Brotha Lynch Hung – Dinner And A Movie

Sieben Jahre ist es nun schon wieder her, dass der König von Sacramento, der Gottvater des Horor und Splatter-Raps mit seinem letzten offiziellen Solo-Album „Lynch by Inch„, für ein Blutbad nach guter alter Art gesorgt hat.In der Zwischenzeit hielt Lynch seinen Output mit zahllosen Mixtapes, Collabo-Alben und Features auf konstant hohem Niveau (man denke nur an das herrliche Album mit MC Eiht) und nach der freudigen Nachricht seines Signings beim momentanen Independent Label Nr. 1, Strange Music, waren die Erwartungen an die daraufhin angekündigte Album-Trilogie natürlich besonders groß.
Dinner And A Movie“ macht nun den Anfang, begleitet von drei Videos. Gleich der erste Song, „Colostomy Bag“ macht klar wohin die Reise geht. Allerfettester Sound erster Güteklasse, der aber auch nicht die geringsten Wünsche offen lässt. Ein Lynch, der sich hungrig wie gewohnt mit hochinteressanten Flows, unerwarteten Tempo- und Patternwechseln und endlosen Reim-Combos in Hochform präsentiert. Gleich nach der Hälfte des ersten Parts haben wir schon die erste Gänsehaut-Situation. Zur einsetzenden Killer-Bassline flowt und kombiniert der Meister so blitz-sauberst daher, dass es eine wahre Freude ist.
Auch im nächsten Track, „D.O.A.“ (inclusive Magie-Hook!) zerrippt Lynch das Mic als gäb‘ es kein Morgen und spätestens beim monumentalen „Don’t Worry Momma It’s Just Bleeding“ mit Tech N9ne, Krizz Kaliko und D.E. hat man unweigerlich dass Gefühl, eines der größten Alben der letzten Jahre genießen zu dürfen.
Ganz, ganz großes Kino und man kann tatsächlich nicht mehr von Gänsehaut reden, vielmehr werden die Härchen zu Stahlborsten, die aus der Haut wachsen, wenn ich mir dieses etwas verschrobene Bild mal erlauben darf.

Lynch Hung ist „Jason In 3D„. Der Alptraum für alle Rapper, die von Flows und Styles reden, ohne zu wissen, was das eigentlich sein soll. Hier wird es in Reinform zelebriert. Dazu kommen die hervorragenden Produktionen von Michael“Seven“Summers und Justin“Axis“Patton, die das Gerüst des Albums bilden.

Während Michael für die monströsen Halftimer zuständig ist, hat Axis die dicken Bretter mit
leichtem Dre-Einschlag zu bieten, die sehr vieles wegfegen. Auch die anderen Produzenten fügen sich gut in das Gesamtbild des Albums ein und Lynch himself steuert den Beat zum abschließenden Song mit Snoop, Daz und Kurupt bei.
Auch die, auf den ersten Blick, sehr vielen Features entpuppen sich als perfekt in den Fluss des Albums integriert. So hört sich ein Klassiker-Album an, ein zeitloses Werk, fernab jeglicher Trends und Moden. Und dies soll ja nur der Anfang gewesen sein!

Jetzt mag vielleicht manch ein Conscious-MC einwenden, dass es sich im Lynch’schen Kosmos nur um Mord und Totschlag in all seinen Auswüchsen drehen würde… das stimmt, aber dies ist eben die Musik, die Lynch gerne hören möchte und nichts anderes.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Coathangastrangla ein MC ist, der in all den Jahren keinerlei Anstalten gemacht hat, irgendwelche kommerziellen Kompromisse einzugehen und sich dabei raptechnisch immer weiter nach vorne entwickelt hat. Wenn das nicht Conscious der Kunst gegenüber ist!? Jedem Satz hört man die mittlerweile bestimmt 30-Jährige Rap-Erfahrund an.

Nichts ist langweilig oder schon mal da gewesen. Alles ist spannend und neu und natürlich ist das alles auch nicht jugendfrei, und die Drastik seiner Bilder für manch einen schwer verdaulich.
Die Höhepunkte bilden dabei das Mordspektakel“Murder Over Hard“ und das Kidnap, Fessel und Folterinferno: „Sit In Your Corner Bitch!„, das zeigt, was dabei rauskommen kann, wenn man zuviel im Internet rumhängt und an die falsche myspace oder facebook Bekanntschaft gerät. Nebenbei auch noch eine Abrechnung mit allen Pussy-A&R’s.

Doch irgendwie geschieht dies alles immer mit einem gewissen Augenzwinkern, garniert mit Sprüchen wie: „I’m fuckin them bitches while they on their period….I’m seasick […] like Chucky I’m cuttin‘ the buttcheek“ oder „I’m wearin‘ their skin, sombody on the news askin: where have they been!?“ (Der letzte Satz bildet übrigens den Abschluss einer der glanzvollsten Flexparaden jüngerer Zeit im Song „Split Personality„).

Inmitten des ganzen Blutrauschs finden sich allerdings auch sehr persönliche und nachdenkliche Songs wie „I Tried To Commit Suicide“ und „Meat„, die jeder Rapper nochmal hören sollte, wenn er der Meinung ist, einen sogenannten „deepen“ Text verfasst zu haben. Hier zeigt sich der wahre Mensch Kevin Mann, ein Mann, den man allein aufgrund seiner unglaublichen Realness einfach lieb haben muss, mal ganz abgesehen von seinem Können als Künstler.

Spätestens mit diesem Album steigt er in die Liga der ganz großen Rapper wie Micah und Tech N9ne, Z-Ro, Ab Rude oder Eminem auf.

Und, wie schon gesagt, dies war nur der Anfang.