N.W.A. – Die Vergessenen: Arabian Prince

Ein Filmplakat. Drei Namen prangen über dem Titel: Dr. Dre, Eazy-E, Ice Cube.
Ein Trailer. Drei Namen flackern über den Bildschirm: Dr. Dre, Eazy-E, Ice Cube.
Die Niggaz Wit‘ Attitudes waren aber kein Trio. Nachdem Mitgründer Arabian Prince das Kollektiv 1988 verlässt, stellt sich „Straight Outta Compton“ für die verbliebenen Fünf als Coup ihres Lebens heraus. Fünf, nicht drei: DJ Yella und MC Ren, der 1988 zur Gruppe stößt, tragen einen wesentlichen Teil zum Erfolg von N.W.A. bei, werden im Film aber eher unter den Teppich gekehrt. Seit gestern läuft das Biopic über die Crew aus Compton in den deutschen Kinos. In einer kleinen Reihe widmen wir uns den Vergessenen und beginnen mit Arabian Prince.

Dass dieser in „Straight Outta Compton“ überhaupt vorkommt, verrät erst der Blick auf die Liste der Mitwirkenden: Laut dieser verkörpert ein gewisser Brandon Lafourche den Mitbegründer der Niggaz Wit‘ Attitudes. Doch auch nach einschlägiger Google-Bildersuche zwecks Aussehen des Schauspielers sowie erneutem Besuch des Films kann ich mich partout nicht erinnern, den Typen gesehen, geschweige denn gehört zu haben. Gut möglich, dass sich eine herausgeschnittene Szene unter dem Bonusmaterial der DVD beziehungsweise Blu-ray befindet. So oder so bleibt eine Lücke innerhalb der Handlung zurück. Aus diesem Grund möchten wir den Werdegang von Kim Renard Nazel in einem kurzen Portrait nachzeichnen.

Dieser wird am 17. Juni 1965 geboren und wächst im kalifornischen Inglewood auf. Sein Vater arbeitet in der auf Soul und Funk spezialisierten Radiostation KACE, bei deren Besuch der junge Kim zum ersten Mal einen Einblick in die Welt der Musikproduktion erhascht. Diese Verbindung nutzt er parallel zum Besuch der Highschool, um Mixtapes zu kreieren, die er unter seinen Kollegen und Mitschülern vertreibt. Darüber hinaus macht er sich als lokaler DJ einen Namen und findet so den Weg in Los Angeles‘ aufkeimende Electro-Szene. Während seiner Zusammenarbeit mit dem populären DJ-Kollektiv Uncle Jamms Army trifft er unter anderem auf Ice T und den aufstrebenden Egyptian Lover.

Der Begegnung mit Entertainer Russ Paar und dem Mitwirken in dessen Gruppe Bobby Jimmy & The Critters aber verdankt der 19-Jährige die Veröffentlichung seiner ersten Single „Strange Life„. Beeinflusst von Afrika Bambaata und Kraftwerk, erreichen die folgenden Songs eine breite Hörerschaft an der Westcoast. Darunter auch ein gewisser André Young und dessen World Class Wreckin‘ Cru. Man freundet sich an, eines führt zum anderen und so kommt es, dass Arabian Prince den ersten Hit für Ruthless Records produziert – J.J. FadsSupersonic„. Kommt dir bekannt vor? Richtig, knapp 30 Jahre später sampelt Fergie den Song für „Fergalicious„.

 
Obwohl er sich selbst eher als Partylöwe denn als Gangsta betrachtet, gründet er mit Dre, Yella, Cube und Eazy die Niggaz Wit‘ Attitudes und ist unter anderem mit „Panic Zone“ auf dem eher lose zusammengewürfelten Projekt „N.W.A. And The Posse“ vertreten, das 1987 erscheint. Anders als viele der anderen Artists bleibt Nazel auch in zukünftige Pläne involviert. Nicht näher definierte Probleme mit dem Management und seiner Bezahlung führen allerdings dazu, dass er seine Kollegen nur wenige Wochen vor Erscheinen des Erfolgsalbums „Straight Outta Compton“ verlässt. Vermutlich so kurzfristig, dass Cover und Tracklist bereits fertig gestellt sind: Auch das mit seiner Beteiligung erschaffene „Something 2 Dance 2“ findet seinen Weg auf den Longplayer.

Musik bleibt dennoch die große Leidenschaft von Kim Nazel: 1989 erscheint sein Solodebüt „Brother Arab„, eine Sample-lastige Mischung aus Electrorap, Soul und Funk. Über einen früheren Kontakt fährt er einen Verlagsdeal mit EMI America ein, welches das Album „The Underworld“ mit ihm plant. Kurz vor der geplanten Veröffentlichung wirft der zuständige A&R das Projekt mit der Begründung, es sei zu explizit, aber über den Haufen. „Where’s My Bytches“ von 1993 markiert sein letztes Solo-Projekt in den 90ern, denn Kim wendet sich nun verstärkt der Produktion fürs Fernsehen sowie den Newcomer L.A. Nash zu.

 
Technik, besonders in Bezug auf Computer, hat es ihm ebenfalls angetan, sodass er um 2000 einen Job als Spieletester bei Fox Interactive annimmt. Darüber hinaus besitzt er inzwischen ein Animations-Studio in Korea sowie eine Special Effects-Firma in den USA. Das alles hält ihn jedoch nicht davon ab, sein musikalisches Projekt „Professor X“ zu realisieren. Das amerikanische Indie-Label Stones Throw Records wiederum veröffentlicht 2007 eine Sammlung seines Electrorap-Materials aus den 80ern. Ob er es bereut, The World’s Most Dangerous Group kurz vor deren Durchbruch verlassen zu haben? Dazu hat sich Arabian Prince nie eindeutig geäußert. Bis heute ist der inzwischen 50-Jährige vereinzelt als DJ tätig, frei nach einer seiner 1984 verfassten Zeilen: „Live a strange life and dance to a new wave beat.