugend von heute ist unmöglich, man selbst hatte zwar auch mal eine Waffe in der Hand, braucht den Scheiß jedoch nicht und weiß mittlerweile, was richtig ist. Wie das aber so ist mit Moralpredigten: Man hört ungerne zu. Außerdem finde ich die Aussage, dass alle, die im Club böse gucken dumm sind, dann doch etwas eindimensional für Leute, die sich von ebendiesen im Rest des Tracks durch ihre Lebenserfahrung und Reife abgrenzen. Trotzdem: Eingängiger Song. Außerdem merke ich einmal mehr, dass man mich mit Mobb Deep-Scratches immer kriegt. Egal wie ausgelutscht das schon sein mag.
Insgesamt ist „Weißt Du Noch?“ trotz offensichtlicher Resteverwertung respektive außerordentlich hoher Remix-Dichte ein überaus hörenswertes Album/Mixtape/was auch immer geworden. Natürlich klingt da ab und an Frust über die heutige Szene durch, selbstverständlich nervt es, wenn einem wiederholt mit dem Zeigefinger in die Seite gestochen wird. In Anbetracht der Tatsache, dass Tefla und Jaleel Geschichten aber einfach so angenehm und detailliert erzählen, dass man ihnen einfach gerne zuhört, drückt man da gerne Mal ein Auge zu.