Sorgenkind – Weltretter auf Jobsuche

Na gut. Beginnen wir einfach mal mit der Frage, die sich sowieso die Mehrheit der Leser stellen wird, die diese Review angeklickt hat: WER IST SORGENKIND?!Dazu muss gesagt werden, dass sich eine Präsentation absolut lohnt! War ich schon von Sorgenkinds Videobattles mit seinen Eypro-Kollegen  im rappers.in Lager begeistert, hat mich diese Platte nun vollkommen überzeugt, ihn als äußerst talentierte Neuerscheinung im Auge zu behalten.
In Solingen geboren, dann in Bayern aufgewachsen und wenn ich es richtig verstanden habe,  zurzeit in Berlin sesshaft, hat es den selbsternannten Weltretter auf Jobsuche schon in einige Ecken Deutschlands verschlagen, was seiner ausgefallenen Mucke nur zugute kommt!

Denn wie seit langem kein Anderer versteht es Sorgenkind, Situationen und Bilder haargenau zu zeichnen, mit einer punktuellen Treffsicherheit, die man so vielleicht nur noch von Kaas kennt, allerdings raptechnisch deutlich engagierter.

Wenn es mich auch kurz abgeschreckt hat, dass das Intro zum X-ten mal nach Clint MansellsLux Aeterna“ klingt, so belohnen einen Lines wie „werd mit keinem Preis am roten Teppich rumprahlen, werd nie Gelegenheit haben auch mal Rihanna zu schlagen/ Es wird kein Fernsehinterview mit Sorgenkind geführt/ wenn mich nicht ganz zufällig irgendwann Madonna adoptiert“ dafür, dass man doch nicht weggeskippt hat beim ersten Track.
In der Hook entfaltet Sorgenkind sein volles Potential und bringt eine, wie man später feststellt, typisch eingängige Gesangshook, die den etwas zu plastik-glatten Beat durch seine raue Stimme um eine rock’n’rollige Facette bereichert.

Im zweiten Song, der zugleich Titeltrack des Albums ist, wird in ironischer Stammtischmanier an der Welt herumkritisiert und sich darauf geeinigt, dass man eh in allem besser wäre, wenn man nur mal rangelassen werden würde. Trotzdem bringt er einen nicht wirklich zum schmunzeln und passt witzigerweise gar nicht zum Rest des Albums, der einen deutlich höheren Unterhaltungswert hat.

Der Tiefpunkt des Albums wird glücklicherweise bereits auf Track 3, „Sonne scheint für dich“, erreicht. Ein Liebeslied, das durch seine sonnenblumenkernigen Christenrockriffs und sein Reaggegejodel so langweilig anzuhören ist, dass einem selbst die kitschigen Lyrics fad vorkommen. Kurz, man möchte einfach wegschalten.

Dann geht’s aber wieder steil bergauf! Mit einem äh… liebevollen Skit, in dem Sorgenkind die 257ers dabei stört, zu produzieren und telefonisch nach einem Feature fragt, läutet er den Action-geladenen Mittelteil des Albums ein.
In „Wenn Gott kackt“ bekommt man die Erklärung dafür, warum denn bitte so viel schlecht ist, in der Welt: Gott muss halt auch ab und an mal groß, was sich dann auf die Welt entlädt und es ihm zusätzlich schlicht und einfach auch Spaß macht, Unwetter, Terror oder schlechte Sportergebnisse auf der Erde zu verteilen.

Bei den nächsten Tracks geht es dann munter elektronisch weiter. Da wird auf alles Spaßige verzichtet, weil es krebsfördernd sein könnte und man dann ja doch lieber fünf Jahre länger leben will als der Rest oder Sorgenkind featuret sich selbst als baeyrisch sprechenden Dorftrottel.

Ein wirklich abwechslungsreiches Album und ab „Ich hasse Sorgenkind“, indem er sich, wie alle guten Rapper es heutzutage wohl scheinbar tun müssen, über sich selbst lustig macht, so konstant Unterhaltsam, dass es den Rahmen sprengen würde auf jeden weiteren Track einzugehen. Nur soviel: Auch auf verhältnismäßig deepen Songs glänzt Sorgenkind, macht sich ungewöhnliche Gedanken, die es wert sind, gehört zu werden.
Auch wenn er sich dann doch eher fürs Entertainen entschieden hat, wie hier auf dem bierernsten Track „Darum Ironie“: „Von mir aus wirk ich künstlich, wegen fehlender deeper Verse/ doch nicht jede deepe Zeit ist wert, intensiviert zu werden/ Würde ich jede meiner Zeilen recorden, hätte ich massig Tracks, doch gings mir so scheiße wie vorher!/ Dann hätt ich massig Tracks voller geheule und Sorgen und somit fast nur Fans, die mich in Tracks heulen hörn wollen.

Alles in allem ein starkes Album eines interessanten Künstlers, der aufgrund seines Multitalents Ecken und Kanten hat und sympathisch erscheint. Manch etablierter Rapper könnte sich von diesem jungen Solinger noch etwas abschauen. Man hofft auf mehr.

Die Welt jedenfalls, ist ersteinmal gerettet. Danke!