Peter Fox – Stadtaffe

„Ohrwurm ist die volkstümliche Bezeichnung für ein Musikstück oder einen Teil eines Musikstückes, das so eingängig ist, dass man es im Hören unwillkürlich mitsummt, oder das einem über einen längeren Zeitraum nicht aus dem Sinn geht.“ (Zitat Wikipedia). Um dort anhand eines Beispiels zu verdeutlichen was ein Ohrwurm ist hätte man problemlos das aktuelle Peter Fox Album „Stadtaffe“ anführen können. Eine Freundin von mir die sowenig mit Hip Hop zu tun hat wie ich mit Heavy Metall sagte neulich zu mir: „Es wird dich bestimmt wundern, aber ich finde das Peter Fox Album richtig gut.“ Es wundert mich nicht. Es wunderte mich auch nicht, als meine Mutter mich neulich fragte ob ich dieses eine Lied da kennen würde, ich wisse schon, das mit dem „Haus Am See“ und so. Das wäre super, sie hätte gerne das komplette Album. Peter Fox im Sonntagsteil des Tagesspiegels, Peter Fox Charteinstieg auf Platz 5, die Peter Fox Tour ist fast komplett ausverkauft. Wer „Stadtaffe“ einmal gehört hat, dem scheint all das selbstverständlich. Sicherlich hatte Peter Fox das Privileg durch seine Erfolge als eines der „E“s von Seeed in einer guten Startposition zu sein, aber Fakt ist, dass das Potential Massen zu begeistern genutzt wird.

 

Peter Fox malt in seinen Texten Bilder, ganz vorne mit dabei der Titeltrack „Stadtaffe“, jede Zeile baut sich vor dem inneren Auge auf. Beispiel: „Bin gut drauf wie ne Horde Kinder ohne Aufsicht“ oder „Durch die Stadt weht ein rauer Wind / man trifft Rudel junger Hunde die sauer sind“. Auch "Fieber" mit K.I.Z. begeistert, alles an diesem Track, angefangen beim Beat, übergehend zu Text und Stimmen, kriecht, windet sich und schwitzt. „Schwarz Zu Blau“ ist eine exakte Beschreibung eines nächtlichen Heimwegs. Dieses Album feiert Berlin und als Berliner feiert man mit, denn die Stadt wird so nachvollziehbar beschrieben und die Bilder wecken trotz „der Ratten die sich satt fressen“ und „der Kotze am Kotti“ Liebe für die Hauptstadt. "Schüttel Deinen Speck" ist zwar inhaltlich weitgehend belanglos, aber was Peter Fox in diesem Song mit dem Wort "Schütteln" macht ist super. Es schüttelt mich vor Wonne bei so viel Gefühl für die deutsche Sprache.

 

Jeder der 12 Tracks ist eine Runde Sache geworden: Die Reime sind komplex, die Musik unterstützt die entstehenden Bilder, bei jedem Hören entdeckt man ein neues Detail.  

Eine weitere Stärke von „Stadtaffe“ ist auch, dass sich jeder in den Texten wieder erkennen kann. So ist „Ich Steine, Du Steine“ eine sehr nachvollziehbare Verbalisierung einer zu Ende gehenden Beziehung. „Ich kann nicht mit und nicht ohne dich/vielleicht besser ohne dich“. Auch „Kopf verloren“ bleibt beispielsweise so persönlich-unpersönlich und die Bilder so offen, dass genug Platz bleibt, eigene Erfahrungen hinein zu projezieren: „Der Tag bricht an, es klopft an der Tür / Du machst auf, da steh ich ohne Kopf vor dir“.

Die Beats sind opulent, die Grenze zu überladen wird trotzdem nicht überschritten. Vorzugsweise sollte „Stadtaffe“ sehr laut gehört werden. Was bei Seeed die Blasinstrumente sind, sind hier die Streicher: Die treibende Kraft.

Wenn man alle diese Dinge außer Acht lässt und „Stadtaffe“ einfach so, nebenbei hört (denn auch das ist möglich!) bleibt ein extrem tanzbares, nach vorne gehendes Album übrig. Shake Baby, Baby Shake!  

Einziger Kritikpunkt: 12 Tracks und 2 Instrumentals sind mir zu wenig. Ansonsten: Bestes Album 2008. Ich bin begeistert.