Nun, das hat geklappt: Seit Angebinn des Interrnetzeitalters ist "Watch the Throne" wohl das erste Album, was nicht vorab geleakt worden ist. Dazu mussten sich die Beteiligten darüber klar werden, wo genau eigentlich die undichten Stellen sind, über die Leaks an die Öffentlichkeit gelangen. Lücken gibt es beispielsweise, wenn während der Produktionsphase Parts und/oder Vorabs zwischen Künstlern und Produzenten herumgeschickt werden, wenn Master-CDs sorglos auf den Schreibtischen von Labelmitarbeitern liegen oder wenn Promo-Versionen für Journalisten nachlässig im Tauschordner ihrer Rechner landen.
Gegenüber dem XXL-Magazin berichtet Manager Robinson, wie sie durch enge Zusammenarbeit, einen noch engeren Kreis an Leuten mit Zugang zu den Tracks und der genauen Überwachung der Listening-Session fürs Kritikervolk diese Löcher stopfen konnten: “Even so far as to where they’ve been, Kanye and Jay have been at every listening session, every event, that there has been and that’s because they’re holding that music so tight to them. There hasn’t been [any] copies floating around the [Def Jam] office ’cause that shit is in a vault. (…) They recorded the entire album together; no verses emailed back and forth. It’s just tight eyes on it, only one or two people having access to it.”
Der besondere Clou ihrer Anti-Leak-Strategie liegt jedoch woanders – womit wir auch zurück zu der Ausgangslage, nämlich dem seltsamerweise gestaffelten Digital/Tonträger-Release kommen. Laut Robinson finden sehr viele Leaks genau dann ihren Weg ins Netz, wenn die physischen Tonträger gerade das Presswerk verlassen. Und während die CDs noch ihren Weg vom Presswerk zum Plattenladen an der Ecke zurücklegen, drückt irgendein spitzfindiger Presswerksmitarbeiter schon auf den Upload-Button bei Rapidshare, uploaded.to und wie sie alle heißen. Da iTunes aber verständlicherweise kein Presswerk braucht, ist dieses Leaking-Loch also problemlos durch den gestaffelten Release zu stopfen gewesen.
Eine geniale Business Idee? Mitnichten, meinen viele Besitzer von Plattenläden, die sich verständlicherweise arg benachteiligt fühlen. Deshalb schrieben sie dem Rap-Duo gar einen offenen Brief, veröffentlicht auf der Website billboard.biz. In diesem attestieren sie der Geschäftstaktik Kurzsichtigkeit, sowie enorme wirtschaftliche Folgen für die Plattenindustrie: "We believe this is a short-sighted strategy, and that your decisions will be doing great damage to over 1,700 independent record stores — stores that have supported you and your music for years."
Den angedeuteten Vorwurf des Egoismus teilt auch ein anderer, vom XXL-Mag zitierter anonymer Kriitiker der Idee: “This may work for Jay-Z, but he is hurting all the other retailers and this will affect the entire industry." Dazu kommt noch, dass die Verkäufe von CDs sowieso schon seit Jahren sinken. Nicht nur wegen der oft genug bejammerten Raubkopierei, sondern auch aufgrund der offiziellen Digitalisierung von Tonträgern.