Es ist jetzt nicht unbedingt so, dass "Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit, Orsons“ frei von ausgedachten Geschichten ist. Ganz und gar nicht, der absolut konstruierte Titel verrät es ja schon, aber die Geschichten sind mit sehr viel Bedacht gewählt und wenn jetzt sogar nicht unbedingt jede einzelne Idee meinen Geschmack trifft, so gibt es eben ein paar andere, die das genau tun. Das Großartige an diesem Album ist, dass die Orsons gelernt haben, sich selbst zu beschränken: Ein Song, eine Idee, eine Umsetzung, ein Kunstwerk. Und nicht ein Song und jetzt versuche ich da mal alles reinzupacken und eigentlich soll es ein bisschen ernst sein, aber nicht zu ernst, sondern auch ein bisschen witzig und zeigen dass wir rappen können, das wollen wir auch noch und cool soll es auch noch sein, aber auch noch ein bisschen Selbstverarschung und… Nein. Die Orsons haben den Mut, ganz einfache Songs zu machen und zwar von vorne bis hinten. Einfach nur einen Song. Das geht dann sogar so weit, dass zwei Stücke nur von je einer oder zwei Person(en) geschrieben wurde(n), was in Rap Formationen bislang eher ein No-Go war, hier aber definitiv funktioniert. Weg vom Wir-machen-vier-verschiedene-Parts-und-klatschen-eine Hookline-drüber-Konzept der Vergangenheit.
So schaffen die Orsons kleine Miniaturen, in denen durch die liebevolle Beschreibung der Details, Welten nachvollziehbar werden, die man entweder kennt, oder eben nicht kennt, dafür aber vorstellbar werden. Wir haben im Interview ja auch schon vom Kristallkugelprinzip gesprochen und beim mehrmaligen Hören des Albums verstärkt sich dieser Eindruck, dass man durch die / mit den / in den Orson Songs kleine Miniaturwelten sehen kann, die man so nicht immer sieht. Ob das jetzt "Zum Mond“ ist, in dem der Blick weg vom Alltagsärger und Stress, raus aus dem Fenster zum Mond geht und man sich eben daran erinnert, wie man sich früher gefragt hat, wie es wohl sein mag, wenn man zum Mond fliegt… Oder der Track "Nie Wieder Schule“, bei dem die Orsons Fanbase mitschreiben durfte, in dem sie kurze knackige Statements zum Thema glücklichster Moment deines Lebens abgeben durften. Und manchmal ist das dann halt einfach nur: Nie wieder Schule.
Mit "Orsons Anarchie" und "Die Pflicht Ruft (Aber Wir Hören Nicht Drauf)" beschäftigen sich die vier Stuttgarter/Reutlinger etc. mit dem Thema Freiheit, das sich irgendwie versteckt, aber doch durch das ganze Album zieht. Die Freiheit als Künstler, als Musiker, als Mensch. Die Freiheit zu tun zu lassen, was man will. Sich die Freiheit nehmen. Sich selbst die Freiheit zugestehen. Die Freiheit, ein solches Album zu machen, gegen seine eigene Limitiertheit anzukämpfen und Vorurteile über Bord zu werfen.
Ganz großes Kunst hier auch das Feature mit Rummelsnuff, dem personifizierten Albtraum eines jeden Hip Hoppers, der Angst davor hat, von einem zwei Meter großen und ein Meter fünfzig breiten Schwulen vergewaltigt zu werden. Rummelsnuff würde es tun und ihr könntet nichts dagegen machen. Weil er sehr stark ist und in diesem Fall die Hook von "Die Sirenen Von Eldorado“ eingesungen hat. Ein Königreich für ein Vorurteil!
Wobei wir beim letzten Punkt wären und das sind die Hooklines plus Instrumentals. So einfach geht’s. Rin paar schöne Melodien. Ein paar gute Ideen und fertig ist der Ohrwurm. Einfach machen. Super. Danke.
Und auch wenn ich wirklich nicht jeden Song feiere, zum Beispiel ist "Beatles Piraten" ein echt harter Skip Kandidat, das Album in seiner Gesamtheit ist eins Plus. Sechseinhalb Punkte von sieben und deshalb sieht es auf unserer Skala auch nach voller Punktzahl aus.