S Diddy – 21 Gramm

SD, S Diddy, Stefan Duschl wie er ja eigentlich heißt, all diese Synonyme haben mir bis vor kurzem noch rein gar nichts gesagt. Die Internetwelt allerdings beschäftigt sich wohl schon seit geraumer Zeit mit dem Rapper, der genug von Savas und Optik Records hatte und kurz darauf zum German Dream Camp rund um Eko Fresh überlief. Gute 10 Jahre ist er nun schon dem Rap verfallen, bis er es dieses Jahr schließlich geschafft hat sein erstes Album an die Öffentlichkeit zu bringen.

S Diddy, der auch gerne von sich selbst sagt, er sei der deutsche P Diddy, scheut sich nicht vor Vergleichen mit Rappern aus dem Amerikanischen. Auch Eminem wird gerne als amerikanisches Pendant zu dem Kölschen Jung genannt, wozu bestimmt auch Videos wie “Wenn Er Geht“ oder “Palim Palim“ ihr gutes Stück beitragen, nicht zu letzt auch sein Rapstil. Ein wenig schade ist es ja, denn er hat es ganz bestimmt nicht nötig. Gerne werden auch lustige, bunte Pillen berappt oder der Wahnsinn, der seinen Alltag zu bestimmen scheint. Das was nach Außen dringt suggeriert sowieso alles andere als den Saubermann von nebenan. Der Durchboy der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt, das ist S Diddy. Dies alleine ist ja nichts Neues, woher kommt denn nun der Hype der schon lange vor Erscheinen des Albums aufgekommen ist?

“2 Crazy“, gleich der erste Track represented den D und macht klar worauf sich der Hörer einlassen wird. Wie Eminem auch, hat Diddy es drauf Bad Cartoon Bilder zu kreieren die einen immer wieder zum Schmunzeln zwingen. Je öfter das Album durchgehört wird umso  mehr lyrische Extravaganzen und Feinheiten fallen einem auf. Besonders fällt auch S Diddy’s inhaltliche Freiheit auf, er scheint sich nicht um die ohnehin nicht wirklich existenten “Rap-Regeln“ zu scheren, was sich auf fast jedem der 18 Tracks feststellen lässt. Gleich der 2te Track, der mit 3 besonders starken Strophen daher kommt, ist gleich die Krönung des ganzen Albums. Der wunderbare Stieber Twins Beat sorgt ebenso wie Diddy‘s spielerisch dahin gerotzte Zeilen dafür, man wünscht sich fast eine 4te Strophe dazu. Hier geht’s nicht um inhaltlich schweren Gehalt, hier geht es um den Spaß an der Sache, um Gewinner sein, um “Kandidat 2, die Antwort für die Frage die ich an sie habe garantiert ihnen Sex mit der Mutter von jedem anderen Kandidat, darüber hinaus einen Rucksack mit eckigem Muster, einem ausgestopften prächtigen Bussard, sechs Säcke Butter, sagen sie mir nur warum dieser Track keine Hook hat“ ("Hook").

Die Liebe zum Detail und zur Sprache und die Abneigung statischer und variationsfreier  Rappatterns ist unverkennbar. Doch Herr Duschl kann sehr wohl auch reflektieren. “Hoffnungslos“, jeder von uns kennt das Gefühl, “Der Himmel hier ist immer durchgehend grau, ich könnt durchdrehen, ich wünschte ich hätte es hinter mir, ich muss es durchstehn, schau da is’ eine fette dicke Wolke, das hier endet im Wahnsinn, es sei denn ich spreng die Ketten der Misserfolge“, und auch hier wirken Diddy’s Zeilen wie private Zugeständnisse. Welche Tatsache zusätzlich sehr erfrischend ist, ist die, dass auch wenn Stefan Duschl immer wieder synthetische Drogen und derart unschöne Dinge berappt, er jedoch voll authentisch scheint, sicher besitzt auch er eben dieses Image, nur durfte er seines nicht aus drei Anderen seitens des Labels wählen, er ist nun mal der drogige Typ, von dem die Großmutter eher entsetzt als erfreut sein dürfte.

Zu bemängeln wären da die Features, die nicht wirklich nötig gewesen wären, außer Hakan Abi auf "Totentanz", "Ich schwing die türkische Fahne wie ein Matador" ; erschreckend wie perfekt Eko tupacen an! Auch die Beatauswahl hätte prägnanter sein können, an Diddys Wortwitz und Stylevielfalt konnten jedoch selbst diese kleinen Missstände nicht rütteln. Herr Duschl versteht es Battlerap mit glaubwürdiger Streetability zu mischen wobei aber auch der Humor nicht zu kurz kommt.

“21 Gramm“ ist für mich ein erstaunliches Erstlingswerk eines Künstlers, der damit die Messlatte an Style und Innovation im Deutschrap wieder ein Stückchen höher gesetzt hat.
Wenn Diddy nicht “Untergeht wie Knochen im Pyranjabecken“ und im Drogensumpf versinken sollte, wird er skillsmäßig bald in der deutschen Rapoberliga mitspielen, ganz bestimmt.