Den Punk-Ethos schafften erst K.I.Z zu transportieren und das auch nicht via Instrumentalbegleitung, sondern auf HipHop-Beats. Die aus Chemnitz kommende Band "KraftKlub" setzt auf eine Kombination von Rock und Texten, die eher dem Rap-Bereich zuzuordnen sind. Den ersten Pluspunkt handeln sie sich jedenfalls durch den unaufgeregten Einsatz von Instrumenten ein. Denn die Beats kommen aus sich selbst heraus, das ist kein erzwungenes Projekt, bei dem irgendwelche Spastis auf Teufel komm raus versuchen, "auch mal so was Rockiges zu machen, mit verrückten Texten und so!“ Also, das ist schon mal ein Pluspunkt. Weiterer Pluspunkt ist der souveräne Rap-Stil, der aus sich selbst heraus kommt. Auch hier sind keine Spastis am Werk gewesen, die irgendwie nichts von Rap verstehen und deshalb nur "Eule/Beule“-Reime in Mikro faseln.
Beim ersten Track "Fotos Von Mir“ guckt man aber dann noch mal ungläubig auf die CD. Ist das nicht…? Der Rapper des KraftKlubs hört sich einfach wie eine Vermatschung aller rappenden Kannibalen in Zivil an. Und nicht nur Stimmlage, sondern auch die Reime, Vergleiche und beschriebenen Situationen, alles klingt irgendwie nach K.I.Z.. Das ist jetzt nicht schlimm, aber man fühlt sich leider immer an die vier Herren aus Berlin erinnert. Die Musik macht trotzdem, das ist nicht zu bestreiten, Spaß. Das beste Lied der sieben Tracks starken EP ist auch gleich das zweite, "Zu Jung“.
In dem Track wird das ganze Elend der Zuspätgeborenen thematisiert und den Ärger darüber, nicht Teil einer Jugendbewegung sein zu können. Denn für alle Big Things ist man zu jung, "Verdammt, ich langweile mich, Alter, wo bleibt die Action, bei euch starb Kurt Cobain, bei uns ein bleicher Michael Jackson!“ Der Beat ist ein "Transmission“-artiges Rumgemonotone, hört sich dementsprechend gut an, passt auch super zur Stimmung und Stimme. Gute Idee auch, in die Hook ins Deutsche übersetzte Text-Fragmente einzubinden, "Hey Joe, wo willst du mit der Knarre hin!?“
Eher halblustig wird es dann bei "Scheissindiedisko“. Ja, das Wortspiel ist ganz okay, auf den Killers rumzuhacken auch, aber der Fäkalhumor wirkt dann doch ein bisschen angestrengt. Aber auch hier wirklich Respekt an die Band, das ist wahnsinnig tanzbar und irgendwie echt gut. Gleiches Problem auch bei "Randale“: Ein Text über eine randalierende kleine Schwester, öff. Das ist wirklich nicht so spannend, aber diese Stakkato-Wernerschreie sind geil, trotzdem, "Deine Schwester ist hübsch/ aber schwach/ Meine Schwester isst ein Stück Seife zum Frühstück“. Höhö.
Bei "Liebe“ läuft das Zusammenspiel von Text und Beat aber gut, es geht um eine verflossene Liebe, der man wirklich nicht hinterher trauert, echt, es ist wirklich viel besser so. Nein, ist es natürlich nicht: "Ich sitze nie zuhause/ und hör unser Lied/ Denn ich Lieb dich nicht, Du liebst mich nicht/ Ich laufe nie durch die Stadt/ Um dich zufällig zu treffen/ Denn ich Lieb dich nicht, Du liebst mich nicht […] Und ich bin ganz selten auf deinem Facebook-Profil“ Das ist wirklich gut, kleinere Alltagsschnipsel ins große Ganze gestreut, Musik fetzt. Super!
Track Sechs, "Ich Hau Rein“, ist etwas, was es, zumindest im Bereich des deutschen Raps selten gab. Nämlich ein "Ich-hau-jetzt-ab-aus-dem-Nest-hier!“-Track (Ausser bei den Massiven Tönen). Das ist auch ein bisschen der Soundtrack für rebellierende Dorfkinder, aber wenn man 19 ist und wegziehen möchte, kann das bestimmt Spaß machen: "Ich habe Böller in die Briefkästen gesteckt/ Ich habe jede Bushaltestelle vollgetaggt/ Ich habe alle Mülltonnen umgekippt/ Und in eure Vorgärten gepisst!“
Nach sieben Liedern ist die Meinung über den "KraftKlub“ irgendwie gespalten. Auf der einen Seite muss man ihnen wirklich Hit-Potential bestätigen, bei "Zu Jung“ und "Liebe“ wird wirklich auf hohem Niveau getextet, die Band macht einen druckvollen Sound, alles richtig gut! Auf der anderen Seite ist da aber auch Zweifel: Gibt es diese Band schon lange, oder ist das jetzt so ein Zeitgeist-Produkt? "Hey, Atzen und K.I.Z, die machen ja auch so ähnlich was, wollen wir da nicht auch mal was machen!“ Trotzdem: Das könnte ganz interessant werden.