Bo Flower – Heile Welt

Bo Flower , Ex-Aufnahmezustand-MC, und dem ein oder anderen durch seinen Feldzug gegen das Jamba-Kücken Sweety bekannt („Tötet Sweety“), bringt nun sein neues Album raus und hat, so viel sei vorweg verraten, ein weiteres Mal nicht an deutlichen Ansagen gespart. „Kein Mensch, der in meine Songs reinreden kann / von mir aus bleib ich Underground ein Leben lang“ – eine Zeile, ganz nach der Devise: lieber Kunstfreiheit, als kriechen vor dem A&R.

Dementsprechend erscheint „Heile Welt“ auf dem eigenen Indielabel „Schmuf Hamburg“, das Bo gemeinsam mit vier Freunden aufgezogen hat. Auf seiner zweiten LP hat Bo fast alle Tracks selbst produziert und das auf einem hörbaren Level. Zumeist dominieren Synthie-Produktionen, die die Atmosphäre der einzelnen Tracks weiter unterstützen. An einigen Stellen griff Bo auch auf „richtige“ Musiker zurück und so darf sich der Hörer neben diversen Gesangseinlagen an live eingespielten Drums, Gitarren und Keys erfreuen.

Auch inhaltlich ist Herrn Flower einiges eingefallen. Deepe persönliche Tracks wie „Auf Und Ab“ oder „Blickkontakt“ stehen auf der einen Seite. Dabei zeigen Lines wie „Das Leben dreht sich nicht nur um Essen, Trinken und Rauchen / nein, es geht auch noch ums Ficken und Saufen / vielen reicht das und der Horizont bis zum Stammtisch / nur Scheiße, dass so mancher zum Denken verdammt ist“, dass hier jemand auch durchaus zu Ironie fähig ist. Stichwort Ironie: Auch der Albumtitel ist nicht wörtlich zu verstehen. Die „Heile Welt“ findet bei Bo, wenn überhaupt, in Titeln wie etwa „Nichts Als Die Wahrheit“ statt. Hier rappt er über das Verhältnis zu seiner Freundin, auch wenn der Hörer mit Erstaunen feststellt, dass Bo ihr den Kosenamen „Sweety“ gegeben hat…

Über Sachen, die er nicht mag, rappt Bo sowieso gerne. So übt er nicht nur an der Lage in Deutschland Kritik („Leben In Angst“, „Wach Auf“), auch die Rap-Szene steht unter Beschuss: „Heute gibt es 1000 Savas- und Eko-Kopien / doch die beste Kopie kriegt im Biz kein Echo verliehn / Die nehmen sich vor ins Ghetto zu ziehen / ich hab nicht mehr als ein Lächeln für sie.“

Die auf dem Album eingeschlagenen Pfade verlässt Bo Flower zwei Mal: Einmal in dem Up-Tempo-Track „Was ?!“ und dem Reggae-Track „Walkman“. Beide Stücke sind hörenswert, aber lassen das gewisse Etwas vermissen. Das lässt sich auch so auf das Album übertragen. Ganz sicher ist es löblich, wenn ein MC etwas zu sagen hat und seine durchaus kritische Meinung äußert. Aber wirklich neu sind Bo Flowers Ansichten nicht. Auf seiner Homepage benennt er Prinz Porno als einen seiner Lieblings-MCs. An den erinnert er auch inhaltlich an manchen Stellen. Auch in Sachen Flow bietet Bo Bewährtes, wenn eben auch nicht unbedingt Neues. Alle Tracks sind solide gerappt, aber ab und an wäre eine kleine Variation in Sachen Reimtechnik wünschenswert gewesen. So plätschert das Album so vor sich hin. Dabei wäre mehr Abwechslung durchaus drin gewesen: „Was ?!“ und „Never Ever“, in dem die solide rappende Temmy Ton gefeatured wird, lassen den Hörer aufhorchen und machen Hoffnung fürs nächste Release.