Ganz anders natürlich im Deutschraplager. Hier genießt der gebürtige Heidelberger Oliver Otubanjo Kultstatus und gehört zur absoluten Elite was Raptechnik hierzulande angeht, denn seine Flows und Reimpattern suchen Seinesgleichen.
Und so ist es auch bei Kopfdisco. Skills en Masse findet man auf seinem neuen Album, aber das… das ist ja bekanntermaßen nicht alles.Fangen wir mal mit den guten Sachen an. Was die Fähigkeit zu Flowen und zu Reimen angeht kann man Banjo nichts vormachen. Vor allem bei „Schritte Vor Der Tür“ mit dem ebenso versierten Savas kommt jeder Rapnerd, der auf derartige Skillattacken achtet, voll und Ganz auf seine Kosten. Was die Punchlines angeht scheint Olli allerdings etliche neuere Entwicklungen verschlafen zu haben. Lines wie: „Das hier ist asozialer Jedi Rap, Hardcore aus´m Gulli in die Fickfresse/ Du schreist „Jippie“ wie Raver die auf der Mayday Trips fressen“ („Szenecountdown“) oder „Fakt ist: Du bist künstlich und weak,/ Ich rapp wie Uli Hoeneß auf fünf Tilidin.“ („Zick Zacke“) – na ja, die gehen so.
Die Tracks des Albums sind sehr abwechslungsreich, die musikalische Untermalung oft neuartig und experimentell. Storyteller wie „Vom Anderen Planeten“ wo das sprachliche Bild „Meine Freundin ist von einem anderem Planeten“ real wird oder „Fick Dein Leben“, in dem das Kommunikationsproblem zwischen Rappern, die sich nur an Stilmitteln bedienen und Gangsterrappern, die ihre Lines tatsächlich ernst meinen, dargestellt wird, können durchaus überzeugen und unterhalten. Leider hat man Storytracks immer schnell tot gehört und außerdem sind das eben fast durchweg wirklich nur fiktive Stories. Da fehlt einfach die eigene Persönlichkeit Banjos, über die erfährt man nämlich wenig bis nichts. Das ist übrigens auf dem ganzen Album so.
Hauptantrieb des Künstlers bei diesem Album scheint die Kritik zu sein. Kritik an der Szene und an der Gesellschaft und der Welt. Dabei wird der Zeigefinger des Rappers immer größer und größer, bis er schließlich zum Zeigestock des Oberlehrers wird, den erwiesenermaßen eigentlich niemand so richtig geil findet.
Banjo verlangt von seinen Schülern Werte, schafft es aber nicht wirklich zu vermitteln, warum Werte denn überhaupt wichtig sein sollten und welche Werte überhaupt konkret?
Was ebenfalls komplett in die Hose geht ist, dem ganzen einen coolen Anstrich zu verpassen, denn wenn er mit Kiezdeutsch-Dialekt auf „Randale In Der Sonderschule“ dumme Gewalttäter nachahmt, dann erinnert das eher an gut betuchte Abiturienten aus Nobelgegenden, die sich über die Unterschicht und ihre Eigenarten lustig machen. Da fehlt ein bisschen der Witz.
So verhallt dann die ja eigentlich unterstützenswerte Message im Nichts, weil sie gerade die Hörer, die der Rapper offensichtlich ansprechen möchte, gar nicht erreicht.
Gesellschaftlich inszeniert sich Banjo als Außenseiter und stellt sich dar als eine Figur, die nicht so richtig in diese Welt passt oder passen will. Er schafft in seinen Texten Feindbilder wie die Arbeitsroutine, Oberflächlichkeit, skrupellose Gewalt gegen Schwächere, Materialismus, die BILD Zeitung und andere und ruft zum Kampf gegen diese, ganz konkret in dem Lied mit dem Vietnamkrieg geprägten Namen „Charlie“. Das hat dann zwar diese revolutionäre Punkattitüde, dadurch dass Banjo aber keine Vision oder Konzepte liefern möchte, die nach diesem Kampf verwirklicht werden könnten, kommt das ganze ein bisschen platt daher und man fragt sich, ob und was da dann wirklich dahinter steckt. Außer der Suche nach Liebe, die sich auch durch das Album zieht, ist da nicht viel.
Das Gefährliche an dieser Art unbestimmter Unzufriedenheit ist, dass sie anfällig macht für alle Arten Propaganda, schnell in eine bestimmte Richtung gelenkt werden und viel Schaden anrichten kann. Wenn Hobbysoziologen mit Hang zur Paranoia zu viel im Internet surfen und Vermutungen plötzlich als Wahrheiten dargestellt werden, kommen schnell krude Verschwörungstheorien dabei heraus, in denen wechselweise Juden, Moslems, Aliens, Nazis, Linke, die Mafia, Illuminaten oder die Bilderberger als Wurzel des Weltübels herhalten müssen.
Dass Olli Banjo leider auch solch ein schiefes Weltbild hat, wird in dem Song „Mein Weltbild“ mit Xavier Naidoo klar. Hier wird auf einem bedrohlichem Beat und mit effektbeladener Stimme der Untergang der Menschheit und all das Böse im Menschen in eindrucksvollen Bildern hervorgerufen. Das ist auch alles noch nicht schlecht. Wenn Xavier dann allerdings anfängt zu singen: „Wach auf! Es ist dein Albtraum./ Die Monster sägen an deinem Lebensbaum./ Mit 4 Milliarden anderen sollst du vergiftet werden./ Zur Schlachtbank geführt mit den anderen Herden“ beschleicht einen schon so eine leichte unangenehme Vorahnung und am Schluss heißt es dann wirklich: „Bilderberger! Wir kommen euch zu holen!“
Vielleicht bin ich da ein bisschen empfindlich, was Verschwörungstheorien angeht, aber als bemühter Lehrer der jüngeren Generation hat sich Olli Banjo mit so einer Bemerkung disqualifiziert.