Es geht nicht nur um die Musik, sondern auch um die Menschen dahinter – und deren Einstellung. Ein Gastkommentar von J. L.
Monatelange Promophasen, „Limited“Boxen, eigene Modelinien und Fitnessprogramme, blablabla - alles Dinge, über die sich mittlerweile zurecht beschwert wird und die auch mir gestohlen bleiben können, weil es letztendlich ja doch um Musik geht.
Richtig, es geht um Musik; und natürlich sollte Musik auch nach musikalischen Maßstäben bewertet werden. Aber: hinter einem Musiker steckt immer noch in jedem Fall auch eine Privatperson. Und wenn diese öffentlich für rechtsextreme politische Gruppierungen auftritt und eindeutig homophobe Aussagen trifft, dann sollte man sich von dieser Person distanzieren und gerade als Medium auch kritisieren.
Vielleicht hat es sich schon angedeutet, auf was dieser Kommentar hinaus will: Xavier Naidoo. Sichtbar an Projekten wie Xavas oder als Feature bei Olli Banjo, KC Rebell oder jetzt auch Cr7z, ist seine Akzeptanz in der deutschen Rapszene doch recht hoch. Schließlich wurde bisher auch kein Rapper auf die rechtsextremen politischen Aktivitäten ihres Kollabo oder Featurepartners angesprochen, bis neulich Cr7z im rap.de-Interview mit Naidoos rechtsextremen Aktivitäten bei den Reichsbürgern konfrontiert wurde. Die Reaktion darauf fiel schwach und widersprüchlich aus.
Auf der einen Seite sagt er, er kenne Xavier Naidoo persönlich und wisse daher auch genau, dass er in der Öffentlichkeit falsch dargestellt werden würde. Auf der anderen Seite wisse er nicht, was Naidoo zu bestimmten Themen gesagt hätte, die Demos der Reichsbürger habe er sich nicht angesehen und sie würden ihn auch nicht interessieren.
Er weiß also laut eigener Aussage genau, dass Xavier Naidoo falsch dargestellt werden würde, gleichzeitig weiß er aber auch nicht, was dieser auf den Demos von sich gegeben hat und es interessiert ihn auch nicht. Das ist widersprechen und doch relativieren, weil man ja eigentlich keine Ahnung habe. Der Interviewer hakt hier leider auch nicht weiter nach.
Am Ende fällt noch einmal der Satz „Da geht’s um Musik“. Aber nein, es geht eben nicht nur um Musik. Gerade in Zeiten wie diesen sollte man als Person mit einer gewissen öffentlichen Reichweite Zeichen gegen ebensolche Menschen setzen, die sich als Teil einer Vereinigung sehen, die die Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 als tatsächliche Grenzen Deutschlands zurück wollen. Und zu sagen, es interessiere einen nicht („interessiert mich auch gar nich‘“ OTon Cr7z) ist nichts anderes, als die Augen davor zu verschließen.
Und deswegen hier ein Appell an Medien und Rapper: geht konsequent kritischer mit Menschen wie Xavier Naidoo um und auch besonders auch mit denen, die mit ihm zusammenarbeiten. Bei politischem Extremismus (welcher Ausrichtung auch immer) hört Musik dann doch einfach auf. Toleranz gegenüber solchen politischen Positionen zeigt nichts anderes als eine schwache Haltung oder sogar Zustimmung.