Man sieht nur wenige Spiele, in denen sich die Fahrer mit diversen Waffen beharken. Am ehesten käme da noch das sehr bunte Mario Kart in den Sinn. Ob Blur aber genau so viel Spaß machen wird wie das "Vorbild“ (das auf sehr humorvolle Weise im offiziellen Werbespot aufs Korn genommen wird), muss sich erst noch zeigen.
Die Strecken führen durch Fabrikanlagen, Docks und Großstädte und das Ziel ist klar: als Erster durch das Ziel fahren und die bis zu 19 Gegner hinter sich lassen, notfalls mit Gewalt, häufig durch klugen Einsatz der Power-Ups, manchmal auch durch Glück.
Diese Power-Ups können auf der Strecke gefunden und aufgesammelt werden, bis zu drei Stück lassen sich gleichzeitig mitnehmen. Die Auswahl ist nicht sonderlich einfallsreich und besteht aus überwiegend obligatorischen Hilfsmitteln wie Nitros, Lenkraketen, ungelenkte Blitzsalven, Schilden, Minen, ringförmigen Schockwellen um das eigene Auto oder Reparaturkits. Lediglich das Schockzonenextra ist halbwegs einfallsreich, indem es vor das führende Fahrzeug mehrere blitzende Zonen legt, die Opfer verlangsamen.
Allerdings kann man viele der Waffen auf verschiedene Arten benutzen: Minen können nach vorne geworfen werden oder nahende Raketen zerstören, auf ähnliche Weise können Raketen und Blitze auch nach hinten geschossen werden. Auch die Schockwelle kann defensiv verwendet werden und der Nitro kann als Sofortbremse missbraucht werden, für besonders enge Kurven. Keines der Extras ist zu stark oder zu schwach, alle können gekontert werden und so für viel Ärger oder Freude sorgen. Zusätzlich kann der Spieler ein sogenanntes Mod in das Fahrzeug schrauben, das einzelne Power-Ups verstärkt.
Neben den normalen Rennen gibt es auch alleine zu fahrende Kontrollpunktrennen und diverse Rennen, in denen man sich vollständig auf das Zerstören von Gegnern konzentrieren muss. Neue Turniere schaltet man mit einer ausreichenden Anzahl an "Lichtern“ frei, die man für Podiumsplatzierungen, genügend Fans oder korrekten Tordurchfahrten erhält.
Fans dienen als eine Art Erfahrungspunktesystem, die man durch den Waffeneinsatz, Drifts und andere Manöver erhält. Besondere Fanziele lassen sich auf vielen Strecken finden. Wer diese erfüllt (z.B. ein Treffer mit einem Blitz während eines Drifts), erhält noch mehr Fans.
Im Einspielermodus gibt es 25 Stufen und mit dem Erreichen einer neuen Stufe erhält man weitere Fahrzeuge für den abwechslungsreichen Fuhrpark, die von Offroadtrucks über gut kontrollierbare Rennmaschinen bis hin zu anspruchsvollen Driftmonstern reichen. Die Steuerung der Fahrzeuge gestaltet sich aber generell sehr einfach.
Um die jeweiligen Bosse eines Turniers zu besiegen, muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen wie "Drifte 1.500 Meter“ oder "Treffe fünfmal mehrere Gegner gleichzeitig mit der Schockwelle“. Diese sind je nach Können und Schwierigkeitsgrad (3 sind wählbar) auch mal recht knackig und können zu einigen Rennwiederholungen führen, selbst wenn man schon überall alle Lichter erhalten haben sollte. Dieser Umstand und der durch die Waffen sowieso schon relativ hohe Glücksfaktor können zu dem ein oder anderen Frustmoment führen.
die wahre Stärke von Blur ist der ausgezeichneten Multiplayermodus. Dazu geht man entweder über das Internet mit 19 anderen Spielern auf die Piste oder man bedient sich der Splitscreenmöglichkeit, die sogar bis zu 4 Spieler gleichzeitig an die Konsole lässt.
Hierbei greift eine Motivationsspirale, die mich stark an die aus Modern Warfare 2 erinnert: Es gibt 50 Stufen (unabhängig zur Solokampagne), die neue Fahrzeuge und Mods freischalten. Letztere sind im Multiplayermodus noch wesentlich umfangreicher und man kann drei Stück benutzen.
Weiterhin gibt es eine ganze Menge an Erfolgen, die weitere Fans bringen. Wer das maximale Level erreicht, kann es wieder auf 1 setzen lassen und den Legendenmodus starten, mit einem neuen Extrafahrzeug (und das kann man mehrmals machen).
Außerdem werden durch Voranschreiten im Level weitere Rennmodi geöffnet, in denen man mal ein größeres, mal ein kleineres Starterfeld hat oder auch in Teams gegeneinander antritt.
Neuankömmlinge können sich bis Stufe 10 in der Fahrschule austoben, hier werden sie auch nicht von den Profis in Grund und Boden gefahren, was sehr gut ist. Die Rennen sind ausgeglichen, durch die Power-Ups gibt es gerade im Mittelfeld ein großes Gedränge und man kann schnell viele Plätze verlieren oder gutmachen. Oft fährt man als Führender dem ganzen Chaos aber nach kurzer Zeit davon, wobei es auch schon Rennen gab, die man im echten Leben per Fotofinish entscheiden müsste (und ich habe gefeiert).
Das Matchmaking funktioniert tadellos, auch wenn man ab und zu nur die Hälfte der maximalen Spieler auf der Strecke hat, was aber schon im nächsten Rennen automatisch wieder ausgeglichen wird. Die Spiele laufen fast durchweg lagfrei ab, Positionierungsprobleme gibt es eigentlich keine, lediglich der Einschlag eines Power-Ups kann mit kurzer Verzögerung angezeigt werden.
Auch wenn das Spielgefühl online schon sehr gut ist, mit vier Leuten vor der Konsole macht es aber immer noch am meisten Spaß. Schließlich will man sich Hohn, Spott und Flüche doch direkt an den Kopf werfen.
Die Grafik ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite wundert man sich, dass das Spiel ein wenig unscharf wirkt und die typischen Probleme mit der Kantenglättung treten auch hier auf. Zusätzlich wirken die Strecken überwiegend trist, was aber Sinn macht: Man erkennt die anderen Fahrer und vor allem die effektreichen Power-Ups sehr gut und kann so entsprechend reagieren.
Auch der Rückspiegel, den man bei diesem Spiel bitter nötig hat, gewährt eine gute Übersicht über das Treiben hinter dem Spieler. Nervig ist allerdings das rot blinkende Bild, wenn der Wagen nahezu demoliert ist, denn dadurch erkennt man nur noch wenig von der Umgebung. Zumal der Sound sowieso schon ein gutes Feedback über den Zustand des Fahrzeuges gibt.
Die Musik wirkt dann stark beeinträchtigt. Sollte man von einer Schockwelle getroffen werden, wird sie kurzzeitig sogar elektronisch verzerrt – genial. Leider ist der Soundtrack nicht ganz auf dem Niveau der großen Rennspielproduktionen wie Need for Speed oder Burnout. Die größtenteils elektronischen Klänge sind aber nie nervig und passen zum Stil von Blur.
Jeder, der an Mario Kart seinen Spaß gefunden hat oder generell auf Arcaderennspiele abfährt oder häufig mal 1-3 Freunde daheim hat, kann sich Blur mal anschauen. Das Spiel ist wirklich gut und motiviert durch seine Stufen, auch mal länger daran zu sitzen. Seine Makel in Sachen Sound und Grafik sind zum Glück relativ unwichtig für den Spielspaß.
Ach ja: Man sollte sich zu dem Spiel gleich noch tolerante Nachbarn dazu bestellen. Soviel Freude und Frust erträgt nicht jeder. Es ist halt einfach spannender als ein Formel 1-Rennen.