Da es sich aber mit 23 Bewerbern um ein recht unfangreiches Teilnehmerfeld handelt, werde ich die Bewertung der einzelnen Künstler im Rahmen einer Speeddating Bewertung durchführen. Entscheidend hierbei ist, der erste Eindruck, die Optik, Sympathie, Raucher, Nicht Raucher, Katze oder Hund und natürlich, ob man denjenigen gerne wieder treffen würde. Dass es dabei nicht gerecht zugehen kann, versteht sich von selbst. Das ist dann wie im Leben.
Es geht los.
01 Koozy & DuFF feat. The Plot – Hallo In Die Runde (produziert von Elmäx): Beat ist super, verbreitet ein bisschen mexikanische Jahrmarkt/Spielbuden/Blasorchesterstimmung. Erster Rapper verhaspelt sich ein bisschen, aber klingt fresh. Beste Line: "Wär Dein Album besser, dann hätt ich’s mir auch ge-saugt.“ Zweiter Rapper ist stimmlich ein bisschen dünn und vernuschelt, punktet aber mit dem selbstironischen: "Richtig gemerkt, das war gerade die ebay Line von Kollegah – 500 Euro haben wir angelegt – jetzt bin ich deep (???) für euch Hater.“ Beim dritten und vierten MC schaltet man dann schon wieder ein bisschen ab, weil man schnell merkt, dass die hier nix ernst nehmen und auch nix ernst nehmen wollen. Das ist lustig und gut, ermüdet aber relativ schnell. Sehr schnell.
Fazit: Wenn man die Jungs auf einer Party wieder treffen würde, könnte man sich ein bisschen von ihnen zulabern lassen. Dann schnell weg.
02 PMA – Ich Nehm Dir Die Klöten Weg (produziert von Blockbusters): Das ist Patrick mit Absicht und er hat diesen Style mit den gezischt "Sch“ Lauten und den platzenden "P“-Lauten, so als könnte er vor lauter unterdrückter Wut den Mund nicht richtig aufbekommen. Vielleicht denkt er auch, dass Deutsch, wenn man es normal artikuliert, nicht cool klingt. Das denke ich nicht und will PMA deshalb auch nicht näher kennen lernen, weil das so Typen sind, die mir immer erzählen wollen, dass ich ihren Shit respektieren muss, wenn ich doch so viel andere Scheiße gut finden würde. Nein. Muss ich nicht.
03 Weekend & Djin – Sowas Von Rap (produziert von Peet): Das ist Rap über Rap, verpackt als Anti-Rap. Das ist ok, wenn man sich über die eingefahrenen Verhaltensmuster der Hip Hopper lustig macht, mit Backspin bei ebay ersteigern und Freestylecyphern und Rucksäcken und sido für Kommerz halten. Aber erstens ist es so ein bisschen wie Witze über Behinderte machen und zweitens: Wo gibt es diese Leute eigentlich heute noch?
Fazit: Nicht so originell. Ganz nett, aber nett ist der kleine Bruder von scheiße, wie wir ja alle wissen.
04 Corny Kuba – Bunte Pille (produziert von X-plosive): Oh Mann. Wenn Rapper schon so komisch künstlich cool lachen im Intro, möchte ich mich sofort wegdrehen. So mit dieser hochgezogenen Oberlippe: "Ha, ihr wollt wissen wie Corny klingt hähä. Ich kann Euch gerne zeigen wie Corny klingt.“ Nein. Wollen wir nicht – was aber tatsächlich schade wäre, weil Corny Kuba echt böse ist und auch einen fiesen Humor hat. Ich sag nur: "Juden, kauft nicht bei Deutschen.“ Das finde ich gut und mit dem würde ich mich auch mal länger unterhalten ohne, Gähnen und so.
Aber kann mir mal einer erklären, warum alle so mit einem hessischen Akzent einräppen?
05 BoCCa & Jason – Asozial-Er (produziert von Just Phil): Erster Eindruck, solide. Zweiter Eindruck, auch. Beat ist das, was man gemeinhin als Brett bezeichnet. Kriegt mich trotzdem nicht. Bleibt leider nix hängen. Nächster Song.
06 Phil62 – Electromädchen (produziert von Bugzz): Beschreibt die Partyvorbereitungen eines, sagen wir mal selbststilisierten Prolls, der sich für die A-Prominenten Disko fertig macht, um dort das Electromädchen aufzureißen. Das ganze dann auch auf reichlich schrabbeligen 808 Sounds und Schwingschleifergeräuschen. Nach der ersten Strophe gibt es aber keine Fortsetzung und auch keine Pointe und deshalb kann ich Euch nicht sagen, ob der gute Mann erfolgreich war. Ich für meinen Teil hätte gerne gewusst, wie’s ausgeht, was dafür spricht, dass ich ihm zumindest in Teil 1 zugehört habe.
Also ich bin für Wiedersehen, um das Ende mit zu kriegen.
07 Creme Fresh – Vollmongo (produziert von Bustla): Ok. Creme Fresh sagt mir was und sofort auch wieder so ein Elektro Technostampfer, der sich gleichermaßen gegen Ghetto und Elektrorap wendet, du Vollmongo. Kommt ein bisschen wie Deichkind rüber und beschäftigt sich mit den Sprüchen, die man zur Zeit immer zu hören bekommt: Ich hör kein Hip Hop mehr, aus dem Alter bin ich raus. Der Blasbläserbreak bei Minute 3:00 ist geil und ansonsten kann man das Thema ruhig mal ausdiskutieren. Wieder kommen!
08 Migo – Herzilein (produziert von Migo): Der Titel verrät es. Es wird lustig. Oder doch nicht. Was sich als Volksmusikverarsche aufbaut, wird zu einer rockigen Abrechnung mit seinem frigiden Zuhause, sprich seiner eingeschlafenen Beziehung. Das tut dann manchmal weh, weil man sich bei dem einen oder anderen Gedanken ertappt, den man auch schon gehabt haben könnte. Also rein theoretisch. So rein hypothetisch. Große Kunst. Gute Bilder. Props. Migo würde ich gerne kennen lernen. So auf Langspielplatte in ganzer Länge. Rein hypothetisch. (PS: Das mit rockig ist ernst gemeint. Da liegt ein Rockbeat drunter.)
09 Edit Allstars (Phase & Amewu) – Mädchen Wie Du (produziert von Zenit): Edit Entertainment und Zenit ist natürlich eine sichere Bank. Die Story allerdings handelt von einem Mädchen oder besser gesagt von den speziellen Mädchen, die den Jungs das Geld aus der Tasche ziehen, weil sie nur Klamotten, Koks und Champagner im Kopf haben. Wahlweise sind diese Mädchen aber auch in der öffentlichen Plastikwelt des Internet zu hause, sind die ganze Zeit beschäftigt und haben nur Arbeit, Klamotten, Koks und Champagner im Kopf. Beide Arten von Frauen finden die beiden MCs offensichtlich scheiße.
Ich weiß nicht wo Amewu und Phase diese Mädchen treffen. Ich weiß nicht, ob sie solche Mädchen überhaupt getroffen haben, weil die beiden ehrlich gesagt nicht unbedingt so aussehen, als würden sie jeden Samstag in der Skylounge im Europacenter abhängen. Aber man weiß ja nie, vielleicht kommt diese Art von Damen ja jetzt schon zu ganz normalen Rap-Cyphern. Kann ja sein, finde ich trotzdem langweilig und platt. Beat ist geil.
10 Arvin & 0Acht15 – Letzte Rose (produziert von 0Acht15): Irgendwie geht es um eine Liebesgeschichte und dass der aus der Ich-Perspektive rappende Rapper der geilste Mensch der Welt ist, aber alles so mit diesem Augenzwinkern und wenn ich eins hasse, dann dieses Augenzinkern. Diese Verschwörerische: Naaa, das hat du aber gecheckt, dass das ironisch gemeint war? Nö habe ich nicht. Der Witz ist mir zu kompliziert. Sorry. Bin ich zu blöd für. Können wir bitte den nächsten Song hören?
11 Prezident – Salzwasser (produziert von Bojanglez): Oh Gott. Ein Magersuchtsdrama. Gut gemacht, gut gereimt, interessante Gedanken. Zweite Strophe transportiert das Ganze dann in die MC Welt und wird dann sogar noch zu einer ganz persönlichen Abrechnung mit dem Game. Beste Stelle: "Und von Props hab ich gar nix, doch auch nie genug“. Trotzdem will ichs nicht noch mal hören, weil es so ein bisschen was betroffenes hat und auch was vorwurfsvolles und mit solchen Leuten rede ich tendenziell nicht gerne, weil ich immer den Eindruck habe, ich müsste sofort was tun. Dem Model mit den Magesuchtsgedanken das Koks aus der Hand reißen und Prezident das JUICE Cover klar machen. Beides wird mir nicht gelingen und dann fühle ich mich überfordert. Schnell weg.
12 Lokikzz – Zeit (produziert von Kay-Cee): Lokikzz hat so einen Style, bei dem man nicht so richtig gerne zuhört. Ich merke, wie meine Gedanken abschweifen und nehme so am Rande wahr, dass Lokikzz gerne mal alleine wäre. Gut, denke ich mir. Das ist machbar und skippe zum nächsten Lied.
13 Micsness – Was Ist Passiert (produziert von Julez for Jewelzproductionz): Julez for Jewelzproductionz, das klingt doch mal amtlich und der Beat ist auch wirklich sehr schön. So episch, filmisch, Breitwandsound. Das ist schön und ich wünsche mir einen Text über Kakteen und Wüsten und so was. Dann kommt aber ein Sozialdrama, von Micsness ganz gut in Szene gesetzt und sicher mit den ehrlichsten Absichten in Angriff genommen, aber… Der Song strotzt so vor Klischees und abgelutschten Bildern, dass ganz viel von der eigentlichen Botschaft auf der Strecke bleibt. "Sag mir, was ist mit der Welt passiert? / Jeder denkt nur dran, wie er das Geld kassiert. / Menschen zeigen sich taubstumm und blind / und sind bereit für alles, Hauptsache die Kohle stimmt.“ Das geht definitiv besser. So kommt leider nicht viel rüber. Ernst gemeint, aber ohne Impact.
14 Rap Pack – Alles Wird Gut (produziert von Real Productions): Schwitzerdütsch, zumindest teilweise. Schwieriges Terrain, guter stampfender Beat, mit viel Klavier, Kopf hoch Thematik und man könnte hier nahtlos an die Kritik von Track 13 anschließen. Ach Jungs. Das haben wir doch alles schon gehört. "Alles wird gut – Geh Deinen Weg, bei Sturm und Flut“ Jaja. Mache ich. Super. Bis dann. Klar halte ich durch. Auf jeden Fall. Bis später. Tschühüß.
15 Senior High (andah & Sicky Popp) – Kosakentanz (produziert von DJ Lovemaze): Titel klingt gut, aber schon als der Rapper zum ersten mal drüberquatscht, zuckt mein Finger. Aber nein. Ich halte durch. Ist ein Representer und Senior High bestehen oder besteht darauf, dass er Alkoholiker ist und den Kosakentanz tanzt und dass das alles ist, was wir über ihn wissen sollten. Na dann. Bis dann.
16 Chilla Chris & Chinchiller – Con Action Pt.II (Exclusive CC-Remix) (produziert von Chilla Chris): Au Französisch! Das ist die deutschfranzösische Freundschaft und eine dunkle Stimme, die mich an alte RAG Zeiten erinnert, spricht von Hip Hop Werten, die zerfallen wie Staub und den Medien und so… Oh. Entschuldigung ich bin kurz eingeschlafen. Aber du hast Recht. Auf jeden Fall hast Du Recht. Stimmt alles, was Du sagst. Können wir bitte trotzdem weiterskippen? Danke.
17 Chezz.One & Damian – Keep It Classic (produziert von Tim Taler): "Ich represente mit meinem tragbaren Plattenspieler unterm Arm“… Nuff said würde ich sagen und Jungs, wenn ihr beim nächsten mal eine Schreibblockade habt, dann nicht dagegen ankämpfen und vor allem nicht darüber rappen. Einfach blockiert bleiben. Das ist auch ok.
18 MOC feat. Phong Bak – Unsere Welt (produziert von Phong Bak, Cuts von Palf): Die Welt von MOC und Phong Bak ist trist und scheiße und natürlich gibt es keinen anderen Ausweg, als Gras zu ticken. Keinen Plan, ob das stimmt. Auch hier wieder das selbe Problem. Wenn mich Leute in ihre Welt führen wollen, dann will ich nicht dieselben Bilder vorgesetzt bekommen, die ich bei jeder Standard Spiegel-TV Reportage sehen muss, wenn es um einen so called sozialen Brennpunkt geht. Das ist zu wenig. Punkt.
19 Geeno – Ich Muss (produziert von McCracken): Ich muss kein Star sein – ich muss es nur wollen – ich muss rappen – ich muss schreiben – weil ich nicht für Kohle rappe – mein Herz schlägt im Takt von der Snare – ich muss träumen – es geht schon – ich bleib relaxt – und ich muss keinem dieser Spasten gefallen… Wer hätte es gedacht? Bei dem Titel. Mich zumindest hat es jetzt nicht wirklich überrascht. Eher im Gegenteil.
20 Headdy Murphy & Nowak – Ticks Und Marotten (produziert von Nowak): Uh. Ein Typ der so ganz unkonventionelle Sachen macht, oder sich besser ausdenkt, wie Suppe mit der Gabel essen (Hoho!) … So langsam habe ich den Eindruck, dass hier gegen Ende der Kennenlernrunde mit absicht die… ähem eher schwächeren Beiträge zu finden sind. Mal schauen, was Track 21 macht.
21 Emkay – Skip Mich (produziert von Emkay): Russisch. Der Beat ist doch russisch, oder? Und ich muss meine Vermutung von Track 20 zurückzunehmen. Dieser Track ist super, wenn auch nicht unbedingt super gerappt, aber die Hook reißt alles raus. Nein ich skipp dich nicht. Scheiß auf mein Image aber was ist ein Atompilz im Schritt? Ich stelle mir Schamhaare vor, die wie ein Atompilz geschnitten sind. Auch gut. Großes Kino. Weiter so.
22 Rockstah – Top Sekret (produziert von Sam EXzellent): Es gibt so Rapper, die haben so eine Stimmfrequenz, die mir das Verstehen und Zuhören wahnsinnig schwer machen. Vielleicht liegt es auch daran, dass mich nicht wirklich interessiert, was sie sagen. Ich glaube auch hier geht es um Angebertexte mit dem gewissen Augenzwinkern. Siehe Kritik zu Track Zehn. Boah, zum Glück nur noch einer.
23 Cassoh & Jack Uzi – Teufel Im Schafskäse (produziert von hnxtobi): Das ist schön. Das ist nett. Das ist auch gut, aber so herrlich harmlos, wie ein Boxkampf mit Federkissen. Vielleicht bin ich jetzt auch schon durch, nach dem über einstündigen Hör-… äh Genuss.
Also ich glaube, dass Cassoh und Jack Uzi ganz coole Typen sind, aber ehrlich gesagt kann ich das jetzt nicht mehr beurteilen. Ich bin kaputt.
Die Ganze Kennenlernrunde gibt es als kostenlosen Download auf der Blogseite von Herrn Merkt.