Chagome – Freier Fall

Berlin beherbergt nicht nur Gangster- und Pornorap. Wem das noch nicht bekannt ist, der hatte wohl ein paar schwerwiegende Probleme in der Jugend seiner Musiksozialisation. Berlin bietet ein Spektrum an verschiedenen Rappern, wie sonst keine andere Stadt in Deutschland. Chagome ist Teil dieses großen Spektrums, und er ist von der sozialkritischen Fraktion.

Der Grundtenor des Albums ist der, dass das Leben hart ist, die Menschen schlecht sind und wohl nur Rap einen Ausweg bietet. Dabei flowt der Protagonist größtenteils solide auf den Takt der mal düsteren-melancholischen und mal elektronisch-synthetischen, aber immer nur durchschnittlichen Beats. Ab und an liegt er aber auch ein wenig daneben und die getripleten Teile einiger Zeilen wirken etwas gezwungen.

Mit den meisten Aussagen haben Chagome und seine Gastrapper unbestritten Recht, keine Frage, und unsere Zeiten benötigen sozialkritischen Rap mehr denn je. Damit wird er sicherlich auch einige Hörer für sich gewinnen können, doch reicht kritisch zu sein, leider einfach nicht aus. Das Lösen der Probleme wird irgendwem anders überlassen und es wird darauf verwiesen, dass jeder sich selbst der nächste ist und alle sehen müssen, wie sie mit dem Arsch an die Wand kommen. Doch gerade dieses Fehlen von Lösungen spiegelt sich in der relativen Einfaltslosigkeit der Musik sehr gut wieder.

Ein halben Pluspunkt gibt es für das letzte Viertel des Albums auf dem sich dann wesentlich interessantere Songkonzepte erahnen lassen. Dadurch gewinnt das Album nach hinten raus noch einmal an Fahrt, doch das kommt für mich einfach ein wenig zu spät. Ich hätte mir das schon viel früher gewünscht.

Über ein „solide“ geht meine Einschätzung dieses Album also nicht hinaus. Das Engagement schätze ich, aber es reicht nicht aus, um mich zu überzeugen. Ich weiß, in so einem Album steckt viel Arbeit, Schweiß, und manchmal auch Tränen, aber in diesem Fall langt es einfach noch nicht. Wirklich schade.