Outkast – Idlewild

Dem Fakt, dass das Idlewild-Album von Outkast eher ein Soundtrack denn ein Rapalbum geworden ist, ist der größte Vorteil und gleichzeitig die größte Schwäche des Longplayers zu verdanken. Ein Musikfilm, der in den 20er/30er Jahren des 20. Jahrhunderts spielt, darf einfach nicht mit dem Produktionsstandard der Musik im Jahre 2006 aufwarten. Das lässt das Album für einen HipHop-Fan aber ein wenig dünn wirken. Es fehlen die dick ausproduzierten Basslines, die wir alle so lieben. Andererseits macht es dieses Album trotz des Raps zu einem glaubwürdigen Soundtrack für die angesprochene Zeit. Der Sound ist durchgängig sehr jazzig, bluesig und melodiös und wartet mit dicken Drums, und dabei vor allem massiven, abwechslungsreichen Snaredrums auf. Das war ein cleverer Schachzug der beiden Protagonisten den Spagat zwischen authentischem Soundtrack und HipHop-Album so zu vollziehen.

Die Gesangsleistungen von Andre 3000 überzeugen eigentlich durchgängig, vor allem in „When I Look In Your Eyes“, der eine reine und schöne Jazznummer ist, doch wirkt sein sowieso schon sehr freier Rap an einigen Stellen einfach ein bisschen zu frei und offbeat wie in „Chronomentrophobia“. Als Beleg kommt von ihm selbst in dem Song: „The only thing that is free is my flow“! Big Boi liefert durch die Bank seine schnellen, markant abgehackten Raps, doch ähnlich wie bei Andre enttäuschen auch seine Parts. Sie klingen wie immer und dabei bleibt es auch. Die Features dagegen sind wirklich handverlesen und fügen sich sehr gut in das gesamte Album ein. Der Inhalt erklärt sich wohl am besten mit dem Film, den ich jedem intensivst ans Herz lege.

Anspieltipps sind auf jeden Fall der Song „Mighty „O““ an Postion zwei, der im Chorus den guten alten Rhythm&Blues zurückbringt aus der Zeit, als dort noch Rhythmus und Blues vorherrschten: Mightyightyightyo!!! Und man muss einfach mitgrölen. Dann an Position sechs wird dem (gefühlten weiblichen) Hörer ultrafunky  erklärt, dass die Protagonisten (mit dabei: Khujo Goodie) „N2U“ wollen, aber keine feste Freundin: „I want to get into you, but i don’t want no girlfriend!“ Dem schließt sich dann mit „Morris Brown“ ein Percussion-Marching-Band-Brett an, auf dem auch Scar und Sleepy Brown zu hören sind. Janelle Monae singt dann auf „Call The Law“ jeden heftig zum Klavier-Bass-Beat nickenden Head ein Ständchen, dass im HipHop bisher seines gleichen sucht. Selbige überzeugt auch im sehr bouncigen „In Your Dreams“, auf dem Andre 3000 auf einem ganz anderen Level rappt als noch in „Chronomentrophobia“. Sehr gefühlvoll ist auch „Mutron Angel“ an Position zwanzig von Whild Peach gesungen. Dieser Song hat mit seiner traurigen E-Orgel und dem intensiven Gesang sehr starken Gospelcharakter und besitzt auf jeden Fall Gänsehautpotenzial. Die schon erwähnte Singnummer „When I Your Look In Your Eyes“ von Andre 3000 ist ebenfalls eins der Highlights dieser Platte. Als allerletzten HipHop-Rettungsanker wird dann im Mittelteil noch "Hollywood Divorce" mit Snoop Dogg und Lil‘ Wayne aufgefahren, der es wirklich in sich hat.

Alles in allem ist dieses Album ein Soundtrack mit sehr vielen musikalischen und künstlerischen Highlights, die viel Liebe zum Detail beweisen und einer Zeit und einer Musik huldigen, die den Grundstein gelegt hat für alles, was wir heute hören. Das Album ist also ebenso eine Scheibe für Leute, die dem HipHop bisher weniger gewogen waren, als auch für Heads, die gerne auch mal Sprechgesang, der leider nicht 100%ig gelungen ist, auf einfach gut gemachte Musik als Ergänzung zu Raps auf gute geloopte Beats hören wollen.