Juse Ju – Yo! Hip Hop hat mein Leben zerstört

Es gibt in Deutschland eine Menge Rapper die dauerhaft omnipräsent, aber nie so richtig weit vorne sind. Irgendwie paradox, aber genau so stolpert man seit Jahren immer wieder über Juse Ju, ohne dass man den guten Mann "Next Generation“ oder "Geheimtip“ nennen oder gar wild diskutieren würde. Viel Kontroverses oder Besonderes war (bisher) halt auch nicht dabei. Juse Ju bekommt den Stempel "solide“ – positiv gemeint – und eben deswegen und einem bisschen Neugier entscheide ich mich beim Durchsehen eines Stapels voll EPs und Alben von einigen ähnlich omni- und vielen, weniger präsenten Rappern für das Juse Ju Solodebüt "Yo! Hip Hop hat mein Leben zerstört. Und der Stempel bleibt passend. Positiv gemeint. Juse Ju ist mit Sicherheit keine Überausnahme, nicht der Retter von Rap und auch nicht das nächste ganz große Ding. Aber er ist was Besonderes und das will ich erklären.

Das ist wie mit Pizza. Die Masse macht Teig aus Mehl, Eiern, Öl, Wasser und Hefe und belegt den Spaß mit passierten Tomaten, Salami und Käse. Woanders wird die Tomatensauce mit Oregano, Basilikum und Knoblauch verfeinert und mehrere Stunden auf kleiner Flamme sämig gekocht. Und so ist es auch mit "Yo! Hip Hop hat mein Leben zerstört“. Die Masse macht durchschnittlich leckere Pizza. Die kann man essen. Die schmeckt auch. Juse Ju macht aber einfach die ein bisschen bessere Sauce. Man kann die, mit Abschmecken und Umrühren verbrachten Stunden quasi hören. Thematisch passiert – wie auf den meisten Pizzen – leider wenig Aufregendes, mit einer Ausnahme. Der Song "Lass Dich Nicht“ nimmt eine überraschende Wendung und die ist wirklich, wirklich witzig und in Kombination mit dieser parodierten R’n’B Hook, ist das dann so quasi der Knoblauch unter den Tracks. Unersetzlich. Gut.
Erwähnenswert im gleichen Atemzug auch "Stupid Games". Beschissener Titel, aber hörenswert, weil irgendwo zwischen Bitterkeit, Trauer, Überheblichkeit und Wut angesiedelt.

Juse Ju beweist auf diesem Album wunderbar bodenständig zu sein und verstrickt sich dankenswerter Weise nicht in Pseudo-Straßen-Geschichten, sondern betrachtet das "Biz“ und Deutschrap ironisch und distanziert, ohne sich selbst daraus auszuschließen. Er steht am Rand, behält aber den Kontakt und zieht über alles Mögliche her. Wenn das mal nicht Basilikum ist?! Frischer natürlich.
Den Oregano und viel Sympathie bringen Juses Feature Parts. Ich freue mich, wenn Leute ihrem Umfeld treu bleiben, ohne dabei auf der Stelle zu treten und so freue ich mich auch über ein Wiedersehen oder -hören mit den Jungs von Creme Fresh. Ebenfalls Omnipräsente und ewige Talente.

Zum Chef reicht es in der Pizzeria gegenüber von Juse Ju nicht, obwohl die Zutaten gut ausgewählt sind. Einige können den Unterschied zwischen Dose und selbst gemacht nicht erkennen und zum Glück beweist Juse Ju einen exzellenten Geschmack. Alles in Allem bleibt es aber dann doch nur Pizza und so lange halte ich es mit "Yo! Hip Hop hat mein Leben zerstört" wie mit Margherita.  Nicht jeden Tag, aber ab und zu sehr gerne. Besonders wenn jemand weiß, wie man würzt.