Talib Kweli legt sein viertes Soloalbum vor. Mit „Ear Drum“ sind einige Probleme verbunden, da Kweli die Erwartungen für dieses Album teils unbewusst auf ein schon fast unerreichbar hohes Niveau geschraubt hat. Mit „Blackstar“ (1998) und „Reflection Eternal“ (2000) hat er zwei zeitlose Klassiker geschaffen. Die drei nachfolgenden Soloalben lagen in ihrer Qualität teilweise deutlich unter seinem früheren Schaffen. Jetzt ist Talib Kweli frei von jeglichen Verpflichtungen gegenüber großen Major Record Labels und plant mit der ersten Veröffentlichung über seine eigenes Label Blacksmith Music sich selbst einen Namen unter all den Rappern mit eigenem Label zu machen. Da haben die Fans, die jetzt immerhin auch zwei Jahre seit „Right About Now“ gewartet haben, natürlich gewisse Erwartungen
Und auch wenn es die Spannung kaputt macht, kann man soviel vorweg nehmen, „Ear Drum“ ist definitiv eines von Kweli´s besseren Alben, aber da gibt es trotzdem noch ein paar Worte zu zu sagen. Erst mal das grobe Gerüst des Albums: Die Produktionen kommen von Madlib, Kwame, Pete Rock, will.i.am, Just Blaze und natürlich auch Kweli´s altem Partner aus Zeiten von Reflection Eternal Hi Tek. Auch am Mic hat sich Talib einige prominente Unterstützung eingeladen, die durchaus für Überraschungen sorgen könnte. „Ear Drum“ bietet Künstler auf wie UGK, Talib´s Blacksmith Kollegin Jean Grae, Norah Jones, oder Bronx Veteran KRS-1.
Talib Kweli leitet auf Intro und dem zweitem Track noch sehr gemütlich in das Album ein. Dagegen zeigt Produzent Just Blaze bei „Hostile Gospel“ im nächsten Song wieder, dass er seinen Namen nicht umsonst trägt und lässt das sprichwörtliche Feuer am Beat explodieren, mein persönlicher Albumhöhepunkt. Kweli schließt sich seinem Produzenten an und rappt über den aktuellen Zustand/Missstand des amerikanischen Hip Hop und der amerikanischen Gesellschaft allgemein. Mit dem Chorgesang im Refrain und der Pianountermalung erinnert das Stück durchaus an Kweli´s früheren Hit „I Try“. Ein weiterer herausragender Song erwartet einen mit „Soon The New Day“. Als ich das auf dem Papier gelesen hatte, hatte ich ja noch ernsthafte Bedenken, ob das gut gehen kann: Norah Jones und Talib Kweli zusammen auf einer Produktion von Madlib, aber es geht erstaunlich gut. Der Beatkonducta verzichtet ausnahmsweise auf die üblichen Experimente, Norah Jones beschränkt sich auf das Begleiten des Songs und Kweli fühlt sich in seinem entspannten Flow wie zu Hause, eine gelungene Mischung. Zwei weitere Highlights sollten hier nicht ausgeschlossen werden. Das erste ist „The Perfect Beat“, bei dem sich Brooklyn-Mc Talib Kweli und Bronx Bomber KRS-1 zum friedlichen lyrischen Kräftemessen treffen. Allein das sollte doch schon Grund genug sein, dem Track eine Chance zu geben. Als letztes bleibt dann noch die schon vorab veröffentlichte Single „Listen!!!“. Auch wenn den Song vielleicht die meisten schon kennen, hat er bis jetzt noch nichts von seiner Qualität eingebüßt.
Wie gesagt es ist eine der besseren Veröffentlichungen in Kweli´s Karriere. Das Problem ist nur: Um an seine großen Klassiker von früher heranzureichen, ist „Ear Drum“ bis auf die erwähnten Stücke zu sehr im guten Mittelfeld anzusiedeln. Das gute hier ist, dass die verschiedenen Produzenten ihre Tracks stimmig aufeinander abgepasst haben, so dass man das ganze Album theoretisch gut an einem Stück durchhören kann, ohne dass klare Ausfälle deutlich werden,… aber leider halt auch zu wenig positive Ausnahmen.