Nelly – Brass Knuckles

Es ist ein neues Nelly-Album auf dem Markt, vier Jahre nach dem letzten Release, der Doppel-Veröffentlichung "Sweat“ und "Suite“. Gerade rechtzeitig bevor man in Versuchung kam, den mittlerweile nicht mehr ganz so jungen Mann für die Stern-Rubrik "Was macht eigentlich…?“ vorzuschlagen. "Brass Knuckles“ heißt das lang erwartete Werk und schon das Cover macht klar, wie Cornell Haynes Junior die letzten vier Jahre verbracht hat: Er war im Studio. Im Fitness-Studio. Beeindruckende Aussichten, da wir aber spätestens seit dem "Kleinen Prinzen" wissen, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist, weil man nur mit dem Herzen gut sieht, und Sarah Connor uns alle wissen ließ, das der Schlüssel zu eben jenem die Musik ist, beschäftigen wir uns doch einfach mal mit dieser. (Und für diese Überleitung möchte ich einen Preis verliehen bekommen)

"U Ain’t Him“, produziert von Wyshmaster, ist der erste Track und geht bereits derart gut ins Ohr, dass ich anfange auf ein unterhaltsames Album zu hoffen, obwohl Nelly sich musikalisch immer sehr treu geblieben ist, respektive seine Lieder einfach immer etwas… ähnlich klingen. Rick Ross, der Hustler formerly known as Gefängniswärter, ist hier übrigens Featuregast. Bereits der zweite Song  "Hold Up“ vermittelt allerdings den Eindruck, man hätte einfach "Shake Ya Tailfeather“ und "Work It“ gleichzeitig abgespielt, jeweils einen Part von T.I. und LL Cool J rein geschnitten und das Ganze dann als neuen Song verkauft. Auch "Long Night“ mit dem Tanzschuppen-Schnulzer Usher kommt einem irgendwie bekannt vor. Ein bisschen fühlt man sich so wie frühmorgens in einem Club, wahnsinnig betrunken und die Musik verschmilzt zu einem harmonischen Ganzen und eigentlich hört man keine Unterschiede mehr zwischen den einzelnen Tracks. Dann ist es einem auch egal, weil man betrunken ist, jetzt bin ich aber nüchtern und dann stört mich das.

Kurz habe ich die Kopfhörer beiseite gelegt und steige daher erst wieder bei Lied Sieben, namentlich "Self-Esteem“ mit Public Enemy-Mitglied Chuck D., ein. Mir kommt es vor, als wäre es derselbe Song wie eben, auch beim zurück skippen zu den beiden vorherigen Tracks "Party People“ mit Black Eyed Peas-Frontfrau Fergie und "Lie“ muss festgestellt werden: man hat nichts verpasst. "Body On Me“ hingegen sticht, vielleicht auch wegen der zumeist enervierenden Singstimme von Akon, eindeutig heraus. Nellys aktuelle Lebensabschnittspartnerin Ashanti ist ebenfalls mit von der Partie und das musikalische Ergebnis kann man durchaus hören. Zwar lässt sich der vorgetragene Inhalt grob mit den Worten „Lass mal Ficken“ zusammenfassen, klingt aber trotzdem alles absolut zufrieden stellend.

Auch "LA“ mit den Herren Snoop und Nate Dogg gefällt mit entspanntem Mitnick-Beat, trotzdem fragt man sich, was Nelly, der aus seiner St. Louis Herkunft bekanntermaßen keinen Hehl macht, auf einer Los Angeles-Westcoast-Hymne zu suchen hat. Der abschließende Song "Ucud Gedit“ featuring Gucci Mane geht ebenfalls in Ordnung, weckt in mir aber nicht das Bedürfnis, diese CD nochmals Hören zu wollen. Zu eintönig und zu langweilig ist "Brass Knuckles“ geraten, zu wenig Impulse können selbst gestandene Musikgrößen wie Pharell ("Let It Go Lil’ Mama“) oder Ciara und Jermaine Dupri ("Stepped On My J’Z“) setzen. Trotz vierjähriger Schaffenszeit also weder ein neuer Meilenstein, noch ein durchgehend unterhaltsames Party-Album mit R’n’B-Anklängen. Hätte der gute Nelly doch mal lieber mehr Zeit im Ton- als im Fitness-Studio verbracht.