F.R. – „Wer Bist Du?“

Es gibt sie, diese Musiker. Wirklich niemand könnte behaupten, dass sie von ihrem Handwerk nichts verstehen. Vielleicht gehören sie technisch auch zur Elite der hiesigen Rapszene, aber sie schaffen es einfach trotzdem nicht, mich mit ihrer Kunst anzusprechen. Ein Dilemma, dem man sich insbesondere als Rezensent ausgeliefert sieht. Einerseits kann man nicht sagen, dass das Album schlecht ist, andererseits sagt es einem so absolut gar nichts, dass man schier verzweifeln möchte.

F.R. ist für der Prototyp eines solchen Künstlers. Er reimt gleichmäßig wie eine Nähmaschine über jeden Beat und selbst die Variationen in seinem Vortrag gestalten sich so vorhersehbar, dass man sich spätestens ab dem dritten Track denkt: "So. Gleich kommt die Hook. Gleich hebt er  wieder seine Stimme an und fängt wieder an zu schreien?

Der Braunschweiger ist ein bisschen wie Plastikbezüge für Polstermöbel: Es gibt keine Flecken, aber wirklich schön isses auch nicht. F.R. macht keine Fehler, erlaubt sich nicht den leisesten Ausbruch und bleibt damit so profillos, dass selbst nach mehrmaligem Hören seines aktuellen Albums "Wer Bist Du“ absolut nichts hängen bleibt. Wer ist der 20-Jährige, der sich selbst zu gerne an seine frühen Anfänge und seinen Status als "Wunderkind“ erinnert? Was weiß man von dem Mann, der es für sympathisch unperfekt hält, wenn man mal einen Text vergisst, dann aber bis ins Detail genau beschreiben kann, wie ihm das EINMAL passiert ist?

F.R. kommt aus gutem Elternhaus, scheint ein bisher relativ reibungsloses Leben gehabt zu haben und wird außerdem nicht müde zu betonen, dass er mittlerweile seinen Schulabschluss besitzt. Man mag es mir als haltlose Vermutung anlasten, aber vielleicht ist es auch gerade deshalb so schwer, Fabian Römer sympathisch zu finden, weil er in jedem zweiten Satz erwähnt, dass er sein Abitur mit 1,5 abgeschlossen hat?
In jedem Fall hat der junge Mann bis auf die Tatsache, dass er schon ziemlich lange ziemlich gut rappt, absolut nichts zu erzählen, was in irgendeiner Art und Weise spannend ist.

Wenn F.R. in "Son Of A Preacher Man“ sagt, dass er irgendwelche Groupies entjungfert oder anderen Rappern die Fresse poliert, dann mag das ja lustig und mit Sicherheit auch irgendwie Szene-kritisch gemeint sein, weil er aber im allgemeinen den Eindruck erweckt, einer der unlockersten und humorlosesten Menschen der Welt zu sein, gehen derartige Aussagen leider nach hinten los.

Thematisch wird auf dem musikalischen Selbstfindungstrip einiges abgegrast, leider kann ich mich aber auch nach dem dritten Mal Durchhören nicht mehr wirklich entsinnen, daraus irgendwelche lebenserschütternden Weisheiten gezogen zu haben.
Der immer gleiche Aufbau der durchaus gut durchproduzierten Songs langweilt innerhalb kürzester Zeit unfassbar und wenn ich wirklich nur bei einem einzigen Track sagen kann, dass ich Lust hatte, den noch einmal zu hören – ja, dann ist einfach alles zu diesem Album gesagt. Leider.

"Wahl Der Qual“ weckte zumindest ansatzweise mein Interesse und betrachtet vermeintlich negative Dinge des Lebens von einer teilweise absurd positiven Seite und ist sogar ein bisschen witzig. Trotzdem erfährt man auch hier absolut nichts aus dem Leben respektive der ganz persönlichen Ich-Suche des Protagonisten und nach dem letzten der 15 Tracks bleibt die Erkenntnis: F.R. kann unmöglich ein Mensch sein.

Eventuell wäre "Der Mann Ohne Eigenschaften“ ein passenderer Name für das Album gewesen. Vielleicht nimmt sich der Künstler mit dem Titel "Wer Bist Du?“ aber auch ganz unverkrampft selbst aufs Korn und ich habe es einfach nicht verstanden und Rap braucht zumindest auf Seiten der Hörer doch Abitur.

Nichtsdestotrotz: Ich persönlich habe das Gefühl, dass der Künstler entgegen aller Beteuerungen nichts, aber auch gar nichts von seinem eigenen Selbst in diese Platte gesteckt hat. Denn ja, irgendwo tief in mir drin glaube ich noch daran, dass F.R. so etwas wie eine Persönlichkeit besitzt, die nur darauf wartet, irgendwann mal raus gelassen zu werden. Bis es soweit ist, kann ich leider nur sagen: Technisch gut, ansonsten aber schmerzhaft belanglos.