Wie dem auch sei, mit einem Dia- oder Monolog aus irgendwelchen Filmen zu beginnen ist ja nichts neues, so auch hier im "Intro“ des dritten Teils der "Zuhälter“-Trilogie. Auch zu erwarten war, dass der Boss back ist und mal wieder Karrieren beendet – interessant!
Ein Talent von Kollegah war es schon immer, mehr oder weniger harte Texte bzw. Inhalte durch eine ruhige, unterfordert wirkende Stimme so rüberzubringen, dass sie ganz normal und eben nicht "asozial“ rüberkommen. Dies sorgt, neben den ebenso zurückgelehnten "easy listening“-Beats, für Musik, die man entspannt im Auto, oder einfach mal nebenbei hören kann. "Westside“ und "Angeberprollrap 2“ sind zwei ideale Beispiele für diese Art von Tracks. Wo genau der Unterschied allerdings zwischen "Angeberprollrap 2“ und dem witzigen "Freestyle“-Vorgänger auf dem ersten Zuhältertape besteht, müsste man mir bei Gelegenheit mal genauer erklären. Ich sehe keinen.
Einer der nur zwei, statt vier geplanten, Feature-Gäste ist ein alter Bekannter, Sun Diego. Dieser mischte schon auf "Chronik II" ("G’s Sterben Jung“) mit, hat sich aber seitdem eher zurückentwickelt. So scheint es zumindest in "Rotlichtmassaker“. Gegen Kollegah wirkt Diego’s genuschelte Doubletimerei nämlich eher verloren und überhaupt ist dieser Track einer der weniger gelungeneren auf diesem Album.
Gut in’s Ohr gehen dagegen vor allem "Zuhälterrap“ und "Lovesong Reloaded“. Der Titeltrack erinnert hierbei stark an "Herbst“, wenn er eindringlich den Konflikt zwischen Religion und Business veranschaulicht und mit einer mehr oder weniger nachdenkliche Hook aufwartet.
Ganz anders dagegen wieder "Lovesong Reloaded“. Wer plötzliche romantische Anwandlungen erwartet, dürfte trotz einiger netter Worte für seine "number one“, sein bestes Pferd im Rotlicht-Stall sozusagen, auch dieses Mal wieder enttäuscht werden. Trotz allem erkennt man speziell hier eine starke technische Weiterentwicklung im Vergleich zu den ersten beiden "Zuhältertapes“.
Als eine Art roter Faden ziehen sich die "Hoodtales I – III“ durch das Album. Wobei in den "Hoodtales I“ mal "ein ganz normaler Donnerstag“ beschrieben wird, inklusive Kokserei, Weed verkaufen, am Bahnhof Zigarre rauchen und blutige Fressen erzeugen.
"Hoodtales II" erzählt von beim Geschlechtsverkehr von der Mutter, der zu diesem Zeitpunkt bestiegenen "Schlampe“ gestört werden, die bei dieser Gelegenheit praktischerweise gleich noch geschwängert wird und das im Nachhinein unverständlicherweise gar nicht mehr so cool findet.
Aber um bei der Gelegenheit mal auf die Vergleiche und Punchlines zu sprechen zu kommen: „Und du hast sächsischen Dialekt, der Boss nicht, er hat sechs Ischen, die er leckt“. Das ist brillant!
"Hoodtales III“ ist dann eher so das Übliche, ähnelt der I. und erinnert im Übrigen zumindest musikalisch stark an Kollegah’s Anfänge, vor nicht allzu langer Zeit. Hier geht er mal in Holland einkaufen und führt nette Gespräche mit Zollbeamten, nichts Spektakuläres also, so wie der Track im Allgemeinen.
In "Hiroshima“ werden dann "weibliche Familienmitglieder, geordnet nach Verwandschaftsgrad“ beschlafen und Koks getickt. Auch das: Überraschung!
Aus der Reihe fällt dagegen "Fahrenheit“, zumindest der Anfang ist eher ungewöhnlich, der Track an sich klingt dabei dann wieder typisch Kollegah, erzeugt neben "Internationaler Player“, der später kommt, aber auf jeden Fall am meisten gute Laune.
Bei "Selfmade Kings“, wo denn auch Feature-Gast Nummer Zwei zum Zuge kommt, wird Kolle dann durch seinen Label-Kollegen Favorite unterstützt. Das sorgt für einen Hauch frischen Wind im verhältnismäßig eintönigen Album. Dass Herr Kollegah "mehr Kohle als Gemüsehändler“ hat, dürfte schließlich auch allseits bekannt sein.
"Internationaler Player“ gewährt uns dann einen Einblick in T.O.N.I.‘s großzügige Wohnsituation. Deine Frau nämlich, geht in sein Haus so groß "wie’n paar Fußballfelder“ und obwohl der Track thematisch im selben Angeberfahrwasser schwimmt, ist er meiner Meinung nach der beste des Albums. Er macht den Hörer automatisch mitnickend und man hört, dass Kollegah selbst Spaß an der Sache hatte. Im Vergleich zu anderen Titeln klingt seine Stimme noch selbstbewusster (was eigentlich schlichtweg unmöglich ist!) und entspannter. Der Beat tut sein Übriges und verbreitet einfach gute Laune, wenn man so vor dem Spiegel steht, mitrappt, seinen Bizeps anspannt und sich ein bisschen geil findet.
"180 Grad“ und "Amsterdam“ gehören wiederum zu der Art von Tracks ohne großen Wiedererkennungswert, beschreiben den Import/Export/Verkauf und somit die Arbeit eines ganz normalen Betäubungsmittel-Kaufsmannes. Sollte man der IHK vielleicht mal als anerkannten Ausbildungsberuf vorschlagen, schließlich ist "ehrliches Geld wie dieser Wind of Change-Song, darauf wird gepfiffen.“
Im "Outro“ wird dann zur Abwechslung nochmal seine Dealer-Tätigkeit genauer beschrieben. Man "lässt Unterkiefer brechen, so wie Bulimie-Patienten“ und der finale Teil der Zuhälter-Trilogie endet mit einer netten Verabschiedung vom Boss und alles ist beim alten. "Das ist wie Spiegel, man sieht sich meine Freunde.“
Und das Ende vom Lied, vom Tape, vom Album?
Dass die Thematik des Albums vorhersehbar ist, dürfte jedem von Euch klar sein. Nichtsdestotrotz hat das "Zuhältertape 3“ einen sehr hohen, wenn auch keinen langlebigen, Unterhaltungswert. Unterhaltsam aufgrund der Tatsache, dass es der T.O.N.I., der Kolle, der Boss, es einfach nicht lassen kann, mit dem Dealen, dem Ficken und vor allem nicht mit dem Vergleichen! Und das ist gut so.