Michael Mic – Farbfilm

Big Bud und damit auch Michael Mic kennt der geneigte Raphörer aus Zeiten als Berlin noch gegen Hamburg war, Rap noch Rap und deswegen gut. Nun sind seitdem einige Jahre vergangen und Rap hat sich verändert. Big Bud auch, nur Big Bud Musik wenig. Wie auch immer, bei uns in der Redaktion trudelte vor einigen Tagen Michael Mics drittes Soloalbum "Farbfilm" ein und als bekennender Fan war ich durchaus gespannt.

Intro und "Okay“ gehen im StandardBig Bud Style ganz anhörbar vorbei. Richtig mit dem Kopf nicken muss ich zum ersten Mal bei "Hände, Hintern, Kopf“. Super Beat, super unterlegt mit Polizeisirene und dann nach Michael Mics Part eine Stimme die irgendwie bekannt erscheint. Die Tracklist bestätigt die erste Vermutung, es ist Roberto Estilos aka Robud Styles aka Robird Styles. Michael Mic und Roberto zusammen auf einem Track wecken Erinnerungen an oben beschriebene frühere  Zeiten.     

Dass der Albumtitel tatsächlich an Nina Hagens "Du hast den Farbfilm vergessen“ aus den 70ern angelehnt ist, wird spätestens auf Track 5 "Farbfilm“ klar, der dann wegen des wunderbar wummernden Elektro Beats und Refrains auch noch mal zurückgeskippt wird.
Bis Track 10 läuft "Farbfilm“ dann einfach so durch und präsentiert ein homogenes Bild: Michael Mic und Freunde können rappen, keine Ausfälle, thematisch geht es um Frauen (vornehmlich als Bitches oder Huren betitelt), Drogen aller Art und deren Konsum. Das ist ja alles ganz nett, macht vor allem durch die Beats auch Spaß, bleibt aber wenig begeisternd.

Erst auf "Quarterlife Crisis“ wird es wirklich interessant und hier kommen zum ersten Mal  Michael Mics echte Qualitäten zum Ausdruck, nämlich die sehr reflektierte und nicht aufs Partymachen reduzierte Auseinadersetzung mit der eigenen Person und seinem Umfeld. "Deutschönerland“ beschäftigt sich sozialkritisch mit variierenden Lebensumständen in Deutschland und "Tiefpunkt“ klingt wie eine Ergänzung zu "Menschen mit Herz“. Da kommt tatsächlich etwas rüber, das sind die Tracks die für mich „Farbfilm“ zu einem guten Album machen.

Aber genau hier präsentiert sich das aktuelle Big Bud Dilemma: Der Fokus liegt auf eher durchschnittlichen Partytracks, die zwar – bis auf wenige Ausnahmen – ganz witzig und hörbar sind, aber nicht im Ohr bleiben. Es wird vernünftig gereimt, ich teile den Humor, der Flow ist ok, die Beats sind überdurchschnittlich, aber mehr passiert auf 10 von 14 Tracks bei mir nicht. Das ist schade, denn irgendwie hatte ich kurz gehofft hier endlich mal wieder ein Album in die Hände zu bekommen, dass ich in alter Big Bud Bonzen Manier pumpen will bis zum Abwinken.