Team Avantgarde – Paradox

Produzent Zenit und Rapper Phase bilden das Team Avantgarde und liefern mit „Paradox“ ihr zweites, gemeinsames Album ab.
Der Vorgänger „Absolut“ erschien 2007 ebenfalls beim Berliner Label Edit Entertainment und sorgte im Untergrund doch für einiges Aufsehen.Als bekennender Edit Fan, blicke ich auf jedes Release mit einer Mischung aus Vorfreude und der eigentlich unbegründeten Angst, enttäuscht zu werden. Bei „Paradox“ überwiegt schon nach dem ersten Durchskippen die absolute Begeisterung.
Bereits „Absolut“ bestach ja schon damals durch Phase’s kluge, reflektierte Auseinandersetzung mit dem Leben im Allgemeinen und der Liebe im Speziellen, aber während „Absolut“ von Melancholie und dem Konsum von Schnaps geprägt war, hebt sich „Paradox“ eindeutig davon ab.

Insgesamt klingt „Paradox“ nämlich sehr viel entspannter und zufriedener, ohne sich allerdings  in Belanglosigkeiten zu verlieren. Noch immer wird philosophiert und angeklagt, aber man kommt aus diesem Album deutlich versöhnter mit der Welt heraus, als aus „Absolut“.
Das liegt zum Einen an den doch sehr anderen Texten und an Phase’s veränderter Art zu rappen, aber auch an den schnellen Beats und den vielen Drums, weshalb sich das Album übrigens auch perfekt zum Joggen eignet.

Auf den insgesamt 16 Tracks kommt aber nicht nur Phase selbst zu Wort, sondern selbstverständlich auch die Labelkollegen Gris und Amewu. Außerdem ist es schön, ein Wiederhören mit Justus aka Double J zu feiern, der auf dem Track „Pollwinners“ gefeatured wird. Auf diesem Track ist wiederum auch Bobafettt zu hören, weswegen „Pollwinners“ im Übrigen vielleicht auch einer der besten Tracks auf „Paradox“ ist.

Das gelegentliche Einspielen von Dialogen vermittelt mir den Eindruck, dass die Protagonisten das, was sie tun, lieben und genau dieses Grundgefühl, diese Liebe zur Sache macht dieses Album so stark.
Phase liefert sehr persönliche Texte, wie zum Beispiel in „Wunderbare Jahre“, wo unbeschwerte Kindheit und Jugend den thematischen Background vorgeben.

Bei „Guck Mein Drumset“ packt nicht nur Zenit richtig aus, sondern auch Gris und Phase überbieten sich mit Vergleichen: „Dieser Part trägt Sonnenbrille und ist nicht zufällig gut, er trägt nen Diamanten Ring und nen Zuhälterhut, er sieht aus wie ein Model und ist fresh und clean und kommt aus dem guten alten Westberlin.

Doch auch auf „Paradox“ fehlt der melancholische Konsens von „Absolut“ nicht komplett, er steht nur nicht mehr im Vordergrund. Trotzdem haben Tracks wie „30m2“ oder „Konventionen“ einen Beigeschmack von Außenseitertum und Gesellschaftskritik, klingen aber insgesamt weniger verzweifelt, als man es von Phase ansonsten gewöhnt ist.

Mit „Paradox“ feiert Edit das zehnte Release und hat in den letzten Jahren definitiv an Professionalität gewonnen.

Persönlich gefällt mir das Paradox“-Artwork nicht unbedingt, aber weil es zum Album dazugehört, möchte ich diesen Umstand nicht unerwähnt lassen.
Sämtliche Videos dagegen können sich sehen lassen und seien jedem Musik-Fan ans Herz gelegt, weil sie „Paradox“ perfekt unterstreichen und dem Album eine zusätzliche, künstlerische Dimension verleihen.

Insgesamt ist das Album mit einer Spielzeit von 50 Minuten ein wenig knapp gehalten, aber hohe Qualität im Gegensatz zu mülligen 30-Tracks-Quantität-Mixtapes entschuldigen auch das.

Auch nach intensivstem Hören ist „Paradox“ uneingeschränkt empfehlenswert – und vielleicht gerade dann. Ein seltenes Prädikat in diesen Zeiten – das kommt nicht oft vor. Epos!