„Rich Kidz“ ist nicht nur die Zusammenfassung von moëtsaufenden, lacostetragenden Bonzenkindern, die auf der hauseigenenden Yacht am liebsten Papis hart verdientes Geld verschleudern, sondern auch der Titel von Kay Ones Prince Kay Ones drittem Solowerk, das über das Label Tonpool am vergangenen Freitag, das Licht der Welt erblickte. Worum es auf dem Album geht, versteht sich dabei von selbst bzw. wurde von den zahlreichen Vorboten in Videoform bereits angekündigt. Natürlich um moëtsaufenden, Lacoste tragende Bonzenkinder, die die sonnige Seite des Lebens besingen und feiern. Das kann durchaus interessant sein, wenn man die Prollschiene auch konsequent durchzieht und ordentlich auf die Kacke haut. Ryan Leslie oder Drake lassen grüßen. Das kann aber auch ganz schnell peinlich und unglaubwürdig werden, sobald man versucht die Prollschiene durch kurze Abstecher in andere Musikgenres und mit untalentierten Gesangsfeatures zu veredeln. „Rich Kidz“ (hier bestellen) gliedert sich leider in letztere Reihe ein.
Bereits das Intro lässt nichts Gutes erahnen. Nach einer kurzen Retrospektive aus Kay Ones Schulzeit und dem üblichen „Ich-hab-kein-Bock-auf-Schule,-ich-werd-reicher-Rapper“-Gelaber folgt der bereits als Video und Single ausgekoppelte Track „Keep Calm“ und weist gleich den Weg in die kommenden 60 Minuten Plastikpop mit hohlen Phrasen und Reimversen auf Grundschulniveau Englisch vierte Klasse. Wer den Track noch nicht in einer der unzähligen Werbungen, die für das Album mittlerweile gemacht wird, gehört hat, der kriegt hier einen kurzen Einblick in das vorherrschende Niveau des Texts. „And I say fuck you/ Never tell me to keep calm/ And I say fuck you/ Never tell me to keep calm/ Live fast and die you-a-a-a-a/ A-a-a-a-a/ A-a-a-a-a-a-a/ A-a-a-a-a/ A-a-a-a-a/ A-a-a-a-a/ A-a-a-a-a-a/ A-a-a-a-a„. Zwischen dieser wenig durchdachten und schief gesungenen Hook finden sich dann einfachste Reime von Kay One, die sich um Schule schwänzen, Geld ausgeben und lästernde Neider dreht. Sowohl inhaltlich wie auch musikalisch eine Bruchlandung, wie sie im Buche steht.
Gott sei Dank lässt „Rich Kidz“ den Hörer nach diesem katastrophalen Einstieg erstmal kurz durchatmen und bietet mit dem folgenden Track „Pushen„, dann wirklich schon fast sowas wie einen unterhaltsamen Track. Wirklich innovativ ist der 3:17 Minuten lange Rumgeprotze nicht, aber der ins Ohr gehende Beat von Juh-Dee und die druckvolle Stimme von Kay sorgen für ein solides Stück Musik. Und auch der folgende Track „Mittelfinger“ weiß durchaus zu gefallen. Leider liegt das zum Großteil an der durchaus talentierten Melody Thornton (ehemals Pussycat Dolls), die durch ihre Parts auf dem vierten Song von „Rich Kidz“ in Clubs den ein oder anderen Dancefloor beleben könnte. Das größte Problem an dem Track? Kay Ones inhaltsloser und dahinplätschender Rap. Der selbsternannte Prinz hätte mit ein wenig Wortwitz und druckvollem Partyrap einen echten Banger abliefern können, aber alles was übrig bleibt sind Zeilen mit fragwürdiger Grammatik und langweiliger Betonung. „Depressionen – Nächte lang/ Augen auf – pass den Blunt/ Alkoholisiert ins Hotel/ die Zeitung liebt so mich hinzustellen/ Fick drauf/ Lamborghini – kickdown/ Auf in die nächste Stadt, häng mit den Häschen ab/ Mich juckt kein Rapbeef/ ich fahr gerad Jetski/ hier in der Sonne von Nizza/ komm du darfst mitfahren/ Geh auf die Bühne – ich fühl mich zuhause/ und die Scheinwerfer leuchten/ Porsche auf meiner Haube„. An der ignoranten Schiene á la French Montana sind schon viele gescheitert, aber was Kay One mit dieser monotonen Vortragsweise anrichtet, ist schon fast unverschämt.
Wer jetzt denkt, dass die Belanglosigkeit des Albums ihren Höhepunkt erreicht hätte, der wir mit „Ich hasse es dich zu lieben“ eines Besseren belehrt. Mit vor Liebesphrasen triefenden Raps und einer Gesangshook, die höchstens Mädchen im Poesiealbumalter anspricht, prügeln sich Kay und Featuregast Emory durch sämtliche Romantikklischees und Liebeserklärungen an die Verflossene. Bei dem Track ist das kein Wunder, dass die Dame lieber das Weite gesucht hat.
Mit „VIP“ geht es dann wieder leicht bergauf. The Product G&B beweisen, dass sie immernoch Rhytmusgefühl haben und saubere Hooks abliefern können. Philippe Heithiers Latino-Produktion tut dabei ihr Übriges. Auch wenn die Zeilen von Kay mal wieder nicht überzeugen, sorgt das Gesamtpaket für einen unterhaltsamen Sommertrack, der Ohrwurmpotential besitzt. Leider bleibt das auf dem 17 Track starken Album nur ein kurzer Lichtblick, der durch die nachfolgenden Tracks direkt wieder erlischt.
Die alte Arroganz und vor allem seine einst überragende Technik von Kay sucht man auf „Rich Kidz“ vergeblich. Das komplette Werk wirkt lieblos zusammengeschustert. Die Bemühungen einen richtigen Hit abzuliefern verlaufen durch Kays durchweg langweilige Texte mit monotoner Vortragsweise schnell im Sand. Einen Banger wie „I need a Girl Part 3“ oder „Style und das Geld“ gibt es auf „Rich Kidz“ nicht. Dafür darf man sich mit einem lieblos vorgetragenen Parts von Farid Bang begnügen sowie mit kitschigen Liebesliedern oder schief gesungenen Hooks von Emory.
Was eben dieser Emory dann auf „Hollister Girl“ veranstalltet ist unbegreiflich. Der gesamte Track ist inhaltlich eine Kopie von Shindys „High School Musical“ und überzeugt höchstens die Fraktion Justin Bieber hörender Zahnspangenträger. Das wäre an sich auch nicht verwerflich, würde Kay nicht andauernd von Models und High Society Mädels reden, die dieser Track sicher nicht anspricht. Warum Kay nicht den Flow und die Aggressivität aus „Nichts als die Wahrheit“ auspackt und beweist, dass er den sauberen Style von früher noch beherrscht, bleibt einzig und allein sein Geheimnis. Anstatt noch einen weiteren Liebestrack über die Ex auf das Album zu packen, hätte der Prinz soviel interessante Themen zu besprechen oder viel mehr berappen. Eine ehrliche Aufarbeitung der letzten Monate über den Beat von „Karma„, der von Swamijee super produziert ist, hätte dem ganzen Album einen unglaublichen Gefallen getan.
Zum Abschluss darf dann doch nochmal jemand an das Mic, der zumindest teilweise den Begriff Rapper verdient hat. Kns tha Engineer liefert auf „Früher“ zwar nicht den alles rettenden Part ab, das wäre bei den Vorgängertracks sowieso nicht mehr möglich gewesen, aber beweist wenigstens, dass er es schafft sauber über den Beat zu flowen. Emory und Kay machen hingegen da weiter, wo sie aufgehört haben. Pseudodeepe Parts treffen erneut auf schmalzige Hooks und lassen den netten Einstieg von Kns in sich zusammenfallen.
Nach dem Hören des 60minütigen Werks bleibt den Hörer nur noch eins: Ein ratloses Stirnrunzeln und die Frage, was mit Kay Ones früher durchaus vorhandenen Talent passiert ist. Eins ist klar, der Junge konnte und kann noch immer rappen, aber mit „Rich Kidz“ tut er sich definitiv keinen Gefallen. Wer auf edle Produktionen und rumgeprotze über Frauen, Geld und den reichen Lebensstil steht, der schaut lieber auf Werke aus Übersee von den Herren Leslie oder Graham, wer hingegen prolligen Punches erwartet sollte lieber wieder „Kenneth allein zu Haus“ und „Prince of Belvedair“ rauskramen oder aktueller auch zu Shindys „NWA“ und Capos „Hallo Monaco“ greifen. Mit „Rich Kidz“ aber bleibt Kay weit unter seinen Möglichkeiten.