Eine Überraschung wohl auch für all jene, die zwar zu Aggro Zeiten auf dem "CCN"-Film waren, den letzten Werken der beiden Herren aber nicht all zu viel abgewinnen konnten.
Schon das Intro macht klar, was sich im weiteren Verlauf des Albums immer mehr bestätigen wird: Man hat keine Angst vor Vergleichen mit dem ersten gemeinsamen Tape, man erinnert sogar bewusst an Vergangenes. So wird zwischen Mobb Deep’s "Survival Of The Fittest“ und "Fight Music“ von D12 eben auch mal "Dreckstück“ oder "Zukunft“ von Bushidos erstem "großen“ Album "Vom Bordstein Bis Zur Skyline“ reingescratcht oder sich auch textlich munter selbst zitiert. Gerade letzteres scheint sich spätestens seit "Von Der Skyline Zum Bordstein Zurück“ fest im Hip Hop etabliert zu haben und kann stellenweise wahrscheinlich auch einfach als Einfallslosigkeit seitens der Künstler verstanden werden. Hier funktioniert das aber ganz hervorragend, eben weil das Gesamtwerk in sich schlüssig ist.
Man mag von den Rapkünsten der beiden Berliner halten, was man möchte, aber schon die Produktion des Albums stellt sämtliche Deutschrap-Releases aus diesem Jahr mehr als in den Schatten.
Irgendwo zwischen dramatischen Chören und treibend-atmosphärischen Melodien schaffen es Bushido und Fler inhaltlich wie musikalisch an den ersten "Carlo Cokxxx Nutten“-Teil anzuknüpfen. Auch wenn man mittlerweile nicht mehr mit dem Bus nach Marienfelde, sondern mit dem AMG-Mercedes nach Dahlem fährt.
Bestach das erste Werk vor allem durch absolute Kompromisslosigkeit und Straßenattitüde mit größtenteils unkanalisierter Aggression, sind es neben "Wir finden dich immer noch behindert“-Songs wie "Reloaded“ und "Komm Klar, Spast“ vor allem die Thementracks und vielleicht simpel formulierte, aber nichtsdestotrotz durchdachte Selbstreflektionen, die "CCN2“ zu einem richtig guten Stück Musik machen.
Das Exfreundinnen-Lied "Highlife“ bildet die unmittelbare Fortsetzung zu "Dreckstück“ und überzeugt vor allem durch den Fler Part. Mit Lines wie "Heute wirst du nur gefickt, damals war es Liebe machen“ und "Du bist kein Topmodel, denkst du die Scheiße stimmt? Oh mein Gott Prinzessin, ich weiß, wie deine Scheiße stinkt“ wird ausnahmsweise mal das Bild einer realen Frau gezeichnet, die weder Engel noch Nutte, sondern einfach auch nur ein Mensch ist.
Das eigentliche Highlight der Platte bildet allerdings "Ich Wollte Eigentlich Nur Rappen“. Inspiriert zu diesem Track hat die Beiden wohl der Messerangriff auf Fler im MTV Gebäude, überraschenderweise überzeugt hier aber vor allem der Part von Bushido.
Unabhängig von allen Ghostwriter-Geschichten muss einfach mal gesagt werden, dass der Halbtunesier es absolut überzeugend schafft, Bilder mit seinen Raps zu transportieren.
Schon "Eine Kugel Reicht“ hatte beinahe Hörspiel-Charakter, der jetzige Song trifft mit Zeilen a la "Es regnet, meine Laune auf dem Tiefpunkt. Abwasser, es nervt, ich kremple meine Jeans um“ denselben Nerv und bringt das "Realness im Gangsterrap“-Thema mit "Du sagst Dinge in den Texten, die ein Dorfkind nicht weiß. Sie wollen einfach nur, dass Mister Cordon Sport sich beweist.“ erstaunlich treffend auf den Punkt.
Natürlich gibt es auch schwächere Stücke auf "Carlo Cokxxx Nutten 2“.
So kann mich weder der Bushido-Solotrack "Ich War Noch Nie Wie Die“ mit schwacher Hook und ordentlich Bootsfahrt-Metaphern, noch "Straßengangsound“ begeistern. Bei letzterem versucht sich Fler mit mäßigem Erfolg als Sänger – im Allgemeinen drängt sich beim kompletten Durchhören der Eindruck auf, dass das die Richtung ist, in die sich der gute Patrick in Zukunft orientieren möchte.
"Zukunft Part II“ hingegen fungiert als musikalische Aussprache der Wiedervereinten, gerät gegen Ende aber geradezu unerträglich pathetisch, oder, um es mit den Worten eines Bekannten zu sagen, "schwul“: "Kannst du, sag, kannst du mir noch in die Augen sehen?“ – "Ich kann, Anis, du weißt doch, ich vertrau nicht jedem“ klingt ein bisschen so, als lägen sich beide gerade nackt im Arm. Aber das macht nichts. Wiedersehensfreude ist schön und obwohl auf der vorliegenden Platte mehr als einmal der Vorwurf fällt, die bösen, bösen Medien hätten sich doch alle nichts mehr gewünscht, als dass sich Sonny und Frank weiter streiten, war die Freude über die Wiedervereinigung der Lederjacken-Fans mehr als groß.
In Anbetracht dessen ist es auch verständlich, dass bis auf Kay One beim Remix von dem hitverdächtigen "Ich Rap Für“ keinerlei Gastbeiträge vorhanden sind.
"CCN“ steht eben nicht nur für eine Modemarke, Drogen und Prostituierte, sondern auch für zwei Freunde, die tagelang im Studio hängen und genau die Musik machen, auf die sie gerade Lust haben. Und wenn sie in jedem zweiten Lied absolut zusammenhanglos "Nutte“ oder „Schlampe“ rufen möchten, dann machen sie das eben. Das kann man niveaulos finden und sicherlich ist der Vorwurf gestattet, dass Fler zwar besser rappt als Bushido, beide aber raptechnisch nicht die absolute Spitze in der deutschen Hip Hop Szene darstellen. Trotzdem handelt es sich bei "Carlo Cokxxx Nutten 2“ um ein rundes, unterhaltsames, durchdachtes und nicht zuletzt ausgezeichnet produziertes Album.
Deshalb gibt es von uns auch 6 von 7 Punkten.